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Mobil und erfolgreich

Eier von Legehennen aus dem Mobilstall liegen im Trend.

Kurz bevor man auf den Hof von Geflügelhalter Klaus Honerkamp im Osnabrücker Land abbiegt, fallen sie einem ins Auge: die Mobilställe. In vielen Gegenden gehören sie inzwischen zum vertrauten Landschaftsbild. Verbraucher schätzen die regional erzeugten Eier von Legehennen, die „an die Luft dürfen“.

Das haben auch viele Landwirte erkannt und überlegen – ohne vorher jemals etwas mit dem Federvieh am Hut gehabt zu haben – wie sie von diesem Trend profitieren könnten. Sie möchten ihre Betriebe diversifizieren und die derzeitige Situation beispielsweise am Schweinemarkt verstärkt diese Überlegungen.

Neben dem wirtschaftlichen Aspekt geht es vielen Landwirten auch um ihr Image. Es ist ein schönes Bild, wenn die Legehennen sich unter freiem Himmel bewegen. Vor allem für Direktvermarkter können Eier aus Mobilställen eine gute Sortimentsergänzung sein.

So ähnlich lief es auch auf dem Franzehof in Mauswinkel (Hessen). Betriebsleiterin Anja Betz sagt: „Wir waren breit aufgestellt mit Pensionspferdehaltung und der Direktvermarktung. Außerdem engagieren wir uns als Lernfeld Landwirtschaft im Main-Kinzig-Kreis und der hessischen Initiative Bauernhof als Klassenzimmer.“

2016 war sie auf der Suche nach einem weiteren Betriebszweig, der zu ihrem Konzept und der eher kleinbetrieblichen Struktur passt. „Wir kamen auf die Legehennen, auch wenn wir damit vorher fast keine Berührungspunkte hatten.“ Anja Betz informierte sich und empfand, dass die Haltungsform Mobilstall am besten passt.

Etwas anders lief es bei Klaus Honerkamp aus Melle-Westerhoyel. „Wir halten in dritter Generation Legehennen. Unser Initialzünder für den Einstieg in die mobile Legehennenhaltung war die Überlegung, wie wir am schnellsten das bestehende Sortiment aus Boden- und Freilandeiern um Bioeier erweitern können.“

Der Geflügelhalter zeigt auf den selbst entwickelten Mobilstall und die dazugehörige Fläche und sagt: „Wir hatten das Glück, diese Biofläche pachten zu können.“ Für ihn war beim Einstieg 2017 aber klar, dass er auf eine gepachtete Fläche keinen Feststall bauen will. Ein mobiler Stall musste her.

Anja Betz vermarktet nur einen kleinen Teil der Eier ihrer 10.000 Legehennen direkt ab Hof. Der Großteil geht an Supermärkte in der Region.

Klaus Honerkamp hält in dritter Generation Legehennen. Die Tiere leben in Boden- und Freilandhaltung. 2014 folgte der erste mobile Stall für Bio-Legehennen.

Klaus Honerkamp sah zu dem Zeitpunkt bereits die Vorteile des Mobilstalls. „Die Vorstellung, dass ich Flächen nicht so punktuell mit den Ausscheidungen belaste, fand ich sympathisch.“

Als Nächstes stellte er sich die Frage, wie der für seinen Betrieb perfekte Mobilstall aussehen sollte. Es gab zwar verschiedene Modelle am Markt, aber die waren in den Augen des Landwirts recht spartanisch ausgestattet. „Das waren Gebäudehüllen mit Sitzstangen, Futtertrögen, Wasser und Nest. Alles was ein Huhn benötigt, aber mit sehr viel händischer Arbeit verbunden.“

Gut ausgestattet und mobil

Die Fachtierärztin für Geflügel, Dr. Franca Möller Palau-Ribes, gibt zu bedenken, dass gerade Einsteiger die Bedürfnisse der Hochleistungslegehennen unterschätzen. Anja Betz schaffte 2016 die ersten beiden Ställe mit 900 und 1.500 Hennenplätzen an. „Die funktionierten überhaupt nicht für uns. Wir waren kurz davor aufzugeben.“ Zum Glück sei sie gut vernetzt gewesen und habe schnell Unterstützung und Rat gefunden.

