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Fit für die Zukunft

Jürgen Thum (links), hier mit Berater Bernd Probst von den Tierärzten Hohenlohe, hat die Kondition seiner Sauen im Deckzentrum im Griff.

Auf den Punkt

  • Jürgen Thum hat im Jahr 2019 mit einem neuen Sauenstall die Weichen für die Zukunft gestellt.
  • Mit Bewegungsbuchten und der Gruppenhaltung im Deckstall setzt er die neuen Vorgaben um.
  • Zudem setzt er auf zeit- und platzsparende Verfahren wie die Bodenfütterung der Sauen.

Für die tragenden Sauen ist es das Highlight des Tages: Jeden Morgen gegen 8 Uhr öffnen sich im Wartestall die Volumendosierer über ihren Köpfen und das Futter fällt zu Boden – genauer gesagt auf die trockene Festfläche der großen Gruppenbuchten, die jeweils 60 Sauen reichlich Platz bieten. Von Futtertrögen fehlt jede Spur. Es gibt weder Stress noch Rangeleien. Für die nächsten rund 1,5 Stunden sind die Tiere mit Fressen beschäftigt. Nur wohliges Schmatzen erfüllt den Raum.

Im Wartestall werden die Sauen in Großgruppen à 60 Tiere gehalten und über spezielle Volumendosierer auf dem Boden gefüttert.

Die Bodenfütterung, worauf später noch näher eingegangen wird, ist für Jürgen Thum nur ein Aspekt, seinen Sauen mehr Tierwohl zu bieten und die Ställe beziehungsweise Haltungsbedingungen fit für die Zukunft zu machen. Der 31-jährige Landwirtschaftsmeister, der sich selbst als Quereinsteiger bezeichnet, hat im Jahr 2019 im mittelfränkischen Ergersheim-Neuherberg (Landkreis Neustadt an der Aisch) einen älteren Sauenstall gekauft, vollständig entkernt und zum Wartestall inklusive Deckzentrum umgebaut.

Schmuckstück der Anlage für 560 Sauen ist jedoch der neue Abferkelstall mit 144 Bewegungsbuchten, der unmittelbar an den Wartestall angebaut wurde. Zusammen mit einem Pachtstall für rund 300 Sauen in der näheren Umgebung hält der junge Landwirt heute insgesamt knapp 900 Sauen. Hinzu kommt die Ferkelaufzucht mit 3.000 Plätzen etwa 1 km vom neuen Sauenstall entfernt.

Die 6,5 m2 großen Bewegungsbuchten bieten Sau und Ferkeln ausreichend Platz. Die Sauen haben jederzeit Zugang zu Stroh als Beschäftigungsmaterial.

Umgängliche, mütterliche Sauen

Der Um- und Neubau dauerte nur wenige Monate. Im April 2019 mit den Arbeiten begonnen, haben im Dezember 2019 bereits die ersten Sauen abgeferkelt. „Umgesetzt wurde dies durch die Firma Danbauer, die uns den neuen Stall sozusagen schlüsselfertig übergeben hat“, sagt ein zufriedener Jürgen Thum. Zuvor hatte er sich ähnliche Ställe, auch in Dänemark, angesehen. Die Betreiber verfügten bereits über langjährige Erfahrungen mit dieser Bauweise und insbesondere den installierten Bewegungsbuchten.

Bei der Genetik entschied sich der junge Landwirt für die TN70-Sau von Topigs Norsvin. „Ich brauche eine umgängliche, ruhige Sau mit guten Muttereigenschaften und vielen Zitzen, die in der Lage ist, ihre geborenen Ferkel selbst aufzuziehen“, sagt Jürgen Thum. Die bisher erzielten Leistungen geben ihm recht (siehe Betriebsspiegel).

Mit über 33 abgesetzten Ferkeln pro Sau und Jahr liegt er im Soll. „Für mich ist entscheidend, dass die Ferkel mit hohen, ausgeglichenen Geburtsgewichten von etwa 1,4 kg zur Welt kommen, ich ohne Ammen auskomme und die Tiere beim Absetzen nach vier Wochen im Schnitt 8 kg schwer sind. Es sollten nur wenige untergewichtige Ferkel dabei sein“, betont der Sauenhalter.

