Mittel gegen Dürre: Eine Runde für den Weizen?
Vom Menschen ist es längst bekannt: Bei Hitze und Trockenheit steigert ein kühles Bierchen das Wohlbefinden ungemein. Offenbar gilt dies auch für Pflanzen. Forscher vom Riken-Zentrum für nachhaltige Ressourcenforschung in Yokohama, Japan, haben das herausgefunden.
Mit ein bisschen Alkohol kommt Weizen besser durch die Dürre. Das klingt wie ein Scherz beschwipster Wissenschaftler. Doch die japanischen Forscher haben nicht in Sake gebadet. Ihre bierernsten Ergebnisse haben sie jetzt im angesehenen Wissenschaftsmagazin „Plant & Cell Physiology“ veröffentlicht. Und sie werden womöglich tatsächlich einen neuen Weg zur Stärkung von Nutzpflanzen gegen Trockenstress eröffnen.
Der Trick mit dem Drink gegen die Dürre funktioniert allerdings nicht wirklich mit schalem Bier. Pflanzen lieben es hochprozentig und rein. Sauberes Ethanol muss es sein. Die Forscher um Motoaki Seki konnten im Labor nachweisen, dass Weizen und Reis eine Trockenphase wesentlich besser überstehen, wenn sie vor dem Wasserentzug einen Schuss Ethanol an die Wurzel bekommen. Für eine signifikant erhöhte Trockentoleranz brauchte Reis übrigens die doppelte Menge Alkohol wie Weizen.
Die Wirkung eines „winzigen Schlöckchens“ auf die Pflanze ist allerdings eine andere, als der Versuch am lebenden Pennäler schon in der Feuerzangenbowle mit Heinz Rühmann unter Beweis stellte. Während der alkoholisierte Mensch eher mehr redet als weniger, transpiriert und häufiger die Toilette aufsuchen muss, macht die angeheiterte Pflanze „dicht“. Sie schließt ihre Spaltöffnungen, die Stomata.
Das erhöht den Wassergehalt in den Blättern. Dürre-Gene werden aktiviert, bestimmte Zucker eingelagert und trockenheitstolerante Aminosäuren vermehrt produziert. In diesem Zustand überlebten die mit Ethanol gestärkten Pflanzen eine Trockenphase deutlich häufiger als ihre nüchternen Kollegen aus der Versuchskontrolle.
Die japanischen Wissenschaftler gehen so weit zu sagen, dass die Ethanolbehandlung von kommerziellen Nutzpflanzen eine „einzigartige Möglichkeit zur Linderung von Trockenstress“ bietet. Die Ausbringung der kostengünstigen und umweltfreundlichen Chemikalie Ethanol stelle eine Alternative zur Entwicklung transgener Pflanzen oder mühsamer klassischer Züchtung dar.
Wir vermuten allerdings, bis zur Praxisreife werden vertiefende Studien nötig sein. Gänzlich unerforscht sind beispielsweise die Nebenwirkungen einer Alkoholgabe auf Bodenlebewesen. Werden wir am Feldrand betrunkene Maulwürfe, tanzende Asseln und über ihre zahlreichen Beinchen stolpernde Hundertfüßler sehen? Und was ist mit den Folgen für die Ernährung? Kann das Weizenbrötchen das Weizenbier bald ersetzen? Auch wenn der Mensch den Alkohol seit Jahrtausenden nutzt, sind längst nicht alle Fragen beantwortet. ●
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