Auch für Klaus Honerkamp ist Funktionalität wichtig. Er erklärt, dass sein Team und er aus den Festställen einen gewissen Standard der Automatisierung gewöhnt waren. Dazu gehören zum Beispiel die automatisierte Fütterung, das Eierband und das Kotband. „Wir wollten nicht so viele Abstriche machen. Es musste auch arbeitswirtschaftlich passen.“ Also fasste der Geflügelhalter folgendes Ziel: Er wollte einen Feststall mit dem dazugehörigen Automatisierungsgrad mobil machen. Das führte zur Entwicklung eines eigenen Mobilstalls.

Dr. Franca Möller Palau-Ribes ist Fachtierärtzin für Wirtschaftsgeflügel und sorgt sich vor allem um die Gesundheit der Legehennen in Mobilställen. Viele Neueinsteiger würden den Aufwand unterschätzen.

„Das Bewegen unseres Stalls funktioniert vereinfacht ausgedrückt wie das umgekehrte Eisenbahnprinzip.“ Auf der Fläche sind Rollen in zwei Reihen auf Punktfundamenten verankert. Darüber schiebt der Geflügelhalter mithilfe eines Traktors den Stall, der dazu außen unter dem Boden Schienen montiert hat.

Neben dem hohen Automatisierungsgrad hat der Mobilstall von Klaus Honerkamp einen weiteren Vorteil: Dank des Dachüberstands auf der Seite mit den Auslaufluken kann er um einen wildvogelsicheren Wintergarten erweitert werden. Das ist laut Franca Möller Palau-Ribes in Zeiten der Vogelgrippe und den damit vorgeschriebenen Aufstallungspflichten enorm wichtig.

Trotzdem er mit seiner Eigenentwicklung rundum zufrieden ist, hat der Geflügelhalter im Nachgang weitere vier handelsübliche Modelle gekauft. Das liegt an einem weiteren Grund für den Ansturm auf mobile Legehennenställe: Tierhalter, die Ställe bau- en möchten, haben es generell mit schwierigen Genehmigungsverfahren zu tun. Mobil- ställe bis zu einer gewissen Größe benötigen aber in vielen Bundesländern keine Baugenehmigung.

„Unser Eigenbau ist so groß, dass wir das ganz normale Prozedere mit Emmissionschutzgutachten und allem durchlaufen haben.“ Hätte er seinen Bestand von insgesamt rund 34.000 Hennen mit weiteren Ställen dieser Art aufstocken wollen, wäre es noch komplizierter und teurer geworden. Deshalb hat sich Klaus Honerkamp für die kleineren, aber baugenehmigungsfreien Modelle entschieden. 5.300 Biohennen stehen insgesamt in den fünf mobilen Ställen.

Vorteile für Legehennen

Sein Team und er haben jetzt den direkten Vergleich zwischen Feststall, Eigenentwicklung und einem handelsüblichen Mobilstall. „Im Alltag überzeugt unser zugegeben eher halbmobiler Stall am stärksten, sowohl wenn es um die Arbeit geht als auch um die Tiere. Die Hennen in unserem Mobilstall bringen die beste Leistung. Ohne Genehmigungshürden hätten wir diesen sicher schon vervielfältigt“, sagt Klaus Honerkamp.

Fragt man ihn, welches System für die Legehennen in Hinblick auf Tiergesundheit und Tierwohl am besten sei, fällt dem Geflügelhalter die Antwort nicht ganz leicht. Für das Tierwohl sei der Mobilstall schon die beste Lösung, aber mit einer Einschränkung.

„Für meinen Geschmack muss es erlaubt sein, den Auslauf für die Hennen bei sehr kaltem und nassem Wetter zu sperren – ohne große Umstände und zum Wohl der Tiere!“ Immerhin gäbe es inzwischen für konventionelle Legehennenhalter ähnlich wie in der Biohaltung eine Schlechtwetterregelung. Die sei aber sehr kompliziert.

Auf dieser gepachteten Fläche baute Klaus Honerkamp seinen selbstent- wickelten Mobilstall auf Schienen.

Von innen ist der mobile Stall von Klaus Honerkamp genauso wie ein Feststall eingerichtet.

Davon abgesehen ist der Mobilstall laut Klaus Honerkamp aber nahe am Optimum, wenn er bestmöglich gemanagt wird. Vor-aussetzung sei auch, dass die Hennen in andauernden Schlechtwetterphasen oder bei einer Aufstallungspflicht innen (und im möglicherweise vorhandenen Wintergarten) über ausreichend Platz verfügen. „Man sollte maximal sechs Tiere/m² haben, sonst besteht sehr schnell die Gefahr von Verhaltensauffälligkeiten wie Federpicken und Kannibalismus“, bestätigt auch die Fachtierärztin.

