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Praxisfall des Monats

Lawsonien in den Griff bekommen

Seitdem die Ferkel gegen Lawsonien geimpft werden, gibt es in der Mast keine Durchfallprobleme mehr.

Auf den Punkt

  • Ein Betrieb mit Lawsonienproblemen entschied sich, gegen den Erreger zu impfen.
  • Die geimpften Tiere hatten in der Mast höhere Zunahmen und eine bessere Futterverwertung.
  • Zudem konnte der Einsatz von Antibiotika deutlich reduziert werden.

Der diesmal beschriebene Fall spielt in einem geschlossenen Betrieb in Norddeutschland mit 300 Sauen (PIC-Genetik angepaart mit Eber 408). Er verfügt über etwa 1.500 Aufzucht- und 3.500 Mastplätze. Der Betrieb ist gesundheitlich insgesamt gut aufgestellt. Neben der Erregerunverdächtigkeit für PRRS und klinisch für APP, Rhinitis atrophicans (Schnüffelkrankheit) sowie Räude und Dysenterie gibt es auch keine Probleme in Bezug auf Fruchtbarkeits- und Atemwegserkrankungen.

Etwas anders sah es allerdings bei der Magen-Darm-Gesundheit in der Mast aus, die immer wieder Sorgen bereitete. Im Bestand wurde über einen längeren Zeitraum wiederholt der Erreger Lawsonia intracellularis labordiagnostisch nachgewiesen (siehe Kasten „Steckbrief Lawsonien“ am Ende des Artikels).

Blutige Durchfälle

Der Gipfel waren blutige Durchfälle, die etwa vier bis fünf Wochen nach dem Aufstallen der Läufer in die Mast auftraten. Die ersten Anzeichen für das Krankheitsgeschehen äußerten sich in einer reduzierten Futteraufnahme ein bis zwei Tage vor dem Auftreten der ersten Durchfälle. Die Tiere in den betroffenen Buchten hatten eingefallene Flanken und in den Trögen lagen Futterreste.

Die klinisch auffälligen Einzeltiere wurden daraufhin unverzüglich per Injektion mit Tylosin antibiotisch behandelt. Das Durchfallgeschehen in den Buchten und in den Abteilen der betroffenen Altersstufe ließ sich dadurch jedoch nicht nachhaltig beherrschen. Deshalb war nahezu in jedem Durchgang in den nächsten Tagen eine orale Tiamulin-Gabe als Gruppenbehandlung notwendig.

Neben den Durchfällen wurde bei den erkrankten Altersgruppen insgesamt ein Rückgang der Futteraufnahme beobachtet. Trotz der zeitnahen und konsequenten Behandlung waren im weiteren Verlauf etwa 10 Prozent zu leichte sowie 2 bis 3 Prozent ausgesprochene Kümmerer zu verzeichnen.

Lawsonien als Ursache

In der Diagnostik (im Rahmen der Bestandsbetreuung) ließen sich in der Mittelmast in Blutproben Antikörper sowie im Kot der Tiere der Erreger Lawsonia intracellularis in relevanter Menge direkt nachweisen. Differenzialdiagnostisch wurde das eingesandte Material auch immer wieder auf weitere Darmerreger, die für blutigen Durchfall verantwortlich sein können, untersucht. Erreger wie Brachyspira hyodysenteriae, Brachyspira pilosicoli, Salmonellen, pathogene E.-coli-Stämme sowie Clostridium perfringens (enterohaemorrhagisches Syndrom) konnten jedoch nie nachgewiesen werden.

Für Impfung entschieden

Nach der klaren Diagnose wurde entschieden, die Tiere gegen Lawsonien zu impfen – in diesem Fall mit einer intramuskulär zu verabreichenden Vakzine. Der Totimpfstoff kann ab einem Alter von drei Wochen eingesetzt werden. Laut Zulassung soll er die Tiere ab vier Wochen nach der Impfung über eine Dauer von 21 Wochen vor Lawsonienbedingten Krankheitssymptomen schützen.

Die Vakzine lässt sich in einem Kombinationsimpfstoff, der gleichzeitig gegen PCV2 und Mykoplasmen wirkt, auflösen und wurde den Ferkeln am 23. Lebenstag per Spritze verabreicht. Das hatte für den Betrieb arbeitswirtschaftlich den Vorteil, in einem Arbeitsgang gegen drei Erreger zu impfen.

Der Effekt der Impfung ließ nicht lange auf sich warten. In der Folge waren nur noch sehr vereinzelt Tiere von Durchfall betroffen. Im zweiten Quartal 2020 erkrankten lediglich vier von 2.034 Tieren klinisch an einer Lawsonieninfektion. Diese Schweine wurden wie in der bisherigen Routine per Injektion mit Tylosin behandelt. Ein Tier verendete.

Antibiotika deutlich reduziert

Das Krankheitsgeschehen blieb aber im Gegensatz zu den früheren Erfahrungen auf diese Einzeltiere beschränkt und es mussten keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden. So konnte der Betrieb auf die antibiotische Gruppenbehandlung bei den geimpften Tieren vollständig verzichten. Die Behandlungstage pro Tier konnten um fast 92 Prozent von 5,46 auf 0,45 Tage reduziert werden.

Mit der Verlässlichkeit der Impfung schwanden auch die permanente Sorge und der Druck für die Mitarbeiter, vielleicht etwas zu übersehen. Aufgrund der bisherigen Probleme kontrollierten sie nämlich die Tiere sehr sorgfältig und intensiv, um Durchfälle frühstmöglich zu entdecken und umgehend handeln zu können.

