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Keine Angst vor neuen Kulturen

Burkhard Fromme hat den Einstieg in den Sonnenblumenanbau gewagt. Jetzt hoffen er und seine Berufskollegen, dass sich vor Ort auch neue Vermarktungswege ergeben.

Die Sonnenblumen leuchten im Juli und August schon aus weiter Ferne und sorgen nicht nur bei dem Ackerbauern für gute Laune. Auch die Bevölkerung ist begeistert von dem Experiment, dass der Landwirt mit seinem Sohn Hendrik auf 4 ha Versuchsfläche im Jahr 2019 gestartet hat. Ausgelöst wurde das Ganze durch das starke Dürrejahr 2018. Seitdem versuchen auch andere Bauern, etablierte Früchte durch Kulturen zu ersetzen, die besser mit den schwierigen Bedingungen vor Ort zurechtkommen.

Den ersten Kontakt zu Sonnenblumen hatte Fromme durch seinen Sohn Hendrik, der mittlerweile den Hof seines Vaters übernommen hat. Er arbeitete damals noch beim Saatzuchtunternehmen Strube und testete neue Sonnenblumensorten auf den eigenen Flächen in Scheppau. Frommes Berufskollege Uwe Lickfett aus Büddenstedt war mutiger und hat schon drei Jahre vorher mit dem Versuchsanbau von Sonnenblumen begonnen. Der Pionier konnte seine Berufskollegen bereits durch seine ersten Erfahrungen auf Chancen und Risiken des Anbaus in der Region hinweisen.

Steckbrief

  • AEG Fromme-Altenbach-Unternehmen.
  • Betriebsleiter sind Hendrik und Burkhard Fromme.
  • Insgesamt vier Betriebe mit Lohnarbeit.
  • 380 ha LN in Scheppau und Umgebung.
  • Bodenpunkte variieren von 20 bis 90.
  • Stark wechselnde Bodenarten, tonlastig.
  • 540 mm Jahresniederschlag.
  • Vielseitige Fruchtfolge mit W-Weizen, W-Gerste, S-Gerste, Rüben, Körner- und Energiemais, Triticale, Sonnenblumen und Raps.

    Ra.

Exotische Frucht

Sonnenblumen gehören in Niedersachsen zu den Exoten. Doch der Klimawandel und die züchterischen Fortschritte machen es jetzt auch möglich, dass die Ölpflanze auch im Norden der Republik Fuß fassen kann. Lickfett und Fromme sind das Wagnis eingegangen, frei nach dem Motto: „Wer nichts wagt, der nichts gewinnt“. Schlecht gefahren sind sie anscheinend nicht mit dieser Devise, denn außer dem Schulterklopfen der Anwohner muss sich dass Ganze auch rechnen.

Im Jahr 2019 wuchs die Teilnehmerzahl auf acht Betriebe aus der Region von Schapen bis Barmke an, die sich mit jeweils 3 bis 4 ha oder auch mehr an der Aktion beteiligten. So wurde das Risiko eventueller Fehlschläge bewusst geringgehalten. Im laufenden Jahr ist die Zahl der Sonnenblumenfans weiter angestiegen und die Anbaufläche konnte von 50 ha auf 150 ha ausgeweitet werden, berichtet Burkhard Fromme stolz. Hierbei handelt es sich um den gezielten Anbau für den Mähdrusch zur Körnernutzung und für die Ölproduktion.

Die Hoffnungen der Einsteiger beruhen darauf, dass die Sonnenblume sehr extensiv angebaut werden kann und mit ihrer Pfahlwurzen auch Wasser und Nährstoffe aus unteren Bodenschichten bis 2 m Tiefe erreicht. Diese Eigenschaft passt hervorragend zu der Region Scheppau, weil dort stark wechselnde Bodenarten von Sand über Löss zu Ton vorkommen. Es überwiegen aber Tonböden, die zur Staunässe neigen. „Das macht die Bearbeitung so schwierig,“ berichtet Fromme. Höchsterträge seien unter solchen Verhältnissen selten möglich.

