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„Umbaumöglichkeiten entscheidend“

Auch Meisteranwärter, hier vom aktuellen Kurs in Bersenbrück, informieren sich regelmäßig in Echem zu Haltungsvorgaben. Derzeit viel diskutiert wird die dortige „Arena“, in der die Sauen drei Tage nach dem Absetzen frei laufen können.

Laut der vom Bundesrat beschlossenen Novelle der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung dürfen Sauen künftig im Deckzentrum nur noch sehr kurz fixiert werden. Zudem muss ihnen dort dann eine Fläche von mindestens 5 m² zur Verfügung stehen. In Letzterem sieht Berater Jan Hempler das größere Problem. Hempler ist am Landwirtschaftlichen Bildungszentrum Echem (LWK Niedersachsen) Koordinator der Lehrwerkstatt Schwein. Er sagt: „Diese Flächenvorgabe geht sogar über die Vorgaben der Ökoschweinehaltung hinaus. Es wird in Niedersachsen nicht viele Ferkelerzeuger geben, die diesen Platz im Deckstall haben.“

Aufgabe vieler Betriebe droht in Niedersachen

Daraus resultiert ein enormer Umbaubedarf – verbunden mit enormen Kosten. Dass es Fördermittel für die entsprechenden Umbauten geben soll, ist die eine Seite. Auf der anderen Seite sieht Hempler, der auch in der Beratung für ökologische und alternative Schweinehaltung tätig ist, aber das Problem, ob es eine Genehmigung für solche Umbauten geben wird und ob die räumliche Situation eines Betriebes einen Umbau überhaupt ermöglicht. Wo Letzteres nicht oder nur bei deutlicher Reduzierung der Sauenplätze machbar ist, werden viele Betriebe das Handtuch werfen, befürchtet er.

Jan Hempler ist in Echem Koordinator für die Lehrwerkstatt Schwein und außerdem in der Ökoberatung tätig.

Ein Tag reicht für Rangordnungskämpfe

Die neue Regelung, dass die Sauen nur noch direkt beim Besamen fixiert werden dürfen, sei für das Management zwar eine Herausforderung, aber eine, die zu meistern ist, meint Hempler. Die Echemer Sauenherde in der konventionellen Haltung umfasst 250 Tiere. Produziert wird im Wochenrhythmus – wegen der überbetrieblichen Ausbildung, denn die Auszubildenden sind jeweils nur für eine Woche Lehrgang in Echem. Das Deckzentrum in Echem umfasst 14 Plätze in den üblichen Kastenständen. Eine Gruppe besteht aus zwölf Sauen, dazu kommen zwei Reserveplätze. Die Kastenstände sind 78 cm breit und 2 m lang. „Im Moment gehe ich davon aus, dass der Trog bei der Kastenstandlänge mit eingerechnet wird, dann passt das bei uns,“ so Hempler. Der Laufgang hinter den Kastenständen ist 3 m breit.

Neben dem Kastenstandbereich ist in Echem eine Arena mit den Maßen 6,46 x 12,86 m eingerichtet. Hierher kommen die Sauen nach dem Absetzen. Samstags wird abgesetzt, bis dienstags bleiben die Tiere in der Arena. Neben dem Fütterungsautomaten und ausreichend Tränken ist sie mit einem „Düsser Wühlturm“ zur Gabe von Stroh ausgestattet und zusätzlich einer Heuraufe. „Die Rangordnungskämpfe sind üblicherweise nach 24 Stunden abgeschlossen, dann ist alles geklärt“, sagt Hempler. Der jederzeit zugängliche Futterautomat, Heu und Stroh sorgen dafür, dass ansonsten relative Ruhe in der Gruppe herrscht.

Belegt wird in Echem ab mittwochs, die Sauen werden in den Kastenständen fixiert, da es keine Selbstfangbuchten sind. Rauschekontrolle und Belegung finden in den Ständen statt, der Sucheber läuft im Gang vor den fixierten Sauen. Hier im Deckbereich bleiben die belegten Sauen bis zur Folgewoche montags. Danach geht es in den Wartestall.

Bei der Planung des Echemer Sauenstalles ging man noch nicht davon aus, dass es ein Fixierverbot im Deckbereich geben würde. Die damals schon vorgesehene Arena sollte den Sauen einige Tage freie Bewegung zwischen den Kastenstandzeiten im Abferkel- und im Deckbereich ermöglichen, um die Mobilität zu unterstützen und natürlich die Rausche zu fördern. Vom Platzbedarf her bräuchten in Echem nur geringe Anpassung an die neue Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung erfolgen.

