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Kartoffeln haben ein gutes Gedächtnis

Biokartoffeln müssen bereits in der Vegetationsperiode optimal geführt werden, um die Qualität im Lager auch bis in den Juni hinein zu erhalten. Es gilt, die Stressfaktoren zu reduzieren.

Vom Handel in Deutschland wird eine möglichst lange Belieferung mit heimischen Biokartoffeln gewünscht. Diese Vorgaben sind schwierig zu erfüllen. In den vergangenen Jahren waren deutsche Biokartoffeln oft schon im April ausverkauft. Mittlerweile wird der Handel aber teilweise bereits ganzjährig mit heimischer Ware beliefert. Dies bedeutet auch, dass Kartoffeln bis in den Juni hinein gelagert werden müssen.

Früh die Weichen stellen

Mit der Perspektive einer späten Belieferung des Handels steigen die Anforderungen an die Qualität der eingelagerten Biokartoffeln und an das Lager. Grundvoraussetzungen für die Langzeitlagerung sind die richtige Sortenwahl und das Vorhandensein tauglicher Lagerräume mit einer mechanischen Kühlung. Hierbei gibt es eine Reihe von Punkten, die zu berücksichtigen sind.

Die Weichen, ob die Kartoffeln für eine solch lange Lagerzeit geeignet sind, werden schon lange vor der Einlagerung gestellt. Ziel in der Vegetationsperiode und im Lager muss es sein, dass die Kartoffeln eine möglichst geringe physiologische Alterung bis zum Verkauf erfahren. Ursachen für eine solche Alterung sind in den verschiedensten Stressfaktoren zu suchen, die den Kartoffeln in der Vegetations- und in der Lagerperiode begegnen können.

Ein Faktor, der zu einer stressbedingten Alterung bei den Kartoffeln führt, ist eine mangelhafte und/oder nicht gleichmäßige Wasser- und Nährstoffversorgung. Die Kartoffeln haben im Verhältnis zu anderen Kulturpflanzen ein sehr schwach entwickeltes Wurzelsystem und z. B. gegenüber Getreide auch nur eine geringe Durchwurzelungstiefe. Verbunden mit der relativ kurzen Vegetationszeit von etwa 90 bis 120 Tagen muss in dieser Zeit eine möglichst gute und gleichmäßige Versorgung mit Wasser und Nährstoffen erfolgen, um zufriedenstellende Qualitäten und Erträge zu erzielen.

Je mehr die Bedingungen von diesem Optimum abweichen, desto stärker ist die physiologische Alterung. Nur wenn die Kartoffeln ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden, ist ein kontinuierliches Wachstum möglich. Mengenmäßig spielen die Stickstoff- und die Kaliumversorgung eine zentrale Rolle.

Stressfaktor Nährstoffe

Der unterschiedliche Stickstoffbedarf der einzelnen Sorten muss im Ökolandbau aus den zur Verfügung stehenden Quellen gedeckt werden. Dazu sollte die Mineralisation zum Zeitpunkt der Pflanzung durch eine Nmin-Messung abgeschätzt werden. Weiterhin ist das Nachlieferungsvermögen des Bodens einzuschätzen sowie die Umsetzung einer Zwischenfrucht, die vor Kartoffeln gestanden hat und deren Stickstoff noch nicht in der Nmin-Messung wiedergefunden worden ist. Stehen diese Faktoren fest, wird die fehlende N-Menge durch die im Ökolandbau zur Verfügung stehenden organischen Düngemittel ergänzt. Eine zu geringe N-Versorgung verringert den Ertrag, eine zu hohe N-Versorgung führt zu Qualitätsmängeln.

Foto: Dreyer

Kartoffeln haben einen Kaliumbedarf von ca. 60 kg je 100 dt. Kalium beeinflusst die Qualität der Kartoffeln erheblich. Hohe Kaliumwerte in der Knolle bedingen auch höhere Werte an organischen Säuren (Vitamin C, Zitronensäure). Diese Säuren sind wichtig, um die Reaktion der Schwarzfleckigkeit zu vermindern. Außerdem erhöht Kalium die Zellwandstabilität und kann den Trockenstress verringern. Im Ökolandbau erfolgt die Kaliumversorgung über Wirtschaftsdünger oder über Kalidünger sulfatischen Ursprungs (z.B. Kalimagnesia)

Stressfaktor Hitze

Ein weiterer zentraler Faktor für eine Alterung der Kartoffeln sind zu hohe Temperaturen in der Luft und im Kartoffeldamm. Die Kartoffeln haben ein Temperaturoptimum von 23 bis 25 °C. Je höher die Temperaturen steigen, desto geringer ist der Ertragszuwachs. Bei Temperaturen ab 35 °C gibt es keinen Nettozuwachs mehr. Hohe Lufttemperaturen und insbesondere auch hohe Temperaturen im Damm führen zu einer frühzeitigen Alterung der Pflanzen.

