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Panorama

Unterwegs im Milchland

Vor allem mit einer ausgeklügelten Fütterung erreichen die besten Milchviehbetriebe in Wisconsin Spitzenmilchleistungen.

Auf den Punkt

  • In Wisconsin halten vor allem Spitzenbetriebe dem Preisdruck auf dem Milchmarkt stand.
  • Gut über die Runden kommen Farmen mit leistungsfähigen und langlebigen Kühen.
  • Viel Milch wird mit hochwertigem Grundfutter erzeugt. Das spart am Ende Kosten ein.

Auf den meisten Farmen in Wisconsin findet man Milchvieh. Es wird auch als das Milchland der USA bezeichnet, doch immer mehr Kühe werden nicht mehr in kleinen, sondern in großen Ställen gehalten. Rund 8.500 Farmen mit 1,3 Mio. Kühen gibt es noch. Vor 20 Jahren waren es noch doppelt so viele. Die durchschnittliche Jahresleistung liegt bei über 11.000 kg Milch je Kuh. Spitzenbetriebe kommen weit darüber. Und alles fängt beim Füttern an.

Effizienz ist der Schlüssel

Wisconsin hat in der Holsteinzucht die weltweite Richtung maßgeblich mitbestimmt. Wer auf der World Dairy Expo in Madison in Wisconsin Siegerkühe präsentiert, gehört zum Topzüchterclub – wie Lloyd und Daphne Holtermann. Sie führen die Rosy-Lane Holstein-Farm in Watertown und waren in den letzten Jahrzehnten oft mit Spitzenkühen auf der weltgrößten Milchviehschau vertreten.

Den Betrieb hat Lloyd Holtermann von seinen Eltern übernommen und gemeinsam mit seiner Frau Daphne und zwei weiteren Partnern erweitert. Heute zählt die Farm 1.100 Kühe. Dazu kommen noch 760 Jungrinder, von denen jedoch 300 wegen der knappen Fläche im Nachbarstaat Kansas aufgezogen werden. „Wir brauchen produktive Milchkühe. Darauf ist auch unsere Zuchtstrategie ausgerichtet“, sagt der Farmer. Deshalb hat er den Fokus auf eine bessere Futtereffizienz ausgerichtet, um den Futteraufwand zu verringern. So ist er in der Lage, mit 1 kg Trockenmasse 1,7 kg Milch zu erzeugen, und liegt damit über dem Durchschnitt.Das brachte der Rosy-Lane Farm im letzten Jahr auch Lorbeeren in Form des US Dairy Sustainability Award ein, ein Preis für eine besonders nachhaltige Milcherzeugung.

Auf der Rosy-Lane-Farm müssen die Futterkrippen immer voll sein. Im Durchschnitt nehmen die Kühe rund 27 kg Trockenmasse am Tag auf.

Dass der Betrieb züchterisch so erfolgreich ist, liegt auch an seinen Verbindungen in die ganze Welt. So hat Holtermann, dessen Vorfahren aus Deutschland stammen, auch enge Beziehungen zur Osnabrücker Herdbuch eG aufgebaut. Auf Empfehlung wurden viele Kühe mit Sperma der Bullen Ramos und Lancelot besamt. Die Töchter waren etwas kleiner und breiter als die von US-Spitzenvererbern. Im Klassifizierungsprogramm schlossen sie daher schlechter ab als ihre größeren und eleganteren Stallgefährtinnen mit US-Genetik. „Wir stellten bald fest, dass die kürzeren und breiteren Kühe weit weniger Klauenprobleme und eine bessere Fruchtbarkeit hatten und damit wirtschaftlicher waren“, sagt Holtermann.

Die Tiere stehen in einem großen Liegeboxenlaufstall mit Sandeinstreu und neuem Lüftungssystem. Gefüttert werden sie täglich zweimal. Die Ration wird mehrmals am Tag herangeschoben. Im Durchschnitt nehmen sie rund 27 kg Trockenmasse am Tag auf.

Gemolken werden die Kühe dreimal täglich in einem Side-by-Side-Melkstand mitzweimal zwölf Plätzen. Je Kuh und Tag erhält der Betrieb 44 kg Milch mit 4,2 Prozent Fett und 3,35 Prozent Eiweiß. Die Jahresleistung liegt bei etwa 14.200 kg. Dabei beeindruckt die Herde nicht nur durchhohe Tages- und Jahresleistungen. „Wir haben 80 Kühe in unserer Herde, die in ihrem Leben schon über 100.000 kg Milch gegeben haben. Auch hier sind es nicht die Grazien in der Herde, sondern die teilweise richtig breiten Koffer. Unsere Lieblingskuh ist neun Jahre alt, hat sieben Kälber zur Welt gebracht und schon über 100.000 kg Milch gegeben. All das spricht meiner Meinung nach eher gegen die Zucht von großen Kühen“, meint Lloyd Holtermann.

Der offen gestaltete Laufstall bietet den Tieren frische Luft am Futterplatz und an den Liegeflächen.

Die Gruppe der älteren Kühe in der Herde erzielt sogar ein durchschnittliches Tagesgemelk von 62 kg Milch. „Sie helfen, Geld zu verdienen“, sagt der Milchviehhalter und will damit die Zucht von wirtschaftlichen Kühen weiter voranbringen.

Weil das Renommee eines Zuchtbetriebs aber maßgeblich davon abhängt, auf großen Schauen und Auktionen mit Siegertieren präsent zu sein, möchte Holtermann bei einzelnen Kühen weiterhin nicht auf Top-Genetik verzichten. Immerhin hat der Betrieb bereits über 100 Bullenkälber an Besamungsstationen und 650 Färsen zur Zucht verkauft.

