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Brennpunkt

Landwirte als Helden

Landwirte setzten sich überall im Land spontan in Bewegung, um vor Ort zu helfen.

Eine Katastrophe wie das Hochwasser im Juli ist immer auch ein Ereignis, das politisch interpretiert wird. So gibt es genügend Klimaaktivisten, die hier ein Beispiel für die Folgen der Erderwärmung sehen und dafür, dass niemand sich sicher fühlen kann, egal wo auf der Welt sie oder er sich befindet. Die Gefahren des Klimawandels sind real und erfordern dringendes Handeln – aber das große Ausmaß der Schäden hat nicht nur etwas mit dem Klimawandel zu tun. Auch Flächenversiegelung, die Ausweisung von neuen Wohn- und Gewerbegebieten und hohe Bodenpreise, die dazu führen, dass selbst Hochwassergebiete immer intensiver bebaut worden sind, spielen eine wichtige Rolle. Vernachlässigter Hochwasserschutz kommt wohl hinzu.

Dass es so weit gekommen ist, daran trägt nicht nur „die Politik“ mit den von ihr gesetzten Rahmenbedingungen Schuld. Entscheidender ist der Wunsch der gesamten Gesellschaft, die in ihrem Streben danach, „immer mehr“ zu besitzen, Risiken und das richtige Maß häufig ignoriert.

Freiwilligkeit löst Probleme

In der Krise zeigt sich aber auch, dass es genau diese Gesellschaft ist, welche die Kraft hat, die von ihr verursachten Probleme zu lösen. Am eindrucksvollsten haben das die Landwirte bewiesen, die sich überall im Land spontan in Bewegung gesetzt haben, um vor Ort zu helfen – obwohl bei ihnen teilweise noch die Getreideernte wartete.

Natürlich haben sich auch offizielle Stellen wie Bundeswehr und Berufsfeuerwehren massiv eingesetzt. Schon bei den Organisationen, die auf ehrenamtliche Helfer angewiesen sind, wie freiwillige Feuerwehren oder Technisches Hilfswerk, hat sich aber wieder einmal gezeigt, dass ohne bürgerschaftliches Engagement viele Dinge einfach nicht machbar wären.

Der Ruf nach dem Eingreifen von Vater Staat ist auch in der Krise die Sehnsucht nach einer Kraft, die bestenfalls nur wenig zu spät kommt. Ordnungsrecht und Vorschriften sind niemals in der Lage, den freiwilligen Einsatz des Einzelnen für die Gesellschaft auszugleichen, schon allein deshalb, weil ihre Mobilisierung lange dauert, die Freiwilligen sich aber fast sofort auf den Weg machen. Dazu ein Beispiel: Am Mittwoch, den 14. Juli, kam das Hochwasser auf den Milchviehbetrieb von Familie Deckers im Kreis Heinsberg (siehe Beitrag „Bauern halten zusammen“). Schnell stand der Betrieb so weit unter Wasser, dass der Jungviehstall evakuiert werden musste. Schon einen Tag später war die Lage wieder in Ordnung und die Tiere konnten zurück auf den Betrieb. Möglich gemacht haben das Familie, Mitarbeiter und Freunde. Auch zahlreiche andere Landwirte haben ihre Unterstützung angeboten.

Bauern gehören zu Helden der Flut

Genauso wichtig war der Einsatz der Landwirte an anderen Stellen, etwa bei der Beseitigung von Schutt, Geröll und Schlamm. Zu den Helden der Flutkatastrophe gehören die Bauern unbedingt dazu. Mit ihrem schweren Gerät konnten sie Dinge leisten, zu denen Dutzende von Einzelnen mit Schaufeln nicht in der Lage gewesen wären.

Bei dieser heldenhaften Leistung der Landwirtschaft wird es nicht bleiben. Die Nahrungsversorgung der Bevölkerung ist eine alte und wichtige Aufgabe, deren Wert erst bewusst wird, wenn es einmal nicht klappt. Doch diese Leistung meine ich hier nicht. Ich meine die Möglichkeiten der Landwirtschaft (und der Forstwirtschaft), Klimagase aus der Atmosphäre zu entnehmen und im Boden (oder im Wald) zu binden.

Ob es in Deutschland gelingt, die Emissionen an Treibhausgasen so weit zu reduzieren, wie manche Klimaforscher es fordern, halte ich für unsicher. Umso wichtiger wird es werden, entstehende Klimagase zu binden. Der Sektor, der hierfür die besten Voraussetzungen bietet, ist die Land- und Forstwirtschaft. Noch sind die Mechanismen der Speicherung von Kohlendioxid im Boden wenig erforscht, doch es gibt im Bereich der regenerativen Landwirtschaft bereits vielversprechende Ansätze, insbesondere über Humusaufbau.

Nächster Schritt Klimaretter?

Zwar gibt es auch Möglichkeiten, CO2 aus der Luft zu entnehmen und beispielsweise in Gesteinsformationen zu binden, doch diese Technologien sind wenig erprobt und vor allem ziemlich teuer. Fotosynthese hingegen ist sicher und kostengünstig. Die Herausforderung, die hier noch gelöst werden muss, sind die politischen Rahmenbedingungen. Solange es billiger ist, CO2 einzusparen, in dem etwa Fotovoltaik-Kleinstanlagen in Afrika oder Biogasanlagen in Asien gefördert werden, solange werden die Möglichkeiten der Land- und Forstwirtschaft, Treibhausgase zu binden, nicht genutzt werden. Wenn es jedoch gelingt, dafür die richtigen politischen Rahmenbedingungen zu setzen, dann werden – wie jetzt bei der Flut – viele Menschen erstaunt sein, wie schnell sich die Landwirte in Bewegung setzen.

Dann werden die Bauern nicht nur die Helden der Flut, sondern die Klimaretter sein. Welchen besseren Weg kann es geben, um wieder in die Mitte der Gesellschaft zurückzukommen? Entscheidend ist es aber, das Engagement, das die Landwirte mit den richtigen Rahmenbedingungen von sich aus leisten werden, nicht durch schweres Ordnungsrecht kaputt zu machen. ●

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