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Volle Kontrolle für mehr Leistung

Für Bernd Förthmann gehören Tierbeobachtung und Auswertung der Daten zusammen.

Auf den Punkt

  • Bernd Förthmann aus Bahrenborstel hält 700 Sauen und vermarktet Ferkel.
  • Der Landwirt möchte gerne in allen Bereichen die Kostenführerschaft erreichen.
  • Eine für ihn wichtige Stellschraube ist auch das Wassermanagement.

Es riecht nach kaltem, klarem Wasser, irgendwie frisch und sauber, auf jeden Fall anderes als erwartet. Denn eigentlich hat man den Ferkelaufzuchtstall von Bernd Förthmann längst betreten und eingeduscht. Anders als auf vielen Betrieben tritt man von der Hygieneschleuse jedoch nicht direkt in den Zentralgang, sondern erst mal in einen großzügig angelegten Technikraum. Das ist bezeichnend für Bernd Förthmann aus Bahrenborstel in Niedersachsen. Der Landwirt legt viel Wert auf technische Lösungen, die sich auch auswerten lassen. Er will am Ende den besten Output bei möglichst geringen laufenden Kosten erreichen. „Deshalb habe ich auch unsere 50 ha Ackerfläche in Bewirtschaftung gegeben. So kann ich mich auf die Tierhaltung konzentrieren“, sagt er, während er vom Technikraum in den nächsten Raum tritt: den sogenannten Wasserraum, der ebenfalls sehr großzügig angelegt ist.

Kontrolle ist alles

Spätestens hier wundern sich Besucher, denn noch immer riecht man kein Schwein. Stattdessen sieht man jede Menge Wasseruhren, genau genommen mindestens zwei vor jeder Abteiltür der Flatdecks – eine für die Buchten auf der linken Seite, eine für die auf der rechten Seite. „So können wir erfassen, wie viel Wasser die Ferkel saufen.“

Der Landwirt nimmt mit allen Tieren an der Initiative Tierwohl teil.

Dazu gesellen sich noch Wasseruhren für die Einweichanlage, den Hochdruckreiniger, die Wärmerückgewinnung und die Abluftreinigungsanlage. Bernd Förthmann will es genau wissen. „Den Stromverbrauch erfasst jeder und versucht die wichtigsten Stromfresser zu ermitteln, doch auch der Wasserverbrauch liefert mir wichtige Informationen“, sagt der Landwirt.

Unterstützt wird er von seiner Ehefrau Anette Meier. Sie ist eigentlich gelernte Bankkauffrau und war im Controlling beschäftigt. Nachdem sie ihren Mann kennengelernt hat, absolvierte sie die landwirtschaftliche Lehre und besuchte die Meisterschule. Ihr Arbeitsprojekt war passenderweise die Wasserversorgung. Bernd Förthmann sagt: „Wir nutzen zwar Stadtwasser, hatten aber trotzdem auch hier im neuen Stall nach kürzester Zeit einen Biofilm in den Leitungen.“

Dank der speziellen Fütterungsanlage kann Förthmann alle Tiere optimal versorgen.

Jetzt hat der Betrieb eine Wasseraufbereitungsanlage installiert, die mittels Elektrolyse, vereinfacht dargestellt, aus Salz und Wasser zwei verschiedene Lösungen erzeugt. Das Anolyt ist ein starkes und schnell wirkendes oxidatives Desinfektionsmittel, das alle bekannten Bakterien und Viren innerhalb weniger Sekunden abtötet. Das Katholyt ist eine dünne alkalische Lösung, die Bernd Förthmann für die pH-Wert-Anhebung der Abluftreinigungsanlage nutzt.

Lebenselixier Wasser

Für das Ehepaar ist sauberes Wasser in ausreichender Menge eine wichtige Stellschraube, wenn es um die Tiergesundheit und das Leistungsvermögen geht. „Wenn ich den üblichen Verbrauch der Tiere kenne, ist die tatsächlich verbrauchte Trinkwassermenge außerdem ein guter Indikator, um Veränderungen im Stall schnell zu erkennen.“

Der Landwirt erzählt, dass er früher häufiger mal das Problem hatte, dass die Ferkel zu wenig Wasser saufen. Er rüstete dann im ersten Schritt Mutter-Kind-Tränken in den Abferkelabteilen nach. „Das hat super funktioniert – bis zum Absetzen“, sagt Bernd Förthmann mit ironischem Unterton.

Im alten Flatdeckstall am Hof gab es zu dem Zeitpunkt nämlich nur Nippeltränken. Das System kannten die Ferkel nicht und fingen somit auch nicht an zu saufen – mit allen damit verbundenen Nachteilen. „Deshalb haben wir dann Aqua-Level-Kipptränken eingebaut.“ Das sei schon eine Verbesserung gewesen. Allerdings war die Verschmutzung der Tränken ein Riesenthema. „Meine Mitarbeiter und ich waren jeden Tag damit beschäftig, sie sauber zu machen. Das ist das Gegenteil von Effizienz“, sagt der Landwirt.

