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Bestes Futter im Trog

Ricarda Schumann, hier mit Mitarbeiter Tobias Keil, verabreicht den Schweinen Luzernepellets als Beschäftigungsfutter. Der Betrieb nimmt an der Initiative Tierwohl teil.

Auf den Punkt

  • Die Agrargenossenschaft Bauda gehört zu den Vorreitern des Sojaanbaus in Mitteldeutschland.
  • In diesem Jahr wurde die letztjährige Ernte komplett an die eigenen Mastschweine verfüttert.
  • Zuvor wurden die Sojabohnen mit einer mobilen Toastanlage thermisch behandelt.

Als ich Mitte September den Betrieb im sächsischen Bauda besuche, ist man dort guter Dinge. Die Sojaernte steht vor der Tür und es zeichnet sich – etwa vier Wochen vor dem Drusch – ein guter Ertrag ab. Soja? Ja, Sie lesen richtig, Soja. Die hiesige Agrargenossenschaft, zwischen Großenhain und Meißen gelegen, gehört nämlich zu den Vorreitern des Sojaanbaus in Mitteldeutschland (siehe Kasten Sojaanbauförderung in Mitteldeutschland). Gleichzeitig ist man einer der ersten Betriebe in der Region, die ihr Soja über die eigenen Mastschweine verwerten oder, muss man heute sagen, verwertet haben.

Sojaanbauförderung in Mitteldeutschland

Die Erzeugerorganisation „EZG SO!JA w. V.“ wurde im Herbst 2019 gegründet und vereint heute rund 25 vorwiegend mitteldeutsche Betriebe. Ziel ist es, den Sojaanbau in der Region – ähnlich wie in Süddeutschland (Donausoja) – zu forcieren und Soja als wichtiges und vor allem auch gentechnisch unverändertes Eiweißfuttermittel in der regionalen Tierproduktion zu etablieren. Die EZG unterstützt die Anbauer bei der Vermarktung und bietet eine Fachberatung vom Anbau bis zur Fütterung an. Dazu zählen auch Sortenversuche für die Züchtung regionaler Sorten. Derzeit befinden sich zwölf Sorten im Test. Die Anbaufläche beträgt vorerst rund 400 ha.

Seit Anfang 2021 verfügt die Organisation als Pilotprojekt über eine mobile Kompakttoastanlage, die an die Betriebe ausgeliehen wird. Damit werden die eigenen Sojabohnen thermisch behandelt und für die Verfütterung optimiert.

Denn innerhalb weniger Wochen hat sich die Situation im Betrieb – zumindest bei den Schweinen – dramatisch verändert. Auslöser ist der Nachweis der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bei einem Wildschwein, das am 8. Oktober bei Radeburg in der Nähe der Autobahn A 13, nur rund 30 km von der Mastanlage in Nasseböhla entfernt, geschossen wurde. Doch dazu später mehr.

Zurück zum Soja. Auf 60 ha wird die Eiweißpflanze mittlerweile in Bauda angebaut. 2013 mit etwa 10 ha begonnen, ist die Anbaufläche Jahr für Jahr gewachsen, sodass Soja heute festes Glied in der Fruchtfolge ist. Insgesamt bewirtschaftet der Betrieb rund 1.100 ha Ackerland (siehe Betriebsspiegel).

Bislang beste Sojaernte

„Nach zuletzt eher bescheidenen Erträgen haben wir in diesem Jahr eine für unsere Bedingungen sehr gute Sojaernte von 35 bis 38 dt/ha eingefahren“, sagt Bernd Ziemann, Vorstandsvorsitzender der Agrargenossenschaft. „Wir bauen Sojabohnen auf unseren besten Flächen mit 40 bis 45 Bodenpunkten an und hatten in diesem Jahr auch zur richtigen Zeit genügend Regen, um den hohen Wasserbedarf der Pflanzen zu decken.“

Für den erfahrenen Landwirt bietet der Sojaanbau auch die Möglichkeit, die Stickstoffbilanz des Betriebs zu entlasten. „Das ist für uns sehr wichtig, da wir in einem Nitratgebiet liegen und allein dadurch 20 Prozent Stickstoffdünger sparen müssen.“ Gleichzeitig sei Soja eine Alternative zum Raps. Bei Letzterem sei durch den Wegfall des Beizens kaum noch ein effektiver Pflanzenschutz möglich.

In diesem Jahr haben sich die Sojabestände sehr gut entwickelt, wie Bernd Ziemann Mitte September präsentiert. Im Betrieb werden derzeit sechs verschiedene Sorten getestet.

Den wichtigsten Ansatz für den eigenen Sojaanbau sieht Bernd Ziemann jedoch in der Erzeugung regionaler und gentechnisch unveränderter Eiweißfutter- beziehungsweise Lebensmittel. „Nachdem wir die Sojabohnen in den ersten Jahren verkauft haben, suchten wir natürlich auch nach Wegen, das hochwertige Eiweißfutter bei unseren eigenen Schweinen einzusetzen“, sagt der Landwirt. Die Schweinemast auf 1.940 Plätzen ist seit mehr als 20 Jahren ein wichtiges Standbein des Betriebs.