Je größer der Stall beziehungsweise das Mobil, umso geringer sei auch die Auskühlung des Innenraums durch die Öffnungen. Das war auch eines der Probleme, die Anja Betz mit ihren ersten beiden Mobilen hatte. „Sie waren nicht richtig isoliert und die Kälte kroch rein. Es kam zu Tröpfchenbildung, die Einstreu wurde pappig und fest.“

Definitiv von Vorteil sei der mögliche Wechsel der Auslaufflächen. „Ich denke schon, dass man so – neben dem geringeren punktuellen Nährstoffeintrag – Flächen hat, die weniger mit Parasiten belastet sind“, sagt Klaus Honerkamp.

Den Vorteilen für die Henne gegenüber steht der höhere Arbeitsaufwand. „Die mobile Haltung ist mit extrem viel Mehrarbeit verbunden. Das unterschätzen Geflügelhalter oft, die vorher nur Festställe gewohnt waren“, sagt Dr. Franca Möller Palau-Ribes. Sie nennt eher banale Dinge wie das Misten der Ställe oder das Eiereinsammeln. Außerdem müsste ein Mobilstall regelmäßig umgestellt werden, wenn er gut funktionieren soll. Auch das unterschätzen laut der Tierärztin viele Landwirte.

Auf dem Betrieb von Anja Betz ist die mobile Legehennenhaltung mit 10.000 Tieren und eigener Packstelle inzwischen eine der Haupteinnahmequellen. Es läuft so gut, dass die Geflügelhalterin jetzt in zwei weitere Mobile und eine Eierfärberei investiert.

Gut zu vermarkten

„Ich selbst bin Vermarktungsmensch. Deshalb ist auch für mich der fast wichtigste Aspekt die Nachfrage“, sagt Klaus Honerkamp. „Vor 20 Jahren, als das Käfigverbot beschlossen wurde, dachte ich, mit der rechtzeitigen Umstellung auf Bodenhaltung hätte ich richtig was geschafft.“ Die Vorstellungen der Gesellschaft von der Nutztierhaltung ändern sich aber rasant. Darauf müsse man reagieren. Derzeit würden Eier aus Mobilstallhaltung nachgefragt. Den Trend will Klaus Honerkamp nicht verpassen.

Dazu muss laut Dr. Franca Möller Palau-Ribes aber auch der Eierpreis ehrlich kalkuliert werden. Viele würden zum Beispiel die Zeit oder die Tiergesundheitskosten nicht mitrechnen. Und keiner dürfe glauben, mit 200 Legehennen ein ausreichendes Einkommen zu generieren, warnt die Tierärztin.

Pik scheint erreicht

Bei allen Vorzügen, die die mobile Legehennenhaltung mit sich bringt. Alle drei mahnen, dass der Pik erreicht sein könnte. „Ohne dass meine Vermarktung steht, und zwar auch die der Althennen, würde ich nicht einsteigen“, sagt Anja Betz. Für sie war zum Beispiel von Beginn an klar, dass sie die Eier nicht alle über einen Hofladen vermarkten wollte. Alle Eier gehen an Supermärkte in der Region.

„Lange Zeit propagierte die Beratung das Geschäftsmodell Mobilstall mit Eierhütte an der Straße. Die Zeiten sind vorbei“, ergänzt Klaus Honerkamp. In der agrarheute-Community heißt es beispielsweise, dass es in einigen Regionen bereits zu viele Mobilställe gäbe.

Das sei daran zu erkennen, dass Mobilstallbetreiber mehr oder weniger verzweifelt nach Veredlungsmöglichkeiten durch Eierlikör- oder Nudelherstellern für überschüssige Eier suchen würden. Auch fände man laut der User in den einschlägigen Blättern und Portalen häufiger Anzeigen, in denen jemand sein Mobil verkaufen möchte als das gebrauchte Mobile gesucht würden.

„Aber das soll jetzt auch nicht zu pessimistisch klingen. Wenn jemand da wirklich mit Herzblut rangeht und einen Markt entdeckt hat, dann nur zu.“ Dann kann es nach wie vor mit dem Mobilstall klappen. Davon ist auch Klaus Honerkamp überzeugt. „Für die Hennen ist es sowieso die schönste Haltungsform“, sagt Anja Betz, aber Neueinsteiger müssten bereit sein, sich zu informieren und sich fortzubilden. Außerdem sollte man sich ein gutes Netzwerk aufbauen. ●

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