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44 Ballen in der Stunde – geht das?

Nach gut 7 Stunden waren 319 Silageballen gepresst und die Folie alle.

Auf den Punkt

  • Unter normalen Einsatzbedingungen sind 44 Silageballen pro Stunde möglich.
  • Der 6R 185 braucht 0,42 l Diesel, damit ein Ballen gepresst und gewickelt auf der Wiese liegt.
  • Testgespann sind ein John Deere 6R 185 und die Press-Wickel-Kombination John Deere C441R.

Ernterekorde gibt es viele. Landtechnikfirmen übertrumpfen sich gerne mit immer neuen Superlativen. Auf riesigen Feldern und mit einem Tross an Personal ähneln die Aktionen eher einem 24-Stunden-Rennen, als einem gewöhnlichen Arbeitstag. Mit der Realität hat die Jagd nach Bestleistung wenig zu tun.

Wie viele Silageballen schafft man an ei- nem ganz normalen Tag? Unter realen Bedin- gungen statt bei durchorganisierten Events. Um das herauszufinden, haben wir gemeinsam mit John Deere Lohnunternehmer Martin Georgs begleitet. Zwar waren auch bei uns mehr Leute am Start, als für die Futterbergung notwendig wären. Richtig gearbeitet hat aber nur einer: Martin Georgs.

Lohnunternhmer Martin Georgs presst im Jahr mit zwei Gespannen rund 12.000 Ballen, davon 8.000 Silageballen.

Während die Presse bindet, übergibt der Wickeltisch den fertig gewickelten Ballen an den Aufsteller. Der legt ihn kopfseitig ab.

Für den Folienwechsel braucht Martin Georgs gerade mal etwas mehr als 1 Minute. Am Abend hat fast 24 Rollen verwickelt.

Wir wählten auf einem Schlag zufällig 14 Ballen aus und wogen den gesamten Anhänger auf einer Brückenwaage. Ein Ballen wog im Durchschnitt 730 kg.

Wertvolles Gut verpacken

Der 39-jährige Ostfriese ist Lohnunternehmer. Steht der Grünlandschnitt an, muss es bei ihm laufen: mähen, zetten, schwaden, pressen und wickeln. Rekordversuch lassen ihn erstmal kalt. „Ich muss sehen, dass meine Kunden zufrieden sind. Die wollen fest gepresste und sauber gewickelte Ballen“, sagt Georgs auf Plattdeutsch. Für ihn ist entscheidend, was der Wickeltisch auf die Wiese ablegt.

Hektisch viele Ballen abzuwerfen mit Kompromissen in der Qualitätmag er nicht. Zu viel steht für ihn auf dem Spiel in einer Region, in der Silageballen höher als Deiche lagern. Die Auflagen zum Wasserschutz für neue Silageplatten sind streng und viele Betriebe wechseln bei der Futterbergung auf Wickelsilage statt Fahrsilos zu bauen. Martin Georgs macht mit seinen zwei Rundballenpressen, einer variablen und einer Festkammerpresse, im Jahr 12.000 Ballen. Er ist stolz auf das, was er sich in den vergangenen Jahren aufgebaut hat. Er baute die Hofstelle um, investierte nach und nach in Maschinen. Nebenberuflich spezialisiert er sich auf die Lohnarbeiten Mähen, Schwaden und Pressen. Heute stehen neben den beiden Pressen ein Butterflymähwerk und drei Großflächenschwader.

Regen statt Hektarjagd

Die Rahmenbedingungen heute entsprechen eher dem Alltag als dem Rekord: Nachts hat es unterwartet 2l geregnet. Das bedeutet erst einmal warten und zetten, bevor der Schwader loslegen kann.

Statt Megafelder liegen 24 ha gemähtes Grünland auf den Marschböden nördlich von Emden, arrondiert und auf vier Schlägen gemäht. Der Kunde ist ein Milchviehbetrieb. Damit steht das eigentliche Ziel des heutigen Tages fest: Silagequalität um jeden Preis.

Um den Milchviehbetrieb liegen arrondiert die vier Schläge. Insgesamt 24 ha. In 7 Stunden war alles gepresst.

Das GreenStar-Terminal auf dem John Deere 6185R zeigt die Ballenanzahl.

Wie bereits am Morgen, macht Martin Georgs am Abend wieder den Tank voll: 134 l zeigt die Zapfsäule der Hoftankstelle.

Verspäteter Start

10:40 Uhr: Martin Georgs lenkt den John Deere 6R 185 mit der Press-Wickel-Kombination auf die erste Grünlandfläche und senkt die Pick-up. Gerade mal 10 Minuten später liegen sieben Ballen auf der Fläche: 1,25 m im Durchmesser, mit Netz gebunden und satt gewickelt.