Geringer Aufwand

Die Erträge pendeln im aktuellen Jahr bei Gerste zwischen 5 und 7 t/ha. Bei Raps hat Fromme je nach Schlag 3 bis 4 t/ha geerntet, bei Winterweizen sind es 5 bis 7 t/ha. Von der Sonnenblume muss er zur Deckung der Kosten mindestens 3 t/ha ernten, rechnet der Praktiker vor. 2019 ist ihm das mit 2 bis 4 t/ha ganz gut gelungen. Der Erzeugerpreis ist vergleichbar mit Raps und bewegt sich zwischen 350 bis 370 €/t. Die Erlöse liegen etwa auf Rapsniveau.

Die Ölfrucht wird nach dem Mais Ende April bei Bodentemperaturen von 8 °C in Einzelkornsaat mit 7 bis 8 Körner/m2 ausgedrillt. Die Bestandesdichte beträgt rund 8 Pflanzen/m² bei einem Reihenabstand von 45 cm. Die optimale Düngung liegt allgemein bei 80 bis 120 kg N, 60 bis 80 kg P2O5 und 140 bis 200 kg K2O/ha. Fromme selbst kommt mit 40 kg N/ha zur Saat hin. Da seine Böden gut versorgt sind, muss er kaum zudüngen.

Der Aufwand ist in der Kultur sehr gering, zumal auch die Unkrautbekämpfung auf Sparflamme läuft. Fromme hackt seine Bestände einmal ab 10 cm Pflanzenhöhe durch, ein zweites Mal kann bis 30 cm erfolgen. Vorab setzt er im Vorauflauf eins der wenigen in Sonnenblumen zugelassenen Herbizide ein. Fungizide und Insektizide müssen in Sonnenblumen nicht appliziert werden. Das Saatgut, das aus der Region von der Strube D&S GmbH bezogen wird, ist sehr gesund und robust. Ein weiterer Pluspunkt: Aufgrund des Verzichts auf Insektizide wird die Kultur auch von Imkern geschätzt. Sie nutzen die Felder gern als Bienenweide.

Hochschnitt angesagt

Aufwendiger ist laut Fromme aber die Ernte, die meist im September stattfindet. Hier muss zusätzlich investiert werden, denn das normale Schneidwerk ist mit den extrem harten Sonnenblumenstängeln überfordert. „Wir setzen ein Spezialschneidwerk mit verstärkter Trommel und ohne Haspel ein“, bemerkte der Landwirt. Die Kultur wird im Hochschnitt kurz unter dem Korb mit den Sonnenblumensamen geerntet. Parallel dazu wird der harte Reststängel mit einem unter dem Schneidwerk montierten Häcksler klein geschreddert.

Äußerlich ist die Druschreife erkennbar, wenn die Samen in der Korbmitte schwarz sind und die Korbrückseite dunkelbraun bis schwarz gefärbt ist. Zu diesem Zeitpunkt liegt der Feuchtegehalt des Erntegutes zwischen 12 bis 15 %. Fromme drischt normalerweise schon ab einem Feuchtegehalt der Körner von 16 % und trocknet das Erntegut dann vor der Einlagerung auf die von der Industrie geforderten 9 % runter. Ein spezielles Problem kann bei der Ölfrucht entstehen, wenn es zur Ernte sehr feucht ist. Dann können sich im Korb schnell Fäulnispilze breit machen und die Ernte somit erschweren. „Das ist alles nicht so einfach wie beim Getreide, da muss man sich erst einfuchsen“, berichtet Fromme.

Ein großes Problem ist bei dieser Kultur der Vogelfraß. Die Körner sind unglaublich attraktiv für Vögel, deshalb ist auch zügiges Ernten vorteilhaft. Problematisch gestaltet sich derzeit auch noch die Vermarktung der Ölfrucht. Bisher wird die Ernte mit dem LKW nach Riesa zur Ölmühle transportiert. Frommes Kollege Uwe Lickfett hat die Sonnenblumenkerne auch schon überregional als Futtermittel für Puten vermarktet. „Wir sind auf der Suche nach regionalen Vermarktungspartnern, um die Transportkosten zu senken und die Umwelt weniger zu belasten. Als potenzielle Abnehmer kommen u.a. Ölmühlen und Vogelfutterproduzenten infrage“, bemerkte Fromme.

