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Mit AUDIO-Interview

Risse im Agrarausschuss

Nutztierrisse durch den Wolf und seine Reproduktionsrate bereiten den Weidetierhaltern in Niedersachsen Sorgen. Deshalb war der Wolf erneut Thema im Agrarausschuss.

Der Wolf bleibt – in Niedersachsen und auch als Thema auf dem politischen Parkett. „Wolfspopulation regulieren – Kulturgut Schäferei erhalten“ lautete der Antrag der FDP, der vergangene Woche im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Niedersächsischen Landtags erneut thematisiert und schlussendlich abgelehnt wurde. Eingebracht wurde dieser Antrag erstmals vor zwei Jahren. Darin wird unter anderem gefordert, alle zulässigen Mittel auszuschöpfen, um die Zahl der Wölfe zu regulieren und die Kosten für den Herdenschutz, wie von Minister Lies angekündigt, zu 100 Prozent zu übernehmen. Es sei, laut Antrag, zudem darauf hinzuwirken, dass Wolfsrisse nicht als Cross-Compliance-Verstöße gewertet werden, da ein wirklicher Schutz der Tiere auf der Weide nicht möglich sei.

Wolf ins Jagdrecht?

Helmut Dammann-Tamke, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion, betonte, dass die Forderung, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen, zu kurz greife. Dies könne man in Sachsen verfolgen, wo der Wolf seit Jahren im Jagdrecht sei, aber noch keine Entnahme stattgefunden habe. In Niedersachsen sei dies hingegen geschehen und es würden immer wieder Wölfe zur Entnahme freigegeben werden. Sein Parteikollege Martin Bäumer berichtet auf Nachfrage der LAND & FORST: „Die CDU-Landtagsfraktion hat einstimmig beschlossen, den Wolf in das Jagdrecht aufzunehmen und wir gehen davon aus, dass unser Koalitionspartner uns dabei unterstützt.“

Zuletzt hatte der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) Mitte Juli 2020, nach Maßgabe des Niedersächsischen Umweltministeriums, die erneute Ausnahmegenehmigung zur Tötung des sogenannten Rodewalder Rüden GW717m erteilt. Notwendig wurde dies, weil entgegen der günstigen Prognose im März 2020 weitere Rissvorfälle im Territorium des Rodewalder Rudels eingetreten waren. So wurde im Mai in Altenwahlingen im Heidekreis ein zwölf Monate altes Rind aus einer Herde mit sechs erwachsenen Tieren durch einen oder mehrere Wölfe getötet. Der jüngste Schadensfall ereignete sich Mitte Juni im Landkreis Nienburg, bei dem Wölfe des Rodewalder Rudels zwei Pferde töteten und ein weiteres schwer verletzten. In den von den Biss- und Fraßstellen genommenen Speichelproben wurden jeweils DNA-Spuren mehrerer Tiere des Rudels nachgewiesen, von denen zumindest ein Tier männlich war. Das Rissbild lässt aufgrund der daraus abzulesenden Jagdtechnik darauf schließen, dass der Leitrüde des Rudels beteiligt war.

Entnommen wurde, trotz mehrerer Entnahmegenehmigungen in Niedersachsen, bisher nur ein Wolf. „Kurti“ wurde im April 2016 erlegt.

Karl Hausmann, SPD, berichtete dem Agrarausschuss, dass die Koalitionsfraktionen zeitnah einen eigenen Antrag einbringen wollen. Dieser solle über den federführenden Umweltausschuss eingebracht werden und sich am sogenannten französischen Modell orientieren. Umweltminister Olaf Lies hatte diesen Vorschlag unterbreitet, wonach er sich für Niedersachsen eine Obergrenze von 500 Wölfen vorstellen könne. Überzählige Tiere könnten entnommen werden. Für das Landvolk ist diese Zahl nicht hinnehmbar. „500 Wölfe gehen weit über das erträgliche Maß hinaus“, stellt Jörn Ehlers, Vizepräsident des Landvolks, klar. Für ihn ist mit den aktuell 35 niedersächsischen Rudeln die Obergrenze erreicht. „Dies entspricht etwa 350 Wölfen, das ist vielen Weidetierhaltern bereits zu viel“, betont Ehlers.

Energischer vorgehen

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hält Abschüsse von Wölfen für notwendig, um Nutztiere im Land wirksamer vor Rissen schützen zu können. „Wölfe, die auf Pferde und Rinder gehen, verhalten sich nicht artgerecht“, sagte der SPD-Politiker gegenüber der Bild-Zeitung vergangene Woche. Die neue Wolfsverordnung müsse den Weg für energischeres Vorgehen frei machen. Diese ist derzeit in der Verbandsanhörung, die nahezu abgeschlossen sei, berichtet das Niedersächsische Umweltministerium auf Anfrage der LAND & FORST.

Aber auch der Bund spielt eine Rolle. „Er muss den günstigen Erhaltungszustand feststellen“, betonte der agrarpolitische Sprecher der FDP, Hermann Grupe. Erst wenn dieser feststehe, könne man über Maßnahmen zur Bestandsregulation nachdenken. „Am Ende wird mit der anstehenden Novelle des Landesjagdrechts zu entscheiden sein, ob das Jagdrecht das richtige Instrument für das Wolfsmanagement darstellt“, betonte Dammann-Tamke.

„Wir halten es für sinnvoll, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen“, betont Jörn Ehlers, Vizepräsident des Landvolks gegenüber der LAND & FORST. „Die Regelungen und Maßnahmen müssen umgehend auf den Weg gebracht werden, denn die Reproduktionsrate des Wolfs liegt bei 30 Prozent.“ Bei 500 Wölfen für den von Lies angestrebten Erhaltungszustand, müssten jährlich 150 Abschüsse erfolgen. Dazu sei Rechtssicherheit notwendig. „Zudem darf es keine Behinderungen bei den Managementmaßnahmen geben, wie in den letzten Wochen erfolgt“, so der Landvolk-Vize. Er bezieht sich dabei auf den Diebstahl von Wildkameras Mitte September nördlich von Hannover. Damals entwendeten Unbekannte die Kameras von Wildforschern der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Hinter der Tat werden extremistische Wolfsschützer vermutet.

Grupe äußerte Kritik am Verfahren und der Ablehnung des Antrags im Agrarausschuss: „Der vor zwei Jahren eingebrachte Antrag wurde blockiert. Seitdem hat sich die Wolfspopulation in Niedersachsen erhöht und den Druck auf die Tierhalter weiter verstärkt.“

Gespräch über den Wolf mit dem Chefredakteur Niedersächsischer Jäger Benedikt Schwenen: 

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