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Erhalt bzw. Steigerung der nachhaltigen Holzproduktion, Teil 1

Abb. 1: Im Arnsberger Wald wurden 14 Versuchsflächen angelegt, unter anderem mit Araurakie (Araucaria araucanana).

Schneller Überblick

  • Klimabedingt veränderte Standortgegebenheiten machen eine Anpassung der Wälder erforderlich
  • Baumarten aus anderen biogeografischen Regionen können zu dieser Anpassung beitragen
  • Auf 14 Versuchsflächen im Arnsberger Wald wurden solche Baumarten angebaut
  • Standortsbeschreibungen der Versuchsflächen bilden die Grundlage, um die Entwicklung und Vitalität der dort angelegten Bestände besser verstehen zu können

Wälder sind eine wichtige Grundlage für das menschliche Wohlbefinden. Produkte und Leistungen daraus werden von der Gesellschaft erwartet. Die Witterung bzw. der Klimawandel der vergangenen Jahre hat drastische Veränderungen in unseren Wäldern bewirkt, die im Absterben Tausender Hektar hochproduktiver Fichtenwälder und stark geschädigter Rotbuchenbestände sichtbar wurden. Um langfristig eine verlässliche Rohstoffbasis für die Bioökonomie zu haben, ist es erforderlich, Wälder kontinuierlich an sich verändernde Standortgegebenheiten anzupassen. Das bedeutet, auch Baumarten aus anderen biogeografischen Regionen, die z. B. an wärmere, längere und trockenere Vegetationsperioden angepasst sind, in heimische Wälder zu integrieren.

Versuchsflächen im Arnsberger Wald

Um die Basis bzw. die Kenntnisse zum Anbau und zum Wachstum von ausgewählten Baumarten aus anderen biogeografischen Regionen besser kennenzulernen, wurden vom Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen und dem Landesverband Lippe im Rahmen eines durch die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) geförderten Projektes Versuchsbestände im Arnsberger Wald und im Lipper Bergland angelegt. Die 14 ca. 1 ha großen Flächen im Arnsberger Wald (ca. 40 km östlich von Dortmund) werden in dieser Arbeit vorgestellt.

Mit den neuen Waldbeständen soll herausgearbeitet werden, welche der hier angebauten Baumarten in einem ökosystemar verträglichen Produktionssystem Hölzer in hoher Qualität bzw. Biomasse für die verschiedensten Produktionszweige bereitstellen können.

Dies erscheint besonders wichtig, da Nordrhein-Westfalen (bzw. Deutschland) ein Netto-Holz-Import-Land ist bzw. sein wird [4].

Standortmerkmale der Versuchsflächen

Die Eigenschaften des Standortes prägen die Entwicklung und das Erscheinungsbild der Waldbestände. Für Nordrhein-Westfalen und alle Versuchsflächen liegen Ergebnisse der forstlichen Standortklassifikation vor [6]. Jedoch zeichnen sich Waldflächen durch eine große Heterogenität der Waldböden aus [1, 3], die in vorliegenden Karten nur ansatzweise dargestellt werden kann. Diese z. T. kleinräumig wechselnden Boden- bzw. Standorteigenschaften haben einen großen Einfluss auf die Vitalität und Wuchsleistung der einzelnen Bäume. Um diese kleinräumig wechselnden Merkmale aufzudecken wurden alle Flächen in einen 20-x-20-m-Raster kartiert und insbesondere das Merkmal der Speicherkapazität des Bodens bis 1 m Tiefe für pflanzenverfügbares Wasser (nFK) bestimmt.

Abb. 2: Klimatische Wasserbilanz während der Vegetationszeit auf den FNR-Versuchsflächen Stemel-Ost (Klimadaten: 1961–1990);

Für die Einschätzung der Nährstoffausstattung der Versuchsflächen wurden an jeweils 5 – in einer Diagonale über die jeweilige Fläche verteilten – Probepunkten Feinboden aus den Tiefen 0–10 cm, 10-20 cm, 20–40 cm, 40–60 cm und 40–100 cm entnommen. Die Einzelproben wurden zu einer Mischprobe je Tiefenstufe vereinigt und in einem Fachlabor auf wichtige Kennwerte untersucht (C, N, P, pH, BNK, AKe, Basensättigung; [5]).

Klimatische Wasserbilanz

Die klimatische Wasserbilanz ist eine Gegenüberstellung der in einem Gebiet fallenden und pflanzenökologisch wirksamen Niederschläge mit dem mittleren Verbrauch der Waldvegetation. Bei unseren Auswertungen werden die in der realen Vegetationszeit (Tagesmittel >10 °C) fallenden Niederschläge aufsummiert, die direkte Verdunstung (Interzeption) hiervon abgezogen und dem Verbrauch der Waldbäume (3 mm pro Tag) für die reale Vegetationszeit gegenübergestellt. Bei positiven Werten fällt in der Vegetationszeit genügend Niederschlag, um die Waldbestände zu versorgen, und ein Gebietsabfluss in Bäche oder das Grundwasser ist möglich (Abb. 2).

