Logo agrarheute digitalmagazin

Artikel wird geladen

Klein, fein, hochbegabt: Fendt 200 Vario im Test

Der Fendt 211 Vario der neuesten Generation ist ein kleiner Alleskönner mit maximal 124 PS.

Auf den Punkt

  • Die neuen 200er gibt es in fünf Modellen von 79 bis 124 PS.
  • Mit neuer Kabine und FendtONE bieten die Traktoren Funktionen wie sonst die großen.
  • Erstmals sind Spurführung, Vorgewendemanagement und ISOBUS möglich.

Er bekommt keine Sonderlackierung und auch nicht den Spitznamen „Black Beauty“. Auf Messen fällt er zwischen den großen Traktoren erst auf den zweiten Blick auf. Der 200er-Vario ist der kleinste Fendt-Traktor und so etwas wie das Fohlen unter den Dieselrössern. Im Jahr 2009 bei seiner Einführung war er die letzte Baureihe, die ein Stufenlosgetriebe bekam. Mit ihm setzte Fendt voll und ganz auf Leistungsverzweigung statt Schaltgetriebe.

Wer viele Geschwister hat, kennt das: Den Jüngsten der Familie werden häufig viel früher Privilegien zugestanden, die sich die älteren Geschwister vorher erkämpfen mussten. Die Ingenieure aus der Fendt-Entwicklung gönnen dem neuen 200er-Varioviel Komfort und Funktionen, die wir sonst nur von Großtraktoren kennen: ein komfortables Vorgewendemanagement, elektrische Steuergeräte mit Mengen- und Zeitsteuerung, ISOBUS-Funktionen oder frei belegbare Tasten. Die neue Bedienung FendtONEbekommt der kleine Kompakttraktor sogar früher als die großen 800er- und 900er-Brüder.

Leichter Liebling

In Marktoberdorf läuft die kleinste Traktorbaureihe nicht mal nur so mit. Jährlich verlassen über 2.000 Standard-200er das Montageband. Durch das geringe Gewicht ist er beliebt auf dem Grünland, mit dem kurzen Radstand und dem engen Wendekreis agil auf dem Hof und durch die niedrige Höhe von 2,62 m passt er auch durch niedrige Durchfahrten in alten Gemäuern.

Auffällig sind das neue Design und die neue Kabine mit größeren Abmessungen. Der B-Holm der Sechspfostenkabine wanderte nach hinten und macht den Einstieg breiter. Das ist nicht unerheblich, denn große Menschen hatten so ihre Problem mit den begrenzten Kabinenmaßen im alten 200er. Die Fendt-Ingenieure nahmen den Klimakondensator jetzt vom Kabinendach runterund packten ihn nach vorne zu den Kühlern. Das bringt mehr Kopfraum für den Fahrer und eine höhere Sitzposition. Damit ist es vorbei mit dem Gokart-Feeling.

Bildergalerie

Wir testeten den neuen Fendt 211 Vario. Mit neuer Kabine und FendtONE bieten die Traktoren Funktionen wie sonst die großen.Erstmals sind Spurführung, Vorgewendemanagement und ISOBUS möglich. Unser Test in Bildern.

Die Frontscheibe ist nach oben geschwungen und bringt zusammen mit dem Fenster im Dach mehr Licht und gute Sicht auf den Lader. Ist der Lader abgebaut, können Cabrio-Traktoristen, denen der Fahrtwind um die Nase wehen muss,erleichtert aufatmen: Ja, es gibt sie noch, die aufstellbare Windschutzscheibe! Alle anderen vertrauen auf die optionale Klimaautomatik.

Manchmal ist es nicht der fehlende Komfort, der einen im Arbeitsalltag zur Weißglut bringen kann, sondern Kleinigkeiten. Der klappbare Beifahrersitz aus der Vorgängerversion gehörte dazu. Die Botschaft kam an und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der neue Sitz ist stabil, gut gepolstert und auch schnell wieder verräumt.

FendtONE ist überall gleich – fast

Früher gab es in den 200ern den kugelförmigen Fahrhebel, der aussah wie ein Golfball. Dieser Sonderstatus ist vorbei und weder wir noch sonst jemand wird ihm wohl nachtrauern. Die neuenkleinen Varios bieten stattdessen den FendtONE-Fahrhebel. FendtONE ist die neue Bedienung à la carte, die wir bereits im 314 Vario (agrarheute 11/2020) getestet haben. Für den 200er-Vario ist FendtONE aber nicht nur eine neue Bedienung, sondern ein Ritterschlag innerhalb der AllgäuerTafelrunde. Damit verbunden ist der Zugang zu bisher nicht angebotenen Funktionen in dieser PS-Klasse.

Das wird in der Kabine deutlich. Wie auch im 300er-Vario gilt: analoges Armaturenbrett mit Mäusekino raus, digitales Display (Dashboard) im Tabletdesign rein. Es schwenkt mit der Lenksäule, die der Fahrer mit einem Fußpedal entriegelt und verstellt. Auch mit dabei ist der Dreh-Drück-Steller. Im 200er sitzt er nicht auf der Armlehne, sondern rechts unter dem Lenkrad.Die Armlehne ist schmaler. Das ist aufgrund der Kabinenmaße auch gut so. Für die Pedalspreizung bietet auch der 200er ein Drehrad,versteckt in der Armlehneunter einer Klappe. Die Genetik des 200er bleibt gleich und hat sich in den vergangenen zehn Jahren bewährt: Vorderachsfederung, ML-75-Triebsatz und drei-Zylinder-Motor von Agco-Power.