Die am Gang positionierten 1,1 m2 großen Ferkelnester sind mit einer isolierten Kunststoffplatte versehen und werden mittels elektrischem Dunkelstrahler beheizt.

Hinzu komme, dass die Sauen selbstständig und problemlos abferkeln, also ohne Geburtsüberwachung und Eingriffe, denn ab 17 Uhr sei keiner mehr im Stall. „Wir müssen zum Beispiel keine Sauen mit Oxytocin oder später gegen MMA behandeln.“

Bewegung zahlt sich aus

Neben der Natur seiner Sauen liegt dies in hohem Maße auch an den Haltungsbedingungen und dem Management im Stall. Hier zieht Jürgen Thum alle Register. Das beginnt bei den 6,5 m² großen Bewegungsbuchten. Bei der Wahl der Buchtengröße haben er und sein Stallbauberater Hans Knudt Krag bereits „auf Sicht gebaut“, denn in der damals noch nicht verabschiedeten neuen Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung standen noch 5,5 m² zur Debatte.

„Heute bin ich darüber heilfroh, denn unsere Buchten entsprechen genau den künftigen Vorgaben“, sagt der Sauenhalter. Nach mehr als zwei Jahren Erfahrung weiß er die Vorzüge seiner Abferkelbuchten zu schätzen. „Die säugenden Sauen sind durch mehr Bewegung gesünder und haben eine höhere Futteraufnahme.“ Positiv hebt Jürgen Thum auch die bessere (schnellere) Tierkontrolle und die sauberen Buchten hervor. Auch die Ferkelverluste liegen mit rund 10 Prozent im Rahmen.

Eine stationäre Hochdruckreinigungsanlage ermöglicht, dass zwei Personen gleichzeitig die Stallabteile waschen können. Das spart Zeit.

Ein Nachteil wäre, wenn die Ferkel nach dem Öffnen der Sauenstände in der Abferkelbucht geimpft werden müssten. Dies umgehe er aber, indem die Ferkel erst nach dem Absetzen im Flatdeck gegen Mykoplasmen und Circo vakziniert würden. „Wir nehmen die Ferkel nach der Geburt nur einmal in die Hand, um die Ohrmarken einzuziehen, Eisen zu geben und sie unter Einsatz von Isofloran zu kastrieren“, erklärt Jürgen Thum.

Das passiert am Montag, nachdem die meisten Sauen am Freitag abgeferkelt haben. Vorher, etwa 24 Stunden nach der Geburt, erfolgt lediglich der Wurfausgleich nach dem Motto: „So wenig wie möglich, aber so viel wie nötig.“ An den Altsauen sollen 13 bis 14 und an den Jungsauen 15 bis 16 Ferkel liegen. Am Dienstag werden dann die Stände der Sauen wieder geöffnet, nachdem die Tiere nur vier Tage im Zeitraum um die Geburt fixiert waren.

Sauen per Sensor gefüttert

Großes Augenmerk legt Jürgen Thum auf die Fütterung der säugenden Sauen. Vom Einstallen bis zum Tag der Geburt erhalten sie zunächst ein spezielles Geburtsvorbereitungsfutter mit einem hohen Anteil an gequetschter Gerste. „Das hält den Darm in Bewegung und trägt zu leichteren Geburten bei“, hat der Landwirt festgestellt. Auch das Laktationsfutter enthält noch 10 Prozent gequetschtes Getreide.

Gefüttert werden die Sauen über die sensorgesteuerte OptiMum-Trockenfütterung von Weda. „Das Futter wird hier auf Basis einer hinterlegten Futterkurve nach dem Fressverhalten der Tiere automatisch ausdosiert, in Mengen von jeweils maximal 500 g“, erklärt Jürgen Thum. Dies habe den großen Vorteil, dass das Futter im Trog immer frisch sei, die Tröge stets leer gefressen seien und nicht mehr gesäubert werden müssten, was wiederum erheblich Arbeitszeit spare.

Die säugenden Sauen werden per Sensor nach ihrem Fressverhalten gefüttert. Dadurch sind die Tröge immer leer gefressen und das aufwendige Säubern entfällt.