„Anbauversuche sind die Grundlage dafür, Baumarten aus anderen Regionen bei uns zu etablieren.“

Norbert Asche

Für die Klimaperiode 1961–1990 war die reale klimatische Wasserbilanz ausgeglichen bzw. leicht negativ. Berücksichtigt man noch das im Boden pflanzenverfügbar gespeicherte Wasser, konnten die Waldbäume niederschlagsarme Perioden in normalen Jahren unter Nutzung der Bodenwasservorräte gut überbrücken.

Die Ergebnisse der Rasterkartierung (Abb. 2 u. 3) zeigen eine deutliche Heterogenität der Speicherkapazität der Böden auf. Dabei wurden sowohl positive Abweichungen von den Basisdaten der Standorterkundung (blaue Punkte) als auch negative Abweichungen (rote Punkte) gefunden. Diese hier beispielhaft vorgestellten Ergebnisse wurden in ähnlicher Verteilung ebenfalls auf den anderen Versuchsflächen ermittelt.

Abb. 3: Klimatische Wasserbilanz während der Vegetationszeit auf den FNR-Versuchsflächen Stemel-Ost, bei angenommen höherer Temperatur und geringerem Niederschlag (Klimadaten: 1961–1990; +2 °C, - 10 % Niederschlag)

Ein möglicher Klimawandel mit einem Temperaturanstieg von +2 °C und um 10% verminderten Niederschlägen gegenüber den Daten der Klimaperiode 1961–1990 hat eine mit ca. 100 mm negative klimatische Wasserbilanz zur Folge. Unter diesen Bedingungen reichen dann auch die Bodenwasservorräte nicht mehr aus, das Defizit vollständig auszugleichen; für die Waldbestände ist mit Trockenstress zu rechnen und Quellen und kleine Bäche können austrocknen. Fallen in der Vegetationszeit jedoch nur ca. 50 % der erwarteten (Klimaperiode 1961–1990) Niederschläge wie 2018, 2019 und 2020, so rutscht die klimatische Wasserbilanz mit ca. 300 mm in den negativen Bereich. Folge sind vertrocknende Waldkulturen, deutliche Vitalitätsverluste von Waldbäumen und Absterben ganzer Bestände.

Standorttypenkarte

In der Standorttypenkarte werden die Merkmale Länge der Vegetationszeit, klimatische Wasserbilanz, Speicherkapazität und Nährstoffausstattung zusammenfassend dargestellt. Für jede Versuchsfläche liegen diese Daten der forstlichen Standortklassifikation NRW in hoher Auflösung vor. Aus der Standorttypenkarte mit den Daten der Klimanormalperiode 1961–1990 (Abb. 4) ist zu erkennen, dass die Waldstandorte mit der Wasserhaushaltsstufe „frisch“ und „sehr frisch“ beschrieben und die Waldbäume in normalen Jahren gut mit Wasser versorgt sind. Entsprechend dem basenarmen Ausgangsgestein der Bodenbildung sind die Flächen schwach mit Mineral- bzw. Nährstoffen versorgt und weisen eine schwache Trophiestufe auf. Diese schwache Nährstoffausstattung wird durch die für jede Teilfläche vorliegenden Bodenanalysen bestätigt.

Abb. 4: Standorttypenkarte für die FNR-Versuchsflächen Stemel-Ost (Klimadaten: 1961 – 1990)

Abb. 5: Standorttypenkarte für die FNR-Versuchsflächen Stemel-Ost, bei angenommen höherer Temperatur und geringerem Niederschlag (Klimadaten: 1961–1990; +2 °C, - 10 % Niederschlag)

Ein Temperaturanstieg von +2 °C und um 10 % verminderte Niederschläge gegenüber den Daten der Klimaperiode 1961–1990 hat erhebliche Auswirkungen auf den Gesamtwasserhaushalt der Standorte (Abb. 5). Auf vielen der vormals als „gut wasserversorgt“ bzw. „frisch“ eingeschätzten Flächen ändert sich die Wasserhaushaltsstufe zu „mäßig frisch“. Bei diesem Szenario werden die Waldbestände mit Trockenheit bzw. Wassermangel konfrontiert. Sind sie hieran nicht angepasst, so ist zu erwarten, dass Vitalität und Wuchsleistungen der Waldbäume abnehmen.

Abb. 6: Kationenaustauschkapazität (effektiv), Versuchsfläche Stemel-Ost, Orientbuche

Chemischer Bodenzustand

Neben einer ausreichenden Wasserversorgung der Bäume ist für ein vitales Wachstum auch eine ausreichende Mineralstoffversorgung erforderlich. Am Beispiel der Versuchsfläche mit Orientbuche in Stemel-West sind Ergebnisse der Bodenuntersuchungen in Tab. 1 zusammengestellt.