Künftige Kastenstandmaße entscheidend

Dennoch wartet auch Hempler gespannt auf die Ausführungshinweise des Landes für die neuen Regelungen. Seiner Einschätzung nach ist damit frühestens Ende des Jahres zu rechnen. Da für Neubauten die ersten neuen Anforderungen aber schon ab dem 1. Januar 2021 gelten, müssten die Ausführungshinweise bis dahin eigentlich vorliegen. Ein offener, aber sehr bedeutsamer Punkt für die Praxis sind die Kastenstandmaße. Laut neuer Regelung sollen von den 5 m²/Sau mindestens 1,3 m² Liegebereich sein. Gibt es Selbstfang-Fressliegebuchten mit 2,20 m Länge als „Liegebereich“, käme man platzmäßig auch mit schmaleren Buchten zurecht. „Das würde für viele Praxisbetriebe deutlich mehr Flexibilität bei den nötigen Umbauten bedeuten, ggf. bräuchten die Tierzahlen nicht so stark reduziert werden“, schätzt Hempler. Obwohl im Echemer Stall die neuen Flächenvorgaben erfüllt sind, strebt er einen Umbau des Deckbereichs an: Arena und Deckbereich, die jetzt voneinander getrennt sind, sollen zu einem Areal zusammengeführt werden: „Wir könnten dann eine deutlich bessere Strukturierung des Raumes erreichen“, nennt er ein wesentliches Ziel. Mit ein, zwei Wänden könne man schon viel machen, es ließen sich zum Beispiel Liegekessel für mehrere Tiere mit Sichtschutz schaffen.

Wichtig wäre seines Erachtens, dass Sackgassen und scharfe Kanten vermieden werden, damit Rangkämpfe nicht zu Verletzungen führen. Unverzichtbar sind seiner Meinung nach die Kastenstände für die Besamung. Sind sie als Selbstfangbuchten gestaltet, bieten sie zusätzlich Rückzugsmöglichkeit. Das gebietet sich in seinen Augen auch aus Gründen des Arbeitsschutzes.

Obwohl in Echem die neuen Flächenvorgaben erfüllt sind, soll umgebaut werden: Arena und Kastenstandbereich sollen zu einem - dann strukturierterem - Areal zusammengelegt werden.

Neue Anforderungen auch an die Zucht

Zwangsläufige Folge der Umsetzung der neuen Haltungsvorgaben ist für ihn, dass Fundament und Klauen der Tiere mehr in den Blick rücken: „Auf eine Klauenpflege wird man dann nicht mehr verzichten können, Fundamentprobleme werden bei dem dann überwiegenden Freilauf viel stärker ins Gewicht fallen“, sagt er. Hier sieht er in erster Linie die Zuchtunternehmen gefordert.

Die befruchteten Eizellen der Sauen sind erst ca. 28 Tage nach dem Besamen fest eingenistet in der Gebärmutter. Sorge, dass es durch die geänderte Form der Haltung im Deckzentrum zu mehr Abstoßen der befruchteten Eizellen und in Folge zu mehr Umrauschen kommen könnte, hat Hempler nicht. In Echem liegt die Umrauschquote derzeit bei guten 7 %, sowohl im konventionellen, als auch im Ökobereich. Im Ökobereich arbeitet man in Echem im Deckzentrum mit Selbstfangbuchten und strukturierten Buchten mit Auslauf.

Grundsätzlich positiv an den neuen Haltungsvorgaben für den Deckbereich findet er, dass der Betreuer sich mehr mit den Tieren beschäftigen muss, mehr in den Sauengruppen ist, mehr beobachtet etc. Das führt seines Erachtens dazu, dass Probleme tendenziell eher erkannt werden. Die Tiere gewöhnen sich zudem mehr an ihre Betreuer, auf längere Sicht bedeutet das einen entspannteren Umgang. Die Genetik spielt dabei natürlich auch noch eine Rolle, sagt Hempler, eher ruhige und gelassene Genetiken werden künftig mehr gefragt sein. Einen großen Mehraufwand an Arbeitszeit sieht er übrigens nicht: „Die Arbeit wird anders, aber nicht zwingend viel mehr“, so seine Einschätzung.

Neue Vorgaben für den Deckstall

  • Der Bundesrat hat Anfang Juli neue Vorgaben für die Sauenhaltung beschlossen.
  • Auch im Deckstall sind Sauen künftig in Gruppen zu halten.
  • Eine Fixierung ist nur noch zur Behandlung oder Belegung erlaubt.
  • Im Deckstall muss pro Sau eine Fläche von mindestens 5 m2 zur Verfügung stehen.
  • Davon müssen 1,3 m2 Liegebereich sein.
  • Umbaukonzepte für den Deckstall müssen in drei Jahren vorliegen.
  • Bauanträge für Umbauten im Deckstall müssen in fünf Jahren vorliegen.
  • Es wird noch Ausführungshinweise der Länder zu den Neuregelungen in der Sauenhaltung und damit auch zum Deckstall geben.
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