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Wertastung & Positivläuterung mit Akkuschere und Spacer

Abb. 1: Akkuscheren sind bei Wein- und Obstbauern schon länger verbreitet. Auch in der Forstwirtschaft gibt es sinnvolle Einsatzgebiete. Geeignet sind im Wald aber nur die stärkeren Modelle.

Wälder, die nach Kalamitäten entstehen oder begründet werden, wachsen oft großflächig ohne Schirm oder Seitenschutz auf. Einerseits sind sie häufig sehr stammzahlreich (z. B. natürliche Verjüngung von Pionierbaumarten), andererseits sind die dem Wirtschaftsziel entsprechenden Baumarten oft nur in geringer Stückzahl vorhanden. Nach Großkalamitäten verursachen sie in der Begründungs- und Jugendphase enorme Arbeitsspitzen.

Problemstellung

In der Kultur- und Jungwuchsphase von Waldbeständen erfolgen mehr oder weniger intensive Eingriffe zur Regelung von Konkurrenz und Mischung. Nach der Jungwuchsphase wird in die Bestände beim Nadelholz bis zur ersten Durchforstung mit verwertbaren Sortimenten, beim Laubholz bis zum Erreichen der angestrebten astreinen Schaftlänge oft nicht mehr eingegriffen.

Die Erfahrung zeigt, dass bei unbeeinflusster Konkurrenz qualitativ gut veranlagte vitale Bestandsglieder gegenüber wüchsigeren, aber qualitativ nicht befriedigenden Bäumen zurückfallen. Bei der ersten Durchforstung ist es dann oft nicht mehr möglich, die anzustrebende Anzahl von 50 bis 70 stabilen, gut bekronten und Wertholz produzierenden Z-Bäumen je Hektar zu finden. Ist das Wirtschaftsziel Wertholz, müssen zumindest totasterhaltende Baumarten geastet werden. Beim Beginn der Astung mit der ersten Durchforstung ist die berühmte Bierdeckelstärke im unteren Stammbereich deutlich überschritten. Je dicker die Stammwalze bei Beginn der Astung ist, desto größer muss die Zielstärke sein. Dies führt zu längeren Produktionszeiträumen und größeren Baumhöhen.

Verfahrensbeschreibung

Das Arbeitsverfahren „Wertastung und erste Positivläuterung mit Akkuschere (Abb. 1) und Spacer“ setzt auf

  • die Nutzung der Vorteile einer frühen Z-Baum-Auswahl --> Sicherung der Wertträger
  • die Astung zum optimalen Zeitpunkt -->Verkürzung der Produktionszeit und Minimierung von Risiken

Durch den Einsatz moderner Arbeitsmittel wird die Qualität der Astung verbessert und es ergeben sich ergonomische Vorteile gegenüber üblichen Vorgehensweisen. Die Implementierung aller notwendigen Arbeitsschritte in das Verfahren bietet erhebliche Rationalisierungseffekte und damit wirtschaftliche Vorteile. Das Arbeitsverfahren gliedert sich in zwei Arbeitsabschnitte (Abb. 2).

Arbeitsabschnitt 1:

Ein überschaubarer Abschnitt der späteren Rückegasse wird mit Sprühfarbe markiert. Es entsteht ein Arbeitsblock, der bei der ersten Gasse durch den Bestandsrand und bei den folgenden durch die vorherige Gasse begrenzt ist.

1. Im Arbeitsblock wird der erste Z-Baum gesucht.

2. Der Z-Baum wird mit der Akkuschere auf Reichhöhe geastet.

3. Der Z-Baum wird mit einem stammumfassenden Farbring markiert. Es empfiehlt sich eine großzügige Markierung mit Leuchtfarbe, weil der Baum im zweiten Arbeitsabschnitt noch einmal angegangen werden muss.

4. Der oder die zu entnehmenden Bedränger werden mit Sprühfarbe markiert.

5. Der Z-Baum wird mit Stückzähler gezählt oder seine Koordinaten werden erfasst.

Punkt 1 bis 5 werden so oft wiederholt, bis der Bereich der Rückegassenmarkierung überschritten wird. Dann wird zunächst wieder ein überschaubarer Abschnitt der Rückegasse markiert. Die Gasse wird in dieser Entwicklungsphase nicht aufgeschnitten. Das Einmessen und Markieren der Feinerschließung entfällt damit bei der ersten Durchforstung. Die Gassen müssen nur noch aufgeschnitten werden.

Arbeitsabschnitt 2:

Es erfolgt ein blockweises Aufsuchen der Z-Bäume und die Entnahme der Bedränger mit dem Spacer.

Die Arbeitsabschnitte 1 und 2 können in einem Zug oder entkoppelt durchgeführt werden. Führt man beide Abschnitte zur selben Zeit durch, ist ein Tätigkeitswechsel im Tagesverlauf möglich (z. B. zwei Blöcke markieren und asten, zwei Blöcke Bedrängerentnahme usw.). Die Bedrängerentnahme kann aber auch einige Zeit nach der Reichhöhenastung stattfinden (z. B. Astung zu Beginn der Vegetationszeit, um eine optimale Überwallung zu gewährleisten und Entnahme der Bedränger im Spätherbst aus Forstschutzgründen). Alleinarbeit ist aus arbeitsschutzrechtlicher Sicht möglich, wenn der Einsatz des Spacers in klassischen Läuterungsbeständen erfolgt. Die Gefährdungsbeurteilung zum Einsatz des Spacers muss für die jeweilige örtliche Situation geschehen.