Die pH-Werte bzw. die Säurestärke der Bodensuspension liegt in H2O gemessen im gesamten Bodenprofil im stark sauren Bereich (Aluminium-Pufferbereich) und sinkt bei Säurebelastungen in den sehr stark sauren Bereich (Eisen-/Aluminium-Pufferbereich) unter pH(KCl) 4 ab. Die Basenneutralisationskapazität (BNK) zeigt an, dass in dem Boden bzw. den einzelnen Bodenschichten bereits erhebliche Säuremengen gespeichert sind. Hierdurch sind zahlreiche Speicherplätze mit sauer wirkenden Kationen belegt, die dann für die Speicherung bzw. Rückhaltung von wichtigen Nährstoffen nicht zur Verfügung stehen.

Die Ausstattung des Bodens mit Stickstoff (N) und Phosphor (P) auf der Versuchsfläche ist mit C/N-Verhältnissen von < 16 und mit C/P-Verhältnissen < 200 mäßig eng. Das bedeutet, dass die Bäume auf den Versuchsflächen sich ausreichend mit diesen Nährstoffen versorgen können.

Die effektive Kationenaustauschkapazität (AKe) ist ein Maß für die Fähigkeit des Bodens, Kationen zu adsorbieren und gegen eine äquivalente Menge anderer Kationen auszutauschen. Die an den Austauschern festgelegten basischen Mineralstoffe (Basensättigung) sind eine wichtige Quelle leicht verfügbarer Nährstoffkationen für die Waldbäume.

Für die Versuchsfläche können die gemessenen Werte der AKe als gering bis mittel eingestuft werden. Die Belegung der Austauscherplätze ist in der oberen Bodenschicht der ausgewählten Versuchsfläche mit ca. 27 % basisch wirkenden Nährstoffkationen Calcium, Magnesium und Kalium belegt. In tieferen Schichten nehmen diese Elemente weniger als 20 % der Austauscherbelegung ein. Das dominierende Kation in allen Bodentiefen ist Aluminium, das für Feinwurzeln und Bodenorganismen toxisch wirken kann. Die in der oberen Bodenschicht gemessene freie Säure (H-Ionen) deutet auf eine aktuelle Säurebelastung des Bodens in dieser Schicht hin. Diese Säurebelastungen können dazu führen, dass der pH(Wert) in der Bodensuspension deutlich abnimmt [2]. Das gilt insbesondere für basenarme Böden. Zu erkennen ist dies an dem pH(KCl)-Wert, der um ca. 0,5 bis 1 pH geringer ist als der pH(H2O). Bei dieser erhöhten Säurestärke werden auch Mangan (Mn) und Eisen (Fe) aus stabilen Verbindungen gelöst und dann am Austauscher adsorbiert. Folge kann eine weitere Abnahme der Austauscherbelegung mit Nährstoffkationen sein. Diese Daten bestätigen die „schwache“ Trophiestufe der Standortklassifikation.

Für alle Versuchsflächen liegen entsprechende Ergebnisse zur Standortbeschreibung vor. Dabei zeigt sich, dass es zwischen den Flächen z. T. deutliche Unterschiede gibt – ein Hinweis auf regionale Unterschiede und kleinräumig wechselnde chemische Bodeneigenschaften, die die Entwicklung und Vitalität der Waldbäume ebenfalls beeinflussen können.

Ausblick

Die vorgestellten standörtlichen Beschreibungen der Versuchsflächen sind eine wichtige Basis, um die Entwicklung und Vitalität der dort angelegten Bestände einordnen und besser verstehen zu können. Die Ergebnisse können mithelfen, Baumarten aus anderen biogeografischen Regionen auf ihnen zusagenden Standorten erfolgreich in heimische Waldökosysteme zu integrieren.

Literaturhinweise:

[1] ASCHE, N. (1999): Rasterkartierungen – Alter Hut oder wichtiges Hilfsmittel zur Charakterisierung von Waldökosystemen. Berichte Freiburger Forstliche Forschung, Heft 7, S. 101–102. [2] ASCHE, N.; FLÜCKIGER, W. (1988): Säurepufferung im Boden und ihre Bedeutung für die Stabilität von Waldökosystemen in der Nordwest-Schweiz. Forstw. Cbl. 107, S. 219–229. [3] ASCHE, N. (2017): Klimawandel verändert Standort – was kann der Waldbesitzer tun? AFZ-DerWald, 22, S. 15–18. [4] ASCHE, N. (2018): Holzproduktion und Holzbedarf in den Kreisen von NRW und der ökologische Fußabdruck des Landes. waldwissen.net, Abruf 10.07.2021. [5] HFA (2014): Handbuch Forstliche Analytik. 5. Auflage. https://www.nw-fva.de/fileadmin/user_upload/Verwaltung/Publikationen/2014/Handbuch_Forstliche_Analytik_Gesamtdatei_2014.pdf, Abruf: 14.12.2020.[6] STAKA (2016): Forstliche Standortaufnahme, 7. Auflage, INW-Verlag‚ Eching bei München, S. 326–329.

Dr. Norbert Asche

Dr. Norbert Asche

war bis Ende 2021 Mitarbeiter am Zentrum für Wald und Holzwirtschaft NRW, Team Waldinventuren und Standorterkundung, zusammen mit Lisa Stange, die dort nach wie vor tätig ist. Seit Anfang 2022 ist Dr. Asche im Ruhestand und hat einen Lehrauftrag an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe am Standort Höxter.

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