Das Triebwerk pustet seine Verbrennungsluft jetzt ohne Abgasrückführung durch einen Dieseloxidations- und Partikelfilter und neutralisiert die Stickoxide mit einem SCR-Kat. Bemerkenswert: Trotz begrenztem Platz bekam Fendt einen Großteil derAbgaskomponenten unter die Motorhaube. Das Auspuffrohr bleibt dadurch schmal.

Einen Tankdeckel auf der Motorhaube gibt es weiterhin, aber nur für 16 l AdBlue. Der 125-l-Dieseltank sitzt wieder dort, wo er hingehört – neben dem Kabinenaufstieg. Hinter- und Vorderachse blieben unverändert. Beide dürfen aber mehr Last tragen und erhöhen das zulässige Gesamtgewicht des Traktors auf 7,5 t. Zieht man die 200 kg ab, die der 200er mit der Neuentwicklung zugenommen hat, bleiben 300 kg mehr Nutzlast – bravo!

10 PS beim Topmodell obendrauf

Im Gegensatz zu den größeren Baureihen fährt der 200er-Vario mit einer Fahrstufe von bis zu den 40km/h. Die erreicht der Kleine bereits mit 1.550 U/min – rund 200 Motortouren weniger als der Vorgänger. Und noch etwas ist neu: Mit den roten Ziffern auf der Motorhaube bekommtder 211 Vario eine extra Portion Leistung. 10 PS gibt es obendrauf, wenn Verbraucher wie Hydraulik, Klimaanlage oder Zapf- welle Leistung verlangen – nicht auf einmal, sondern variabel.

Die Motorsteuerung DynamicPerformance unterscheidet sich hier deutlich von einer einfachen Boost-Steuerung, die ab einer fixen Geschwindigkeit, oder wenn die Zapfwelle arbeitet, greift. Den üppigen Nachschlag gibt es aber nur für das Topmodel 211 Vario. Es leistet dann maximal 124 PS – gar nicht übel für den schlanken Dreizylinder.

Anbauen, Abbauen, Gülle saugen

Der 200-Vario ist häufig auf Grünlandbetrieben zu Hause. Die können jetzt ohne Federpakete mähen, da das Fronthubwerk eine entlastende Hubwerksregulierung bietet. Eine externe Bedienungvorne und hinten macht das Anhängen einfacher. Endlich: Im Heck gibt es neben Tasten für Zapfwelle und Hubwerk auch die Bedienung für ein Steuergerät, das man sogar frei wählen kann.

Praktische Güllefass-Komfortfunktion: Wird auf dem Kotflügel die Zapfwelle gestartet, erhöht der Vario auch die Motordrehzahl für das Ansaugen. Erstmals spricht der200er-Vario ISOBUS light. Light deshalb, weil die Steckdose maximal 25 A durchlässt. Für alle Anbaugeräte, die der 200er packt, bedeutet das keine Einschränkungen.

Nicht nur auf Grünland zu Hause

Bei unserem Einsatz waren wir mit dem 200er-Vario auf Straße, Acker und Wiese unterwegs. Die Sitzposition ist zwar nur ein paar Zentimeter höher, aber gefühlt sind es Welten. Der Dreizylinder schnurrt unauf- geregt. Mit DynamicPerformancekommt Verstärkung an die Kurbelwelle. Das macht ihn ausgeglichen, wenn es anstrengend wird.Der Ackerbau ist nicht sein Steckenpferd, aber am vier-Schar-Pflug unter widrigen Bedienungen beißt er sich bei 1.600U/min fest und marschiert eisern durch die Furche. Bei Transportfahrten mit dem 13-t-Kipper ist er souverän unterwegs und punktet beim Fahrkomfort.

Mit dem 3L-Joystick inklusive Reversiertaste auf der Armlehne, der großen Ölpumpe und dem Dachfenster spielt der 200er seine Wendigkeit im Frontladereinsatz aus. Dazu kommt die schon immer sehr gute Gewichtsverteilung durch den weit hinten montierten Lader. Vor dem 10-m³-Güllefass mit Schleppschuhverteiler zeigte uns der 200er mit jetzt möglicher Spurführung, wo er hin muss – auch ein Novum in dieser Klasse!

Fazit

Bisher stand die Baureihe 200 Vario für eine simple Bedienung. Bei komplexen Arbeiten mussten die großen Brüder ran. Damit ist jetzt Schluss. Mit der neuen Armlehne und FendtONE bekommen die 200er die Intelligenz und den fast vollständigen Werkzeugkasten der Großen.Das beeindruckt und macht die Maschine noch vielseitiger, aber nicht günstiger. ●

Bernd Feuerborn und Thomas Göggerle

Redakteure Pflanze + Technik

E-Mail: pflanze-technik@agrarheute.com

Bernd Feuerborn
Thomas Göggerle
Digitale Ausgabe agrarheute

Schön, dass Sie in die digitale agrarheute reingelesen haben. Ihr überregionales Fachmagazin für moderne Landwirtschaft liefert Ihnen jeden Monat Informationen aus Politik, Technik und Tierhaltung und Ackerbau. So bleibt Ihnen mehr Zeit für das Wesentliche: die Landwirtschaft.

✔ Immer und überall verfügbar
✔ Artikel teilen
✔ Zusätzliche digitale Inhalte gegenüber der gedruckten Ausgabe
✔ Artikel merken und später lesen