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Weidekühe mit viel Breite und Stärke

Voraussetzung für eine hohe Leistung ist das Angebot von jungem Weidegras.

Der Betrieb Schnatbaum wurde im Rahmen der Flurbereinigung 1966 ausgesiedelt. Zunächst gab es einen Anbindestall. 1979 wurde ein Laufstall für 70 Tiere errichtet, der 1999 um 30 Plätze erweitert wurde. Im Stall stehen heute 85 Milchkühe und zwei Jahrgänge der Nachzucht.

Bewirtschaftet werden 75 ha Dauergrünland auf einem Hochmoor-Standort mit rund 30 Bodenpunkten. 7 ha wurden 1985 besandet, um die Trittfestigkeit zu erhöhen. Schnatbaums legen besonderen Wert auf ein intensives Weidemanagement. Die Kühe kommen (je nach Wetterlage) von April bis November auf 33 ha Weideflächen am Hof, ab Mai Tag und Nacht.

Der 700 m lange Kuhtreibe-weg bleibt immer offen, sodass die Kühe entscheiden können, ob sie zum Beispiel bei großer Hitze oder Dauerregen in den Stall kommen. Neben dem Treibeweg verläuft eine Wasserleitung zum Auffüllen von drei Tränken mit einem Volumen von je 1.000 l eigenem aufbereitetem Grundwasser.

Voraussetzung für eine hohe Leistung ist junges Weidegras. Schnatbaums arbeiten mit Umtriebsweiden von 3,5 bis 5,5 ha. Nach zweimaligem Weiden erfolgt ein Reinigungsschnitt. So läuft es auch beim Jungvieh. Die Entwicklung der Grasbestände variiert dadurch schon beim zweiten Schnitt stark. Die Ernte wird arbeitsintensiver, man kann nicht größere Flächen auf einen Schlag mähen.

Im Frühjahr werden 15 bis 20 cbm Gülle über alle Flächen hinweg und im Sommer Gülle nur für Flächen mit Schnittnutzung gedüngt. Hinzu kommt die mineralische Düngung nach den Ergebnissen der Bodenuntersuchung und Düngebedarfsermittlung. Außerdem kommen Mikronährstoffe und Selen für eine bessere Tiergesundheit zum Einsatz. Im Sommer wird nach jeder Schnitt- und Weidenutzung KAS nach Bedarf in kleinen Mengen nachgedüngt.

Familienfoto im Garten: Karin und Ralf Schnatbaum mit Senior Wilfried und den Kindern Mark und Kea.

Die Grasnarbe pflegen

Wichtig für die Futterqualität ist der Erhalt einer leistungsfähigen Grasnarbe. Im Frühjahr wird gewalzt und bis 5 kg Grassamen je ha auf allen Flächen nachgestreut. Im Sommer erfolgt das Ausmähen vom Weiderest mit einem Schlegelmäher. Neuansaaten erfolgen in erster Linie zur Einebnung der Flächen, wenn beispielsweise Mäuse oder Tipula der Narbe entsprechend zugesetzt haben.

Grassilage wird mit eigenen Maschinen geerntet. Dazu gehören Mähwerk, Kreiselheuer, Schwader und ein leichter Ladewagen wegen des moorigen Untergrundes. Der erste Schnitt wird in zwei Partien von 20 bis 25 ha geerntet. Wichtig sind den Betriebsleitern dabei der optimale Schnittzeitpunkt und trockenes Wetter. Durch die komplette Eigenmechanisierung ist man unabhängig und kann jederzeit loslegen.

Gemolken wird von ein bis zwei Personen im Doppel-Vierer Tandem Melkstand. Vorteilhaft sind die gute Tierbeobachtung und das ruhige Melken, allerdings bei einem nur mäßigen Durchsatz. Insofern dauert das Melken zwei Stunden. Zum sorgfältigen Melken gehören das Vormelken, trockenes Reinigen mit Euterpapier, sorgfältiges Anrüsten (im Tandem-Melkstand mit viel Laufarbeit) und ein genaues Ansetzen. Nach dem Melken erfolgt ein Kontrollgriff und abschließend das Dippen mit einem Zweikomponentenmittel.

Die durchschnittliche Zellzahl der Kühe lag im letzten Jahr bei 70.000. Bei Kühen mit über 100.000 gibt es nach dem Melken eine Zwischendesinfektion mit Peressigsäure. Bei Euterentzündungen sind Erreger- und Resistenztest ebenso obligatorisch wie eine gezielte Behandlung. Das gilt auch für zum Trockenstellen anstehende Kühe mit über 100.000 Zellen. Ansonsten erfolgt ein selektives Trockenstellen nach Zellzahlergebnissen aus dem Vorjahr. Dadurch wird der Antibiotikaeinsatz auf ein Minimum beschränkt.

Regelmäßig vorgenommen wird eine Muttertierschutzimpfung gegen Rota Corona. Der Einsatz von Vitamin D3 erfolgt bei älteren Kühen zur Milchfieber-Prophylaxe. Hinzu kommt die Eingabe von Calcium-Boli und anderen Calciumpräparaten, ebenfalls zur Milchfieber-Vorbeuge.