Futter für Hochleistungssportler

Ein anderer Spitzenbetrieb in Wisconsin ist der von Hank und Shawn Wagner in Middletown. Dort werden 700 Holsteinkühe gehalten. Die gemolkenen Kühe kommen auf einen Herdendurchschnitt von 52 kg Milch je Tag, was einer Jahresleistung von weit über 15.000 kg Milch entspricht.

Aus dem Anbindestall für 65 Kühe baten Hank und Shawn einen neuen komfortablen Kuhstall mit 350 Plätzen. Im Gegensatz zu früher sind die Kühe nun gleichmäßig in den Liegeboxen oder am Trog verteilt. Die Leistung ist deutlich gestiegen und die Farmer rechnen bald mit 55 kg Milch je Kuh und Tag.

Neben der komfortablen Unterbringung spielt vor allem die Grundfuttererzeugung eine Rolle. Shredlagen aus Brown-midrib-Mais besitzen 36 bis 38 Prozent mehr verdauliche Stärke. Zudem enthalten die neuen eiweißreichen Luzernesorten weniger Lignin und müssen nur noch dreimal im Jahr geschnitten werden. Kraftfutter wird nach Bedarf zugekauft.

Die Futterrationen werden computergesteuert zusammengestellt.

„Kühe, die über 45 kg Milch je Tag geben, müssen wie Hochleistungssportler ernährt werden“, sagt Hank Wagner. Daher ist die präzise Rationsgestaltung äußerst wichtig. Das gelingt nur, wenn alle Futterkomponenten exakt analysiert werden.

Wagners wichtigster Partner dafür ist das Rock River Laboratory in Watertown, Wisconsin. Im Futterhaus werden die Mischrationen zusammengestellt, zwei unterschiedliche für Trockensteher und eine für laktierende Kühe. Frischlaktierende Tiere erhalten noch einen Zuschlag.

Im Durchschnitt werden 24 kg Trockenmasse je Kuh und Tag verabreicht. Der Anteil an Grundfutter beträgt 60 Prozent. Kühe mit hoher Leistung nehmen täglich sogar 30 kg Trockenmasse auf. Die Tiere stehen fast immer vor gefüllten Krippen. In den letzten Jahren ließ sich so bei den erstlaktierenden Kühen die Leistung von etwa 9.000 auf gut 12.000 kg steigern. In Zukunft wollen Wagners ihren Kuhbestand schrittweise auf 1.000 Tiere aufstocken.

Seit Jahrzehnten immer neue Ideen

Der dritte Spitzenbetrieb in Wisconsin liegt in der Nähe von Beloit. Das Unternehmen wird von den vier Söhnen der Crave-Familie geführt. „Neben neuen Ställen und Futtersilos bauten wir eine Biogasanlage und richteten eine eigene Stätte zur Milchverarbeitung ein. Zudem erwarben wir weiteres Land und verfügen nun über eine Anbaufläche 1.250 ha“, erzählt der älteste der vier Brüder, Charlie Crave, mit Stolz.

Der Kuhbestand zählt 1.900 Tiere, die im Durchschnitt 13.900 kg Milch mit 3,6 Prozent Fett und 3,3 Prozent Eiweiß im Jahr geben. Als Grundlage für die hohe Milchleistung sieht Crave eine gesunde Kälberaufzucht und bestes Grundfutter.

Die neuen Siloanlagen für das Gärfutter unterscheiden sich zwar äußerlich kaum von denen in Deutschland, aber die Siloabdeckung erfolgt anders. Damit kein Regenwasser eindringen beziehungsweise besser abgeleitet werden kann, wird vor der Futtereinlagerung jeweils unten an den beiden Seitenwänden ein Drainagerohr ausgelegt. Darüber wird dann bis weit über die Seitenwände nach oben hinaus eine Folie verlegt.

Beim Befüllen des Silos wird darauf geachtet, dass in der Mitte längs auf dem Stapel eine Senke verbleibt. Die Folie wird anschließend von den Seitenwänden bis weit über die Mitte des Silos gezogen und mit Reifen beschwert. Regenwasser kann nun oben in der Mitte des Silos und unten über die Drainagerohre abfließen. Die Qualität der Silagen ließ sich deutlich verbessern und die Verluste dadurch verringern. Das Ergebnis: mehr Milch aus dem Grundfutter.

Die Rationen für das Milchvieh werden entsprechend der Leistung zusammengestellt, täglich zweimal auf dem Futtertisch ausgebracht und mehrmals zur Krippe herangeschoben. Neben Mais- und Luzernesilage sowie Heu und Stroh sind in der Futtermischung selbst erzeugte Halmfrüchte und Sojabohnen, Feuchtmais, Biertreber, Baumwollsaat und Mineralstoffe enthalten. Im Durchschnitt nehmen die zu melkenden Kühe 27 kg Trockenmasse je Tier und Tag auf und erzeugen daraus 45 kg Milch. Gemolken werden alle Kühe dreimal am Tag in einem Side-by-Side-Melkstand mit zweimal 16 Plätzen. Zukünftig soll er aber von einem Melkkarussel abgelöst werden.

In der eigenen Molkerei wird nahezu die gesamte Milch verarbeitet. „Wir hatten keine Lust mehr, unsere Milch an andere Milchverarbeiter zu Weltmarktpreisen zu verschleudern“, sagt Charlie Crave. Zu seinem Sortiment gehören auch verarbeitete Milchprodukte wie Mozzarella oder Pizzakäse. Die Vermarktung erfolgt direkt oder über Handelsketten. Der Käse aus dem Milchland wurde bereits prämiert. (jd) 

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