Die Futtermenge pro Sau wird nach der Geburt täglich um 0,5 kg erhöht, wobei die Rationen bis 4,5 kg auf zwei Mahlzeiten am Tag verteilt werden. Anschließend, wenn Mengen von bis zu 10 kg pro Sau erreicht werden, gibt es vier Mahlzeiten pro Tag. „Mithilfe dieses Systems halten wir die Sauen während der Säugezeit in guter Kondition und fördern ihre Milchleistung. Der Lohn sind vitale und homogene Ferkel“, sagt der Sauenhalter.

Hohe Geburtsgewichte sichern

Zu Letzterem tragen auch die hohen und ausgeglichenen Geburtsgewichte von im Schnitt 1,4 kg bei, die den neugeborenen Ferkeln einen guten Start ins Leben ermöglichen. Hierfür spielt für Jürgen Thum neben einer gezielten Eberauswahl die Fütterung der Sauen im Zeitraum um die Belegung und in den drei Wochen danach eine wichtige Rolle. „Hier wird der Grundstein für hohe Ferkelzahlen und Geburtsgewichte gelegt.“

So erhalten die Sauen nach dem Absetzen der Ferkel (donnerstags) drei Tage lang neben der täglichen Ration von 4,5 kg noch 200 g Traubenzucker on top. Im Zeitraum der Rausche und Belegung wird die tägliche Futtermenge pro Sau auf 2 kg abgesenkt, bevor sie für die folgenden drei Wochen wieder auf 4,5 kg erhöht wird. „So kommen die Sauen in optimaler Kondition in den Wartebereich“, erklärt der Landwirt.

Im Hinblick auf die neuen Haltungsvorgaben werden die Sauen nur wenige Tage im Deckzentrum fixiert. „Nach dem Belegen öffnen wir die Korbstände und die Sauen können in die 40 Tiere umfassende Gruppe, wobei das Gros der Sauen die meiste Zeit ungestört in den Ständen liegt“, sagt Jürgen Thum.

Bodenfütterung bewährt

Eine Besonderheit stellt die bereits eingangs erwähnte Bodenfütterung der Sauen im Wartestall dar. Immer morgens erhalten die Tiere, per Zeitschaltuhr gesteuert, ihre Tagesration von etwa 3 kg direkt auf den Boden der 5,50 m tiefen Liegekojen dosiert. Pro Großbucht (60 Sauen) sind dazu vier etwa 50 cm breite Volumendosierer installiert.

„Die Sauen nehmen das Futter aufgrund der trockenen Konsistenz langsam und gleichmäßig auf, bis der Boden wie geleckt aussieht“, erklärt der Sauenhalter. Futterverluste gebe es somit nicht. Zwischendurch würden die Sauen immer mal gemächlich zu den Tränken auf der gegenüberliegenden Buchtenseite gehen, aber ohne dass es zu Auseinandersetzungen zwischen den Tieren komme.

„Ganz wichtig ist, dass die Festfläche trocken ist und nicht verkotet wird“, betont Jürgen Thum. Um dies zu gewährleisten, wird der mit Spalten versehene Bereich alle halbe Stunde automatisch befeuchtet. „Das wird von den Sauen sehr gut angenommen, vor allem im Sommer.“

Um die Festfläche stets trocken zu halten und ein Verkoten zu verhindern, wird der Spaltenboden regelmäßig befeuchtet.

Im Abferkelstall sorgt eine mit der Ventillüftung kombinierte Möller-Hochdruckkühlung auch bei Hitze für ein Wohlfühlklima für die Tiere. Geheizt wird bei Bedarf über Twinrohre, wobei die Wärme aus einer benachbarten Biogasanlage stammt. Dort wird auch die im Betrieb anfallende Gülle verwertet.

Jürgen Thum hat es mit pfiffigen und auch zeitsparenden Ideen geschafft, seinen Schweinen nicht nur ein hohes Maß an Tierwohl zu bieten, sondern auch die Wirtschaftlichkeit fest im Blick zu behalten. Das versetzt ihn in die Lage, auch in angespannten Zeiten den Blick nach vorne zu richten. ●

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