Die im letzten Jahr geernteten Sojabohnen wurden komplett an die Schweine verfüttert.

Sojabohnen selbst getoastet

Die Möglichkeit hierzu ergab sich Anfang 2021. Über die Erzeugergemeinschaft (EZG) SO!JA (siehe Kasten Sojaanbauförderung in Mitteldeutschland), deren Gründungsmitglied die Baudaer sind, konnte als Pilotprojekt eine mobile Kompakttoastanlage genutzt werden. „Damit lassen sich die Sojabohnen thermisch behandeln, um antinutritive Substanzen wie die sogenannten Trypsininhibitoren zu inaktivieren und die Eiweißverdaulichkeit für die Schweine zu optimieren“, erklärt Bernd Ziemann.

Die mobile Toastanlage ist in einem Pkw-Hänger untergebracht. Die Sojabohnen werden damit für die Verfütterung thermisch behandelt.

So wurde im Januar und Februar die komplette Sojaernte des Vorjahrs (2020) von rund 40 t getoastet und als Futtermittel aufbereitet. „Die Technik, die in einem Pkw-Hänger untergebracht ist und vollautomatisch läuft, hat gut funktioniert, obwohl der Durchsatz auf maximal 1,5 t pro Tag begrenzt ist“, berichtet der Landwirt.

Seitens der EZG seien aber bereits stationäre Anlagen mit höheren Durchlaufmengen geplant. „Hier sollte aber auf jeden Fall eine Ölpresse vorgeschaltet werden, um das Sojaöl separat zu gewinnen und so die Wertschöpfung zu erhöhen“, meint Bernd Ziemann. Für die Schweine, vor allem in der Endmast, sei das Verfüttern der ganzen Sojabohne, also inklusive Öl, der reine Luxus.„Mit dem eigenen Soja konnten wir für vier Monate den Eiweißfutterbedarf unserer Mastschweine decken und brauchten nichts zuzukaufen“, sagt Ricarda Schumann, die bei den Schweinen den Hut auf hat. Die getoasteten Sojabohnen werden mit 4 bis 10 Prozent im selbst gemischten Mastfutter eingesetzt (siehe Tabelle „Diese Mastrationen werden gefüttert“ ).

In der Mastanlage wird eine 5-Phasen-Fütterung praktiziert: Vormast (30 bis 54 kg), Mittelmast I (55 bis 70 kg), Mittelmast II (71 bis 85 kg), Mittelmast III (86 bis 100 kg), Endmast (101 bis 120 kg). Dabei werden die beiden Grundfutter (Vor- und Endmast) verschnitten und die Ration wird per Futterkurve praktisch täglich an den Nährstoffbedarf der Tiere in den einzelnen Wachstumsphasen angepasst. Gefüttert wird viermal am Tag.

„Wichtig ist für uns, in der Endmast die Nährstoffzufuhr zu begrenzen, um ein Verfetten der genetisch dazu veranlagten Schweine zu verhindern“, sagt Ricarda Schumann. Das Gros der Tiere sind nämlich sogenannte F1-Kastrate (Yorkshire x Landrasse), die aus einem Vermehrungszuchtbetrieb für dänische Genetik in der Region stammen. Mit Magerfleischanteilen von im Schnitt 57 Prozent bei Masttagszunahmen von über 900 g und einer Futterverwertung von 1 : 2,7 liegt man aber ganz gut im Rennen.

Den Mastschweinen wird neben dem Mischfutter ein extra Beschäftigungsfutter über Automaten angeboten.

Ausstieg droht

Dieses Szenario könnte jedoch bald Geschichte sein. Würde ich heute nach Bauda fahren, stieße ich auf betrübte Gesichter. Die Freude über die gute Sojaernte ist mittlerweile dem Frust gewichen. Die Toastanlage, die jetzt eigentlich laufen müsste, steht verwaist in der Maschinenhalle und wird zumindest in Bauda in nächster Zeit keine Sojabohnen verarbeiten. Dass das Soja jetzt verkauft wird und natürlich – unter der Marke regional und gentechnikfrei – auch einen guten Erlös erwarten lässt, ist für Bernd Ziemann und seine Mitarbeiter nur ein kleiner Trost.

Was ist geschehen? Mit dem eingangs schon erwähnten ASP-Nachweis bei Wildschweinen im näheren Umkreis und den damit verbundenen Restriktionen – von den historisch niedrigen Schweinepreisen ganz abgesehen – steht die Schweinemast des Betriebs auf dem Prüfstand. „Uns blutet das Herz, uns vielleicht von einem über viele Jahre erfolgreichen Betriebszweig verabschieden zu müssen, aber die gegenwärtige Situation lässt uns praktisch keine Wahl“, sagen die sichtlich mitgenommenen Ricarda Schumann und Bernd Ziemann. ●

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