Leistungsdaten und ergonomische Untersuchungen

Nach Erprobung der Praxistauglichkeit des Arbeitsverfahrens wurden in Zusammenarbeit mit der Abteilung Arbeitswissenschaft und Verfahrenstechnologie der Universität Göttingen Produktivitätsdaten und ergonomische Parameter des Verfahrens erhoben. Die Zeitstudien erfolgten auf verschiedenen Waldflächen in 13- bis 15-jährigen Douglasienbeständen mit Mischbaumarten (Pionierbaumarten und Fichte). Von den geasteten Bäumen wurden die in Tab. 1 aufgeführten Parameter erhoben.

Die Zeitnahme erfolgte getrennt nach den in Tab. 2 aufgeführten Tätigkeiten. Es ergab sich ein Zeitbedarf von 7,93 Minuten reine Arbeitszeit pro Baum bei Normalleistung. Durch die Zeiterfassung, nach Tätigkeiten getrennt, steht ein auf die betrieblichen Verhältnisse anpassbarer Baukasten zur Kalkulation zur Verfügung. Besondere Bedingungen wie z. B. Hangneigung können durch Zuschläge berücksichtigt werden.

Bei den baumbezogenen Parametern konnten die Anzahl der Äste (inklusive Feinäste) und der Brusthöhendurchmesser (BHD) der zu astenden Bäume als produktivitätsbestimmend für die Tätigkeit „Astung“ identifiziert werden. Die Aststärke hat keinen Einfluss, wenn eine leistungsfähige Akkuschere benutzt wird. Die ergonomischen Untersuchungen haben ergeben, dass bei Normalleistung die Herzfrequenz bei allen Teilarbeiten im Bereich oder deutlich unter der Dauerleistungsgrenze liegt. Die Tätigkeiten am Baum waren weniger belastend als die Bewegung im Gelände. Beim Vergleich der Arbeitsmittel Akkuschere oder ARS Säge und Spacer oder leichte Motorsäge zeigte sich, dass beim Einsatz von Akkuschere und Spacer weniger belastende Körperhaltungen auftreten als beim Einsatz von ARS-Säge und leichter Motorsäge.

Abb. 2: Darstellung des Arbeitsverfahrens

Ausblick auf ein breites Einsatzspektrum

Voraussetzung für eine zielführende Anwendung des Verfahrens ist für den Arbeitsabschnitt 1 die waldbauliche Kompetenz der Ausführenden. Diese ist für den Erfolg des gesamten Arbeitsvorhabens entscheidend. Das Arbeitsverfahren wurde in Douglasienbeständen entwickelt und erprobt. Welche Baumarten geastet werden, ist eine betriebliche Entscheidung. Das Verfahren ist auch für andere Baumarten (Edellaubhölzer, Eiche, Lärche, Kiefer) praktikabel. Bei Totasterhaltern ist die Astung seit langem ein probates Mittel und außer im Hochgebirge für die Wertholzerzeugung unumgänglich. Bei den Totastverlierern wird in Deutschland meist auf die natürliche Astreinigung gesetzt. Gerade bei den Lichtbaumarten wird dadurch der Zeitraum des früh kulminierenden größten Höhen- und Massenzuwachses für den Kronenausbau supervitaler Z-Bäume verschenkt. Auf guten und sehr guten Standorten erreichen die herrschenden Individuen ohne Überschirmung schon im Alter von 20 Jahren Höhen von 12 bis 15 m. Durch das Verkürzen der Qualifizierungsphase mittels Astung lässt sich die zuwachsstärkste Zeit im Bestandsleben für die Produktion von astreinem Wertholz nutzen. Zusammen mit langen, gut ausgebauten Kronen als Motor für einen großen Massenzuwachs lässt sich Wertholz der Stärkeklasse 6+ auf guten Standorten in deutlich kürzeren Produktionszeiträumen als heute üblich erzeugen. Weitere Vorteile, die sich durch große Kronen und frühe Eingriffe zur Förderung ergeben, sind eine dem Kronenzuwachs entsprechende Wurzelausdehnung und damit Einzelbaumstabilität und Vitalität.

Vorteile auf einen Blick

Insgesamt ergeben sich folgende Vorteile:

  • Rationalisierungseffekte durch das Zusammenfassen von Arbeitsschritten, die üblicherweise in einzelnen Flächendurchgängen stattfinden: Feinerschließung markieren, Z-Baum-Auswahl und Auszeichnen, Astung
  • Optimierung der Wertleistung durch Erhalt der Wertträger und Astung zum optimalen Zeitpunkt
  • verringertes Forstschutzrisiko (geringere Gefahr von Pilzbefall durch glattere Schnittflächen, keine Rindenverletzungen und schnelle Überwallung)
  • Verringerung des Betriebsrisikos durch kürzere Umtriebszeiten

Das FBZ in Arnsberg-Neheim gehört im Landesbetrieb Wald und Holz NRW zum Zentrum für Wald und Holzwirtschaft. Aufgabenschwerpunkte sind die forstliche Aus- und Fortbildung die Forschung und Entwicklung im Bereich Forsttechnik und Arbeitsverfahren und die Prüfung von Arbeitsmitteln und Verfahren für die forstliche Praxis. Auch zum hier vorgestellten Verfahren bietet das FBZ Schulungen an.

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