Viele Futterkurven senken Kosten

Dann folgte 2018 der Neubau des Flatdeckstalls mit 4.200 Plätzen, Schalen- und Nippeltränken. „Dort haben wir eine Spotmix-Multiphasenfütterung eingebaut. Vorher hatten wir eine Kettenfütterung mit viel geringeren Möglichkeiten.“

Der Landwirt sortiert die Ferkel beim Einstallen ins Flatdeck nach Gewicht. Für die unterschiedlichen Einstallungsgewichte konzipierte er jeweils eine eigene Futterkurve. Wenn also in Bucht 1 die Ferkel im Schnitt 6,3 kg wiegen, wird für diese Tiere die Fütterungskurve „6 kg“ hinterlegt. Insgesamt habe er zusammen mit den Kurven für die Sauen wohl an die 18 Futterkurven.

Viel Technik, aber so erhält Bernd Förthmann die für ihn wichtigen Daten zum Auswerten.

So schafft Bernd Förthmann es, möglichst tierwohlgerecht zu füttern. „Ein Ferkel, das 5 kg wiegt, hat eine andere Futteraufnahme als ein 8 kg schweres Ferkel.“ Die kleineren Tiere erhalten länger nährstoffreiches Futter. Schließlich fressen sie in der Menge weniger. Würde er den schwereren Tiere das Gleiche füttern, hätten sie eher mit Durchfall zu kämpfen, denn sie fressen zu viel. „Mit meinen verschiedenen Kurven habe ich weniger Luxuskonsum und geringere Rohproteinüberschüsse.“ So erreicht er bei den Ferkeln in der Aufzucht eine Futterverwertung von 1:1,65.

Die positiven Effekte dieser bedarfsgerechten, nährstoffoptimierten Versorgung: gesunde Ferkel, Umwelt geschont, Futterkosten gespart. „Mit den nach Aufstallungsgewichten gestaffelten Futterkurven kann ich die Ferkel 2 Euro günstiger füttern als der Durchschnitt in unserem Arbeitskreis“, sagt der Ferkelerzeuger.

Die Fütterungsanlage sei zwar 10 bis 15 Prozent teurer als vergleichbare Anlagen von anderen Herstellern, aber dafür bietet sie viele Möglichkeiten. „Wichtig ist, dass man sich intensiv mit der Technik auseinandersetzt und sie versteht, um die Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Das ist wie mit der Formel 1 oder dem Trecker Treck. Man kann noch so ein leistungsstarkes Gefährt dastehen haben. Wenn man es nicht richtig einstellen kann, nutzt der Leistungsvorteil nichts.“

Bernd Förthmann verbringt viel Zeit mit der Datenauswertung.

An den Einstellungen und Auswertungsmöglichkeiten in seinen Ställen möchte Bernd Förthmann weiter feilen, um die vorhandenen Daten besser miteinander zu verknüpfen. „Hier kommt das Trinkwasser wieder ins Spiel.“ Die Fütterungsanlage dosiert das Futter im Trog flüssig aus und erfasst das benötigte Wasser.

„Mir fehlte aber noch das reine Trinkwasser. Die Firma hdt-Anlagenbau, die wir mit der Klimatechnik im neuen Stall betraut hatten, hatte dafür eine Lösung samt der passenden Wasseruhren.“ Jetzt kann Bernd Förthmann am Computer im Stallbüro neben den Kurven der Fütterungsanlage und der Klimatechnik auch die des Trinkwasserverbrauchs in den Abteilen aufrufen.

„Das funktioniert schon sehr gut. Zum Glück kann ich mich voll auf diese Arbeit konzentrieren. Trecker fahren brauche ich ja nicht mehr. Meine Vision ist, alle Daten zu verknüpfen und in einer Kurve zu visualisieren. Dann könnte ich daran auf einen Blick ablesen, ob es Abweichungen von der hinterlegten Sollkurve gibt“, sagt Bernd Förthmann. „Was mir noch fehlt, sind Berufskollegen, die diese Zahlen auch ermitteln. Dann erst kann ich mich vergleichen und weiß, wo ich wirklich stehe.“

Ziel Kostenführerschaft

Sein Ziel ist die Kostenführerschaft. „Das darf aber nicht auf Kosten des Schweins gehen. Man kann sowieso nur mit gesunden Tieren, die sich wohl fühlen, Geld verdienen“, betont Bernd Förthmann.

Sein Wahlspruch lautet: Ökonomie geht vor Biologie, aber ohne Biologie keine Ökonomie. „Biologische Leistung ist nicht alles.“ In den Arbeitskreisen würde es immer um die abgesetzten Ferkel gehen. „Das ist wie mit den 1.000 PS. Da gewinnen die mit 38 oder sogar 40 Ferkeln immer. Die Frage ist aber, mit welchem Aufwand und ist das dann noch tiergerecht“, fragt er sich.

Deshalb schaut er auf die Kosten und da ist Bernd Förthmann plötzlich auf der Überholspur mit einem Deckungsbeitrag, der immer gut 200 Euro über dem seiner Kollegen liegt. „Wir machen zurzeit auch 30 Euro Verlust an jedem Ferkel, aber ich hoffe, dass ich dank der Kostenführerschaft lange genug durchhalten kann.“ ●

Martina Hungerkamp, Redakteurin agrarheute

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