„Wir machen jetzt acht Lagen Folie. Das ist mehr als üblich, aber der Landwirt möchte das so“, erklärt Georgs. Die zusätzlichen Folienlagen erhöhen die Wickelzeit und allein diese Verzögerung macht klar, dass es heute nicht um Höchstwerte geht.

11:49 Uhr:Martin Georgs lenkt den John Deere 6R 185 mit 8 bis 11 km/h über die Schwaden. Der 6R 185 hat gerade mal 430 Stunden auf der Uhr und gehört John Deere,die Press-Wickel-Kombination C 441R ist Georgs Maschine. „In der ersten Stunde habe ich jetzt 50 Ballen gemacht“, sagt Georgs. „25 Messer sind drin, keinen Folienriss“.

11:15 Uhr: Das ISOBUS-Terminal meckert. Georgs steigt von der Kabine und klappt hydraulisch die Seitenverkleidung mit dem Folienvorrat ab. Georgs Bewegungen laufen routiniert: Papprolle aus dem Wickler, neue Folienrolle unten einsetzen, hochschieben, sichern. Geschickt dreht er den Folienanfang in die Vorstreckwalzen, um ihn nahe am Messer festzubinden. Weiter geht es zum zweiten Wickelarm. Bis zum Feierabend wird Georgs fast alle der 24 Rollen gewechselt haben, für die er zusätzlich zum Vorrat in der Pressse eine Halterung für die Fronthydraulik gebaut hat.

12:40 Uhr: Georgs kennt den Fokus seiner Kunden. „Man sieht, wie das zuckerreiche Gras an den Reifen kleben bleibt.“ Trotz der vielen Lagen Stretchfolie ist der Wickler schon lange fertig, bevor sich die Heckklappe erneut öffnet. Der Tisch kippt den fertigen Silageballen ab und fährt zurück, um den nächsten Ballen aus der Presskammer entgegenzunehmen. Gerade mal 33 Sekunden dauert es, bis ein weiterer Ballen feritg gewickelt ist.

12:58 Uhr:Martin Georgs bleibt bei seinem Schnitt von heute morgen. Der Tempomat steht auf 9,8 km/h. „Wir sind um 10:40 Uhr angefangen und sind bei 97 Ballen, haben dreimal Folie gewechselt, einmal einen Verstopfer gehabt und zwischendrin einmal kurz Feuchtigkeit gemessen. Mit 25 Messern und achtfach wickeln ist das ein akzeptabler Wert“, sagt Georgs.

Martin Georgs stoppt und steigt vom Traktor, um kurz Mittagspause zu machen. „Das waren jetzt 8 ha in 2 Stunden und nicht ganz 100 Ballen. Das sind zwölf Ballen pro Hektar“, überschlägt Georgs den Vormittag.

17:07 Uhr: Der erste Netzwechsel für heute steht an. Georgs steigt auf das Podest der Pres- se, öffnet die Klappe zur Netzbindung und löst die Sicherung der Vorratsrolle. Gekonnt fädelt er das Netzende zwischen die Metallrollen. Nach 1,5 Minuten schließt er die Klappe. „Das war’s“, sagt er und steigt wieder in die klimatisierte Traktorkabine.

Unspektakulär in die Zielgerade

18:19 Uhr: Die letzten 50 m Schwad gleiten unter dem Gespann durch. Zum letzen Mal rotieren die Wickelarme mit dem typischen Ratschgeräusch der Stretchfolie. Georgs legt den 319. und damit letzten Ballen für heute ab – keine Zielflagge, keine Fähnchen, keine Sektdusche. „Joa, das war’s.“ Gelassen steigt Martin Georgs ab, schiebt liegengebliebenes Gras von der Presse, so wie jedes Mal, wenn er Feierabend macht, doch es wird nochmals spannend. Wieviel Diesel hat das Gespann heute verbraucht?

18:37 Uhr: Der John Deere 6R 185 parkt vor dem Hallentor. Der Schlauch der Hoftankstelle reicht gerade so in den Tankstutzen. Während Georgs mit dem Landwirt schnackt, schnurrt die Pumpe Diesel in den Tank. Er hat morgens vollgetankt und abends erneut. „Klack“ – bei 134 l bleibt die Anzeige stehen. Ist das jetzt viel oder wenig?

Ein Arbeitstag: Die Auswertung

Ziel war kein Rekord, sondern ein Test, was in der Praxis möglich ist, und das steht fest: Innerhalb von rund 7 Stunden und 16 Minu- ten Einsatzzeit presste Martin Georgs 319 Ballen (siehe Tabelle Ergebnisse Silageballen“). Das sind 44 Ballen oder 32 t in einer Stunde. Alle 82 Sekunden purzelte ein fertig gepresster und gewickelter Ballen. Der Ertrag lag bei 9,3 t Frischmasse pro Hektar. Pro Ballen verbrauchte der 185-PS-Traktor 0,42 l Diesel. Das ist wenig und entspricht einem Stundenverbrauch von 18,4 l. ●

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