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Aufforstung im Epizentrum der Waldschäden

Ein Bild zum Weinen: bei Tanne im Harz müssen quadratkilometergroße Kahlflächen wieder bestockt werden

Im August 2019 waren wir schon einmal bei Tanne im Harz. Damals, vor anderthalb Jahren, stand hier noch ein Wald. Der Borkenkäfer hatte ihn zwar stark durchlöchert, und die Forstunternehmer hatten auf manchen Flächen schon mehrmals Käferholz geschlagen. Zwischen den Kahlflächen erstreckten sich aber noch große, grüne Fichtenbestände. Vorbei. Als wir Anfang Mai in den gleichen Waldweg einbiegen wie im Sommer 2019, liegt der Harz kahl da, so weit das Auge reicht. Quadratkilometer wüstes Land, nur da und dort von kleinen Fichtendickungen unterbrochen. Die Waldwege sind gesäumt von langen Holzpoltern. An einer Stelle stopft ein polnischer Holzfahrer Schadholz in einen Seecontainer.

1.000 bis 1.500 Containerpflanzen kann André Wenzel täglich mit dem M-Planter setzen

Der Förster Tom Hartung nennt die Aussicht hier in knapp 500 m Höhenlage das „Epizentrum der Waldschäden“. Der Sturm Friederike im Januar 2018, die Dürre der folgenden Jahre und der Buchdrucker haben im Forstbetrieb Oberharz schon im 2019 rund 500.000 Fm Schadholz hinterlassen, 2020 kamen 1 Mio. Fm hinzu, und bis Mai dieses Jahres waren es erneut 500.000 Fm. Zwischen 7.500 und 8.000 ha Kahlflächen haben die drei letzten Jahre dem Staatsbetrieb bis heute beschert.

Pflanzaggregat M-Planter

Wenn man auf einer solchen Fläche steht, dann weiß man, was das bedeutet. Auch für Forstunternehmer wie André Wenzel aus Ballenstedt (forstservice-brennholz.de). Er hat seit 2018 mit zwei Harvestern und zwei Rückezügen sowie zwei Seilschleppern nur Schadholz aufgearbeitet. Auch dieses Jahr wird sich das voraussichtlich nicht wesentlich ändern. Ihm und seinen Kollegen ist aber klar, dass ihnen ein Umbruch bevorsteht und sie in ihrer Region bald nur noch Pflanz- und Pflegeaufträge finden werden.

 

Wenzel hat sich bereits darauf eingerichtet. Schon vor zwei Jahren begann er damit, die Schadflächen für die Pflanzung zu räumen. Letztes Jahr fasste er außerdem den Entschluss, ein Pflanzaggregat für seinen Harvester zu besorgen. Seine Wahl fiel dabei auf ein Produkt der Firma M-Planter aus Finnland. Das Unternehmen baut ähnliche Geräte wie Bracke Forest in Schweden und bietet sie in zwei Größen an. Das kleine Modell M-120 wiegt 900 kg und fasst 122 Container-Setzlinge, das größere, der M-160 wiegt 1.100 kg und fasst 160 Töpfchen. Die Pflanzenzahlen verdoppeln sich, wenn man an ein Trägerfahrzeug zwei Aggregate gleichzeitig anbaut. Für die Montage eignen sich entsprechend dimensionierte Bagger, mit dem richtigen Adapter kommen auch Harvester in Frage.

Das Pflanzaggegrgat wird mit neuen Containerpflanzen bestückt. Es fasst 120 Container

Kurzheckbagger

Wenzel hat sich schlussendlich anders als geplant für den Kurzheckbagger CAT 315 GC mit einem 600 mm breiten Raupenfahrwerk entschieden. Das ist ein kompaktes Fahrzeug mit 74 kW Motorleistung, das 15,4 t wiegt und dessen Kran mit dem M-Planter knapp 9,30 m weit reicht.

Er hat sich auch deshalb für dieses Neufahrzeug entschieden, weil er das Pflanzaggregat an Stelle des Baggerlöffels montieren und es mit dem dafür vorgesehenen Hydraulikzylinder nach vorne und hinten neigen kann. Eine weitere Schwenkachse bringt die Anbauplatte des M-Planters mit, sodass der Fahrer Guido Ringleben das Aggregat auch im hängigen Gelände so stellen kann, dass die Pflanzen gerade stehen. Die Umrüstung des Baggers beschränkt sich auf ein Steuerrelais im Heck und ein 24-V-Kabel zum Aggregat..

So sieht der M-Planter von unten aus. Durch die Öffnung wird die Pflanze in den Boden gebracht. Zwei seitliche Stahlbacken drücken sie dann an

Ringleben fährt beim Pflanzen rückwärts über die grob geräumte Fläche und setzt im Schwenkradius des Krans 2.500 bis 3.000 Lärchen je Hektar, 11.000 insgesamt. Dazu sollen später 8.000 Douglasien kommen. „Wenn man das eine Weile gemacht hat, kriegt man die vorgegebenen Pflanzabstände leicht hin“, sagt er.

Dann kippt er das Aggregat nach hinten und bereitet mit dem schaufelartigen Fuß den nächsten Pflanzplatz vor. Anschließend richtet er den M-Planter wieder auf, drückt ihn nach unten und löst per Knopfdruck an seinem Joystick die Pflanzung aus. Einige Sekunden später leuchtet eine kleine Lampe am Aggregat auf. Er weiß nun, dass aus dem Vorratsbehälter eine Containerpflanze in das im Inneren verborgene Pflanzrohr gerutscht ist. Das stößt, hydraulisch angetrieben, ein Loch in den Boden, lässt den Setzling frei und drückt ihn mit zwei Stahlbacken auch noch an. 1.000 bis 1.500 Pflanzen setzt Ringleben auf diese Weise täglich – alle schön in einer kleinen Vertiefung, in der sich Regenwasser sammeln kann.

Das ist eine von 11.000 Europäischen Lärchen, die André Wenzel hier pflanzt

Längere Pflanzsaison

Revierleiter Tom Hartung verspricht sich einiges von der Containerpflanzung. Container sind zwar teurer als wurzelnackte Pflanzen – und bisher auch nicht so leicht zu kriegen. Dafür besitzen die gewässerten Pflanzen einen feuchten Ballen mit unversehrtem Wurzelwerk. Deshalb fällt nicht nur der Pflanzschock geringer aus als bei Wurzelnackten, man kann im Frühjahr auch eher mit der Pflanzung beginnen und sie bis Ende Mai oder Anfang Juni ausdehnen. Ob das wirklich stimmt und welche Verfahren sich am besten eignen, untersucht gerade eine Forststudentin aus Göttingen.

André Wenzel mit seiner Tochter Jasmine am Pflanzaggregat, im Bagger wartet der Fahrer Guido Ringleben darauf, dass er wieder loslegen kann

Der Forstbetrieb Hochharz will jedes Jahr 350 ha wieder bestocken, immer mit mindestens fünf Baumarten auf einer Fläche. Es muss schnell gehen, damit sie nicht vorher schon vergrasen. 98 % der Arbeiten erledigen Dienstleister, vor allem Forstbaumschulen, aber auch Unternehmer wie André Wenzel. Es gibt viel Arbeit für seinen M-Planter. Von dem ist er schon jetzt so überzeugt, dass er sich entschlossen hat, den Vertrieb für Deutschland zu übernehmen.

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