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Mit Einsatz für mehr Tierwohl

Jan Ole Oestmanns Schweine genießen Frischluft.

Auf den Punkt

  • Nach der Fachschule entschied sich Jan Ole Oestmann dazu, einen Tierwohlstall zu bauen.
  • Seit April 2022 ist der neue Maststall im Heidekreis in Niedersachsen in Betrieb.
  • Mit dem Stall hat der Junglandwirt die Möglichkeit, Tiere der Haltungsstufe 4 zu vermarkten.

Ein warmer Tag im Juni: Die Schweine verbringen diesen Nachmittag im Auslauf und suhlen sich. Mitte April 2022 nahm Jan Ole Ostmann den neuen Tierwohlstall in Rethem im Heidekreis in Niedersachsen in Betrieb. „Vor einigen Jahren noch war der Stall als konventioneller Maststall geplant“, sagt der junge Landwirt, „doch schon in meiner Jahresarbeit in der Fachschule beschäftigte ich mich mit einem Kostenvergleich zwischen einem konventionellen Maststall und einem Tierwohlstall mit Auslauf.“

Nach dem Abschluss der Fachschule bekam der junge Landwirt die Gelegenheit, einen benachbarten Betrieb zu übernehmen. „Ich wurde von einem Nachbarn angesprochen, ob ich es mir vorstellen könnte, seinen Betrieb zu übernehmen. Das war eine große Chance für mich und ich sagte zu. Seitdem bin ich mit dem Betrieb und 160 ha Ackerbau selbstständig“, sagt er.

Entscheidung für Neubau

Da es für den jetzigen Standort des Stalls bereits eine positive Bauvoranfrage gab, entschied sich Jan Ole Oestmann dazu, dieses Bauprojekt nun für seinen eigenen Betrieb zu realisieren. „Auf unseren sandigen Böden gehört die Tierhaltung zu einem schlüssigen Betriebskonzept dazu. Außerdem wird es in Zukunft nicht einfacher werden, einen Stall genehmigt zu bekommen und zu bauen“, sagt der 27-jährige Landwirt.

Schnell stand bei der Planung des neuen Maststalls die Überlegung im Raum, einen Tierwohlstall zu bauen. „Ich wollte mich damit auch für die Zukunft sicher aufstellen“, sagt er. „Die gesellschaftlichen Anforderungen und auch die Standards des Lebensmitteleinzelhandels gehen immer mehr in Richtung einer tierwohlgerechten Haltung und eines Auslaufs für die Schweine. Ich stellte daher mithilfe meines Beraters alle Kosten auf und überlegte, ob ein Tierwohlstall für meinen Betrieb infrage kommt“, berichtet er. Ein wichtiger Grund für die Entscheidung für einen Tierwohlstall war die Förderung, die er dafür erhielt.

„Um Kosten zu sparen, vergab ich alle Arbeiten einzeln an verschiedene Bauunternehmer aus der Region“, erklärt Jan Ole Oestmann. „Letztes Jahr im August begannen die Maurerarbeiten. Dabei konnten meine Familie und ich bei einigen Arbeiten mit anpacken. Auch das hat geholfen, Kosten zu sparen“, sagt er.

Im April nahm Jan Ole Oestman den neuen Tierwohlstall in Betrieb.

Im Februar 2022 begann dann das Einrichten des Stalls. „Das war ein straffer Zeitplan, denn die ersten Ferkel hatten wir für den 19. April 2022 bestellt“, erinnert sich Jan Ole Oestmann. Mit viel Einsatz und Organisation wurde der Stall aber rechtzeitig fertig. „Kurz vor Ostern dieses Jahres waren alle Bauarbeiten am Stall abgeschlossen, sodass wir kurz vor dem Einstallen der ersten Ferkel noch einen Tag der offenen Tür ausrichten konnten.“

Rund 400 Besucher aus der Umgebung besuchten damals den Stall, schauten sich alles an und stellten Fragen. „Das wurde auch von interessierten Verbrauchern gut angenommen. Viele von ihnen stellten Fragen und zeigten sich sehr offen für diese Haltungsform“, sagt der junge Schweinehalter.

Im Inneren gleicht der Stall einem konventionellen Maststall.

Ein paar Tage nach dem Tag der offenen Tür zogen die ersten Ferkel ein. „Wir beziehen die Mastläufer von einem Ferkelerzeuger aus dem Landkreis, der alle seine Ferkel an meinen und den Betrieb meines Vaters liefert. Wir bilden mit ihm quasi ein geschlossenes System“, erklärt Oestmann.

