Logo agrarheute digitalmagazin

Artikel wird geladen

Mykoplasmen-Impfung angepasst

Das Impfkonzept gegen Mykoplasmen sollte auf den jeweiligen Betrieb zugeschnitten sein, zum Beispiel darauf, ob die Ferkel ein- oder zweimal geimpft werden.

Auf den Punkt

  • In einem Mastbetrieb führte eine komplexe Erregerlage zu erheblichen Atemwegsproblemen.
  • In der Diagnostik erwiesen sich Mykoplasmen als Schrittmacher für die Infektionen.
  • Ein neues Impfkonzept führte zu geringeren Verlusten und höheren Tageszunahmen.

Der heute beschriebene Fall beschäftigt sich mit der relativ häufig vorkommenden Situation, dass kurze Zeit nach dem Einstallen der Läufer Atemwegsprobleme in der Mast auftreten. Meist sind unterschiedliche Erreger daran beteiligt, was es nicht leicht macht, die richtige Behandlungs- beziehungsweise Bekämpfungsstrategie zu entwickeln.

Neben den Gesundheitsproblemen im Stall mehren sich die negativen Rückmeldungen zur Schlachtkörpergesundheit vom Schlachthof. Hinzu kommt oftmals eine erhöhte antibiotische Therapiehäufigkeit und die damit verbundene Auflage, den Überwachungsbehörden entsprechende Maßnahmenpläne vorzulegen. Auf all dies können Mäster gut und gerne verzichten.

Massive Atemwegsprobleme

Was ist im konkreten Fall passiert? Es handelt sich um einem Betrieb mit 2.400 Mastschweinen, der seine Läufer bereits seit vielen Jahren von einem Ferkelerzeuger bezieht. Beide Betriebe liegen in einer viehdichten Region. Die Ferkel wurden beim Erzeuger ab dem 14. Lebenstag mit einem frisch gemischten Kombinationsimpfstoff gegen PCV2 und Mykoplasmen (M. hyo) vakziniert. Zudem waren sie gegen das PRRS-Virus geimpft (EU-Stamm).

Mit beginn des Jahres traten in der Vormast massive Atemwegsprobleme auf. Die Folge waren deutlich erhöhte Verluste von zum Teil über 7 Prozent und spürbare Leistungseinbußen. Es musste in erheblichem Umfang und wiederholt antibiotisch therapiert werden, um die Klinik zu kontrollieren und die (erheblich beeinträchtigten) Produktionsergebnisse zu sichern.

Mykoplasmen als Schrittmacher

Um der Ursache auf den Grund zu gehen, wurden über mehrere Monate verschiedene diagnostische Untersuchungen sowohl im Ferkelerzeuger- als auch im Mastbetrieb durchgeführt. Hierbei zeigte sich eine niedrige PRRS-Viruslast; zudem konnten das Circovirus (PCV2) und Mykoplasmen nachgewiesen werden. Letztere waren verbunden mit den typischen histologischen Schäden am Lungengewebe und am Flimmerepithel der Bronchien, was zu einer schlechteren Barrierefunktion der Atemwegsschleimhaut führt. Bei den genommenen Blutproben erfolgte der serologische Nachweis von APP (Serotyp 12).

Bei Atemwegsproblemen ist eine gründliche Diagnostik unerlässlich, um die beteiligten Erreger zu identifizieren und die richtige Impfstrategie festzulegen.

Auch die Schlachtlungenchecks zeigten deutliche Lungenveränderungen. 43,5 Prozent der Lungen wiesen hochgradige Pneumonien und mehr als 15 Prozent mittel- bis hochgradige Brustfellentzündungen (Pleuritiden) auf.

Aufgrund dieser Befunde und der wiederholt durchgeführten klinischen Beurteilung der Tiere wurde M. hyo in Verbindung mit PCV2 als ursächlich krankmachend angenommen. Die Mykoplasmen fungierten praktisch als Schrittmacher für die Infektion mit den weiter beteiligten Erregern.

Näher beleuchtet und für gut befunden wurden die Hygiene- und Gesundheitsmaßnahmen im Ferkelerzeuger- sowie im Mastbetrieb. Bei der Fütterung und Haltung, beim Stallklima und bei den baulichen Rahmenbedingungen gab es ebenfalls keine Hinweise für die Ursache der vermehrten Atemwegserkrankungen der Mastschweine. Das Problem musste anders gelöst werden.

Neues Impfkonzept bewährt

Im weiteren Verlauf wurde daher entschieden, das Impfkonzept bei den Ferkeln zu verändern und auf eine Two-Shot-Variante (Variodose) umzustellen. Das bedeutet im vorliegenden Fall, dass die Ferkel jetzt am 4. und 22. Lebenstag mit einer gebrauchsfertigen Kombinationsvakzine gegen PCV2 und Mykoplasmen geimpft werden. Neben dieser Maßnahme wurden keine weiteren die Gesundheit beeinflussenden Veränderungen im Mastbetrieb etabliert.

Mit dem Einstallen von Ferkeln, die nach dem neuen Impfkonzept „behandelt“ wurden, stabilisierte sich die klinische Situation umgehend. Die Tierverluste sanken von ehemals 7,5 Prozent in den erkrankten Gruppen auf jetzt 2,3 Prozent. Deutlich verbessert haben sich auch die biologischen Leistungsdaten der Mastschweine. So stiegen die Masttagszunahmen im Zuge des neuen Impfkonzepts von im Schnitt 858 g auf jetzt 922 g.

Die neue Impfprophylaxe führte auch dazu, dass der vorher häufig notwendige Einsatz von Antibiotika auf ein Minimum reduziert werden konnte. Die Behandlungstage je Tier verringerten sich von 6,83 auf 1,53, sprich um fast 80 Prozent. Betrachtet man die gezielt zur Therapie von Atemwegsstörungen verwendeten Antibiosen für sich, ging deren Einsatz sogar um 94 Prozent von 6,22 auf 0,40 antibiotische Behandlungstage pro Tier zurück.

Gesündere Tiere zur Schlachtung

Um die klinische Situation im Mastbestand besser beurteilen zu können, wurden zusätzlich Schlachtlungenscorings durchgeführt. An den drei Untersuchungsterminen wurde festgestellt, dass sich die verbesserte Atemwegsgesundheit der Tiere zeitversetzt auch bei den Schlachtlungen zeigte. Neben der allgemein verbesserten Lungengesundheit konnte auch der Anteil von Brustfellentzündungen deutlich vermindert werden.

Der beschriebene Fall zeigt, wie in einem Mastbestand mit komplexer Erregerlage und einem massiven Atemwegsgeschehen das Problem gelöst werden kann. Auf der Grundlage einer drei Säulen umfassenden Diagnostik – klinische Beobachtungen, Laboruntersuchungen und Schlachtlungenchecks – konnten die ursächlichen Erreger identifziert und das Impfkonzept entsprechend angepasst werden. Der Lohn sind geringere Tierverluste, höhere Zunahmen, weniger Antibiotika und eine deutlich verbesserte Lungengesundheit. (br) 

Digitale Ausgabe agrarheute Schwein

Schön, dass Sie in die digitale agrarheute reingelesen haben. Ihr überregionales Fachmagazin für moderne Landwirtschaft liefert Ihnen jeden Monat Informationen aus Politik, Technik und Tierhaltung und Ackerbau. So bleibt Ihnen mehr Zeit für das Wesentliche: die Landwirtschaft.

✔ Immer und überall verfügbar
✔ Artikel teilen
✔ Zusätzliche digitale Inhalte gegenüber der gedruckten Ausgabe
✔ Artikel merken und später lesen