Genauso wie die hohen Temperaturen und die Trockenheiten in den Jahren 2018 bis 2020 hat aber auch die Nässe in 2017 zu einer schnelleren Alterung der Knollen geführt.

Beschädigungen sind nicht nur ein Qualitätsmangel, sondern beschleunigen die physiologische Alterung.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Bodenstruktur. Eine mangelhafte Bodenstruktur hat eine Vielzahl von negativen Auswirkungen auf das Wachstum der Kartoffeln. Durch Verdichtungen im Boden ist der Nährstoff- und Wasserfluss beeinträchtigt. Wesentlicher Teil der Pflanzenernährung im Ökolandbau ist die Umsetzung von organischer Substanz. Diese Umsetzungen werden durch einen verdichteten Boden stark eingeschränkt. Die Reihen schließen bei einer schlechten Bodenstruktur nicht. Dadurch erhöht sich durch direkte Sonneneinstrahlung die Temperatur im Damm mehr als bei einem durch das Kartoffellaub beschatteten Damm.

Kluten vermeiden

Bei einer schlechten Bodenstruktur ist erfahrungsgemäß auch die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Schwächepilzen (Colletotrichum coccodes, Verticillium ssp.) deutlich höher. Auffällig ist auch, dass der Befall mit Kartoffelkäfern auf solchen Flächen mit Strukturschäden deutlich höher ist als bei Kartoffeln mit optimaler Pflanzenernährung.

Eine schlechte Bodenstruktur ist auch ein Faktor, der die Klutenbildung fördert. Kluten erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Knollenbeschädigungen bei der Ernte. Solche Verletzungen reduzieren die genetisch bedingte Keimruhe. Wenn in einer Kartoffelkiste einzelne Knollen vorzeitig keimen, sind es oft solche, die eine mechanischen Beschädigung aufweisen.

Laub zeitig entfernen

Sind die Kartoffeln in der Jugendphase und in der Phase der Hauptertragsbildung stressarm durchgewachsen, dann kann auf der Zielgeraden immer noch Einiges passieren, was alle vorhergehenden Anstrengungen zunichtemachen kann. So bedingen hohe Stärkegehalte eine erhöhte Beschädigungsempfindlichkeit der Kartoffeln. Im Ökolandbau ist es mittels Abflammen und Krautschlagen nur begrenzt möglich, einen noch grünen Bestand vom Laub zu nehmen. Sicherlich kann aber der Stärkegehalt tendenziell reduziert werden, wenn relativ schnell bei beginnender Abreife das Laub entfernt wird.

Faktoren, die zu einem ungleichen Aufgang führen wie Auflaufverzögerungen durch Rhizoctonia-Befall oder ungleichmäßige Keimstimmung, bedingen auch eine unterschiedliche Abreife. Früh abreifende Pflanzen im Bestand verlieren früher das Laub und die Knollen im Damm sind länger den teilweise extrem hohen Dammtemperaturen ausgesetzt. Hier sollte durch rechtzeitige Abnahme des Laubes bei beginnender Laubaufhellung ein einheitlicher Zeitpunkt für das Erreichen der Festschaligkeit erreicht werden.

Lager zügig befüllen

Von Vorteil ist es auch, wenn die Rodekapazität hoch ist und Knollen, die schalenfest sind, schnell gerodet werden können, damit die Kartoffeln nur möglichst kurz den oft sehr hohen Dammtemperaturen ausgesetzt sind. Die Ernte muss sehr schonend erfolgen, da Beschädigungen nicht nur Qualitätsverluste in der Optik zur Folge haben, sondern auch die bereits erwähnte genetisch bedingte Keimruhe verringern.

Wichtig ist auch, vorhandene Lagerräume möglichst schnell zu füllen, damit die entsprechenden Lüftungsprogramme zur Abtrocknung, Wundheilung und Temperaturabsenkung beginnen können. Je länger die Einlagerung dauert, desto größer ist die Gefahr, dass es unnötige Wasserverluste gibt. Die größten Wasserverluste entstehen in den ersten Tagen der Lagerung. Ein weiterer wichtiger Faktor für eine möglichst lange Lagerfähigkeit ist die zügige Temperaturabsenkung nach dem Ende der Wundheilung. Es sollte nicht immer auf günstige Außenluftbedingungen zur Temperaturabsenkung gewartet werden. Die Dauerlagertemperatur sollte schon nach etwa vier Wochen nach der Einlagerung erreicht sein.

Fazit

  • Biokartoffeln werden stark nachgefragt.
  • Zur Erhaltung der Qualität sind wichtige Punkte zu beachten.
  • Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die für eine Langzeitlagereignung von Kartoffeln wichtig sind.
  • Ein einzelner Faktor ist in der Lage, die physiologischer Alterung so stark zu fördern, dass der Einfluss anderer positiv gestalteter Faktoren überlagert wird.
  • Die Witterung ist nicht aktiv zu beeinflussen, die Auswirkung, die sie auf die Entwicklung der Kartoffeln hat, aber teilweise schon.

W. Dreyer/V. Spengler

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