Eingestreuter Auslauf

Mit 28 kg kommen die Jungtiere auf den Betrieb. Je Bucht stallt der Schweinehalter 62 Tiere ein. „Damit haben die Schweine 1,5 m² Platz pro Tier, was den Standards der höchsten Haltungsstufe 4 entspricht. Zudem lassen wir die Tiere ab dem ersten Tag in den Auslauf und haben bisher gute Erfahrungen damit gemacht“, sagt er.

Der Stall besteht aus einer festen Bauhülle, an die auf jeder Längsseite des Stalls überdachte Ausläufe angeschossen sind. „Der Stall entspricht im Kern einem konventionellen Maststall mit zwölf Abteilen. In jedem Abteil befinden sich zwei Buchten, aus denen eine Tür nach draußen in den Auslauf führt“, erklärt der Junglandwirt.

Ab dem ersten Tag nach dem Einstallen haben die Schweine Zugang zum eingestreuten Auslauf.

Die Buchten sind innen mit Vollspalten ausgestattet. Hier sind auch die Tränken und drei Breiautomaten je Bucht untergebracht. „Um den höchsten Tierwohlansprüchen gerecht zu werden, haben die Schweine hier zudem Zugang zu Nippel- und offenen Beckentränken“, sagt Oestmann. Für die Teilnahme an der Initiative Tierwohl bietet er seinen Schweinen hier auch Heu aus einer frei schwingenden Raufe an.

Der Außenbereich verfügt über ein Gefälle von 3 Prozent. Im oberen Bereich am Stall ist unter der Decke ein automatisches Einstreusystem installiert. „Damit wird 20-mal am Tag nachgestreut“, sagt er.

„Wir probieren mit der optimalen Strohmenge derzeit noch viel aus. An wärmeren Tagen wie heute und bei den größeren Schweinen entsteht noch recht viel Mist. Pro Streuintervall werden rund 20 l Häckselstroh ausdosiert. Einmal in der Woche wird derzeit gemistet. Eventuell passe ich sowohl die Einstreuintervalle als auch das Misten noch einmal an. Das muss sich in den ersten Durchgängen noch einspielen“, erklärt er.

Mit dem großen Platzangebot und dem Auslauf erfüllt der Stall von Jan Ole Oestmann die Standards des Lebensmitteleinzelhandels der Haltungsstufe 4. „Ich habe mich hier am Stall auch mit Vertretern des Lebensmitteleinzelhandels getroffen, die Interesse an der Vermarktung meiner Schweine hatten“, sagt der Mäster.

Die Vergütung hätte die Mehrausgaben für die hohen geforderten Auflagen jedoch nicht gedeckt. „Zudem wären die Schweine – trotz der Haltungsbedingungen nach höchsten Standards – mit der Haltungsstufe 3 gelabelt worden, denn viele Lebensmitteleinzelhändler vermarkten statt der Haltungsstufe 4 lieber Schweinefleisch aus ökologischer Erzeugung“, berichtet er.

Schwierige Vermarktung

Für ihn lohnte sich die Teilnahme an dieser Vermarktungsschiene nach den letzten Gesprächen wirtschaftlich nicht. „Ein weiterer Punkt in diesen Programmen ist die zertifizierte gentechnikfreie Fütterung“, sagt er. „Dieses Futter ist derzeit knapp, schwer erhältlich und damit teuer.“ Aus diesen Gründen vermarktet der junge Schweinehalter seine Tiere in der Haltungsstufe 2. „Das ist schade und tut auch weh. Ich würde mir wünschen, dass der Einsatz von uns Landwirten für mehr Tierwohl mehr gewürdigt wird.“

Den Bau des Tierwohlstalls bereut er trotzdem nicht. In den nächsten Jahren will er den Stall weiterhin mit Auslauf betreiben. „Ich hoffe, dass sich die Preise irgendwann verbessern und Fleisch aus Deutschland und aus einer tierwohlgerechten Haltung mehr wertgeschätzt wird“, sagt er. Für die Tiere sieht er diese Haltung sehr positiv. „Im Inneren ist der Stall nicht anders als andere Mastställe. In meinen Augen sind die Tiere hier aber ruhiger, ausgeglichener und menschenbezogener als in den konventionellen Ställen, die ich vom Betrieb meiner Eltern kenne.“ ●

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