„Wir erhoffen uns hier auch mal Impulse von der Politik, dann könnte die Wertschöpfung auch in der Region bleiben“, bittet er um Unterstützung von den gewählten Volksvertretern vor Ort und im Land. Mit dem Landhandel und den Genossenschaften habe sich noch keine tragfähige Zusammenarbeit ergeben, weil die Gruppe noch nicht die geforderten größeren Mengen bereitstellen kann.

Jede Menge Ideen

Die Zwischenfrüchte haben im Betrieb Fromme eine zentrale Bedeutung. Wer ein intaktes Bodenleben haben will, muss auch Futter bereitstellen, meint der Praktiker.

Die Landwirte aus der Region sind mit ihrem mutigen Schritt Vorbild für andere Bauern. Sie haben bereits bewiesen, wie man auch ohne Fördergelder viel für den Naturschutz und die Biodiversität erreichen kann. Damit haben sie eine Vorbildfunktion in der aktuellen Phase des Umbruchs. Burkhard Fromme hat auch sonst noch jede Menge Ideen, wie sich Ressourcen schonen lassen. So ist er seit Jahren im Vorstand der Gesellschaft für konservierende Bodenbearbeitung (GKB) tätig und wirtschaftet auf dem eigenen Unternehmen seit 30 Jahren pfluglos.

„Wie bei anderen Berufskollegen auch stagnierten bei mir die Naturalerträge beim Getreide. Und durch die zu enge Fruchtfolge fand kaum noch ein Humusaufbau statt“, suchte Fromme nach Erklärungen. Seit 2008 sät er konsequent Zwischenfrüchte aus, um mehr für den Boden zu tun und das Bodenleben zu fördern. Zur gleichen Zeit stellte er auch auf Direktsaat um. „Die Erfolge dieser Umstellung sind jetzt sichtbar“, freute sich der umtriebige Landwirt. „Wir werden in unserer Denke bestätigt, dass mehr Input dem Boden guttut“, ergänzte er. Ebenso achtet er darauf, dass sich Sommerung und Winterung bzw. Blatt- und Halmfrucht stetig abwechseln.

So drillt er unmittelbar nach der Getreideernte mit seiner Zinkensaatmaschine von Köckerling ohne vorheriges Grubbern direkt eine eigens kreierte Zwischenfruchtmischung mit Wicken, Ackerbohnen, Erbsen, Phacelia, Sonnenblumen, Öllein und Bitterlupinen aus. Dadurch arbeitet er wassersparend und sorgt für eine schnelle Keimung. Zusatzeffekt: Das Unkraut wird von den Pflanzen wirkungsvoll unterdrückt. Dem letzten Unkraut jagt er aber schon lange nicht mehr hinterher. Unverzichtbar ist in diesem Direktsaatsystem noch Glyphosat, insbesondere vor der Aussaat der Rüben und des Maises.

Bodenleben angekurbelt

„Durch die Direktsaat haben wir ein viel intensiveres Bodenleben als vorher, was ich durch den Zwischenfruchtanbau auch immer weiter ausbaue“, freute sich Fromme. „Je weniger ich in den Boden eingreife, desto mehr nähere ich mich der Natur an“, lautet seine Devise. Auch der chemische Pflanzenschutz wird, wo es geht, reduziert. „Das wirkt sich positiv auf das Bodenleben aus“, weiß Fromme. Um Mittel einzusparen, die Effizienz zu erhöhen und kulturschonender vorzugehen, wird auf dem Betrieb zudem nur nachts gespritzt.

Die Düngung ist im Betrieb komplett auf das Cultan-System umgestellt worden. Der Mix aus Stickstoff (reines Ammonium), Schwefel und Phosphat wird nicht auf den Boden, sondern direkt in den Boden appliziert. Da die Pflanze nur die Menge des Ammoniums aufnimmt, die sie benötigt, spart er rund 10 % Stickstoff ein. Halmverkürzer benötigt er deshalb nicht. Die Zwischenfrüchte werden bei ihm gar nicht gedüngt. „Unser System passt nicht überall hin, aber wir sind damit sehr zufrieden“, bemerkte der selbstbewusste Landwirt.

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