Neben den direkten Krankheitssymptomen blieb nach der Impfung auch der bisher beobachtete Rückgang der Futteraufnahme aus. Der Betriebsleiter beschrieb die geimpften Tiere als sehr homogen, verglichen mit den Gruppen ungeimpfter Tiere. Weniger als 1 Prozent der Schweine wurden noch als leichte Kümmerer eingestuft.

Nachfolgende diagnostische Untersuchungen bei den geimpften Tieren zeigten einen deutlich verminderten Erregerdruck. Damit erwies sich die Impfung als belastbar und sicherte die Darmgesundheit der Tiere in Bezug auf Lawsonien-bedingte Durchfälle verlässlich ab.

Impfung rechnet sich

Der Betrieb, der seine Daten konsequent und akribisch quartalsweise auswertet, konnte den beschriebenen Effekt der Impfung auch mittels dieser Zahlen nachvollziehen und bewerten (siehe Tabelle „Lawsonienimpfung hat sich ausgezahlt“). Verglichen wurde das zweite Halbjahr 2019 (ohne Impfung) mit dem zweiten Quartal 2020, in dem alle ausgewerteten Mastschweine gegen Lawsonien geimpft waren. Das erste Quartal 2020 blieb hier außen vor, weil hier sowohl geimpfte als auch ungeimpfte Tiere zur Schlachtung kamen und die Tierdaten nicht getrennt werden konnten.

Im Ergebnis zeigte sich, dass die geimpften Mastschweine im Schnitt über 20 g höhere Tageszunahmen hatten als die ungeimpften Tiere und um fast 1 Prozent geringere Verluste auftraten. Die Futterverwertung konnte von 1:3,07 auf 1:2,91 verbessert werden. Die Tierarztkosten, insbesondere für das Behandeln von Durchfällen, sanken deutlich, sodass hier über 20 Cent pro Schwein eingespart wurden (siehe Tabelle).In der ökonomischen Auswertung zeigte sich, dass sich aufgrund der besseren Futterverwertung auch die Futterkosten je Tier um 3,74 bis 3,95 Euro (je nach Futterpreis der jeweiligen Phase) verringert haben. Auch nach Abzug der Impfkosten bleibt ein deutlicher Vorteil der geimpften Tiere. Die Kostenvorteile infolge der reduzierten Tierverluste und der höheren Zunahmen sind in dieser Kalkulation nicht berücksichtigt. (br)

Steckbrief Lawsonien

Die Durchfallerkrankung wurde bereits 1931 erstmalig beschrieben, der verantwortliche Erreger aber erst 1993 (!) entdeckt. Das Bakterium Lawsonia intracellularis lebt innerhalb der Darmzellen des Hüftdarms und vermehrt sich dort. Dadurch werden diese Zellen geschädigt und die schützende Schleimschicht wird zerstört.

Der befallene Darmabschnitt reagiert mit einer massenhaften Neubildung nicht voll funktionsfähiger Darmzellen, was unter anderem zu einer sichtbaren Verdickung führt. Die Darmschleimhaut verliert ihre Funk- tionsfähigkeit und wichtige Nährstoffe können nicht mehr aufgenommen werden.

Lawsonien sind weltweit verbreitet. Schätzungsweise sind mehr als 90 Prozent der Schweinebestände damit infiziert. Die verschiedenen Bakterienisolate zeigen eine hohe genetische Übereinstimmung, sodass man von einer Art ausgeht. Die Erregermenge, die zur Infektion benötigt wird, ist nur sehr gering. Lawsonien sind in der Lage, in den Schweinen beziehungsweise Beständen gut zu überleben. Erkrankte Tiere scheiden dagegen massenhaft den Erreger aus.

Die Krankheitssymptome sind vor allem abhängig vom Immunstatus und dem Alter der Tiere sowie von der Erregerdosis. Sie können sehr vielgestaltig sein und von mild bis sehr intensiv oder auch als Mischform verlaufen:

  • Beim subklinischen Verlauf kommt es zu Leistungseinbußen und inhomogenen Mastgruppen.
  • Die PIA (porcine intestinale Adenomatose) ist charakterisiert durch (blutige) Durchfälle, inhomogene Gruppen, Kümmerern und schlechte Zunahmen.
  • Bei der meist akut verlaufenden Krankheitsform PHE (proliferative haemorhagische Enteritis) treten plötzliche Todesfälle mit blutigem Kot auf.

Die Diagnostik erfolgt bevorzugt durch den direkten Erregernachweis im Kot. Daneben können auch Sektionen oder Antikörperbestimmungen im Blut eine Rolle spielen.

Einen wirksamen Schutz vor Lawsonien-bedingten Krankheitssymptomen und eine bessere Alternative zum Einsatz von Antibiotika bietet die Impfung. Auf dem Markt werden hierfür zwei Impfstoffe, eine intramuskulär und eine oral zu verabreichende Vakzine, angeboten.

Veränderter Darmabschnitt nach einer Lawsonieninfektion: Die geschädigte Oberfläche ist nicht mehr dünn, glatt und gleichmäßig, sondern infolge der Zellschädigung verdickt, rauh und deutlich unregelmäßig gewölbt. Dieser Darm kann die Nährstoffe nicht mehr optimal aufnehmen.
Blutiger Darminhalt bei akutem Verlauf der Lawsonieninfektion: Dieses Bild tritt in den meisten Betrieben eher vereinzelt auf. Weit häufiger sind Durchfälle, die farblich nur gering verändert sind. Trotzdem wird auch hier der Darm erheblich geschädigt.
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