Ziel sind gut konditionierte Kühe, die jedes Jahr ein Kalb bringen und eine gute Eutergesundheit vorweisen. Mangelt es an der Kondition, bekommen die Tiere Probleme mit den Füßen. Zweimal jährlich kommt der Klauenpfleger, Akutfälle werden vom Betriebsleiter sofort versorgt. Erfreulicherweise gibt es kaum Probleme mit Mortellaro.

Die Kälber bekommen nach der Geburt ein Eisenpräparat. Jungvieh wird im Herbst entwurmt und gegen Leberegel behandelt, die Fliegenbekämpfung erfolgt über Ohrmarken.

Die Kühe sind ganztags auf der Weide. Täglich zugefüttert werden ein Rundballen Heu oder ganz trockene Grassilage. Kraftfutter gibt es leistungsorientiert. Schnatbaum: „Mit der Umtriebsweide akzeptieren wir größere Schwankungen der Milchleistung, die man auch im Kühltank deutlich sieht. Dafür haben rangniedere Kühe mehr Platz und Zeit zum Fressen“.

Mais bringt mehr Milch

Im Winter gibt es Grassilage mit einem Futterverteilwagen. Durch den Futtermangel wegen Tipula und Mäusen wurde in den vergangenen Jahren Mais gekauft und zugefüttert, die Leistung stieg deutlich. Es wurde wesentlich weniger Weidefläche gebraucht, das Management vereinfachte sich, dafür fraßen die Kühe das Gras auf den Flächen nicht mehr sauber ab.

Der Futtertisch soll möglichst nicht leer werden, mit dem Hoftrac wird mehrmals täglich angeschoben. Futterreste bekommt das Jungvieh. Kraftfutter wird leistungsorientiert gefüttert. Es handelt sich dabei um ein Leistungsfutter mit 16 % Rohprotein und geschütztem Eiweiß mit 7,1 MJ/NEL und ein mineralisiertes Kraftfutter mit 16 % Rohprotein und 7,5 MJ/NEL plus geschütztem Fett.

Als weitere Komponente dienen Trockenschnitzel in wechselnden Anteilen. Am Futtertisch stehen mehrere Leckschalen zur Mineralstoffversorgung. Der Boxenlaufstall ist ansonsten mit Hochboxen und Gummi-Weichbettauflagen ausgestattet.

Die Milchleistung der Kühe lag im vorigen Jahr bei 11.788 kg Milch mit 4,07 % Fett und 3,42 % Eiweiß, Mais brachte über 1.000 l mehr Milch je Kuh. Leider zehrten die Kosten für den Maiszukauf das zusätzliche Milchgeld wieder auf.

Im Laufe der Jahrzehnte immer behutsam gewachsen, auch von den baulichen Anlagen her gesehen, ist der Betrieb von Familie Schnatbaum in der Wesermarsch.

Die Milch wird als Babymilch vom DMK in Strückhausen verarbeitet. Dafür gibt es einen Zuschlag von 0,9 Ct je kg. Das durchschnittliche Alter der Kühe liegt bei 4,6 Jahren, die Zwischenkalbezeit bei 387 Tagen. Die Lebensleistung der Abgangskühe liegt bei 44.024 kg Milch. Das angestrebte Erstkalbealter liegt bei 24 Monate.

Gut beraten vom Ring

Eine Verfeinerung des ohnehin schon guten Managements erfolgt in enger Zusammenarbeit mit dem Beratungsring Wesermarsch. Die Grundfutterleistung wurde in den vergangenen Jahren nicht erfasst, hat aber noch Potenzial.

Färsen, die mit 24 Monaten abkalben, benötigen etwas mehr Kraftfutter. Abgangskühe werden so lange gemolken und fett gefüttert, bis sie einen guten Schlachterlös bringen.

Beraterin Sabrina Lilienthal (Mitte) im Fachgespräch mit Karin und Ralf Schnatbaum.

Optimiert werden soll die Haltung und Fütterung der trockenstehenden Kühe. Hier gibt es immer mal wieder Probleme mit latentem Milchfieber bzw. Nachgeburtsverhalten. Daraus folgen Fruchtbarkeitsprobleme und erhöhte Abgänge.

Die Kuhkälber werden etwa zehn Tage ad libitum mit Vollmilch gefüttert, die Bullkälber bis zum Verkauf nach etwa zwei Wochen. Anschließend werden sechs Liter Milchaustauschertränke täglich über eine Milchbar bis zum Alter von neun Wochen verabreicht und bis zur 12. Woche wird langsam abgetränkt.

Schnatbaums setzen auf die Zucht von problemlosen, mittelrahmigen Weidetieren. Als Anpaarungshilfe nutzt der Züchter und Eigenbestandsbesamer das Triple-A-System. Es ist ein altes System, welches nicht die Zuchtwerte sondern die äußere Erscheinung nutzt. Bullen und Kühe werden bei Körperbau und Skelett in sechs Grundtypen eingeteilt und so angepaart, dass sie sich gut ergänzen. Alle Kühe bekommen einen dreistelligen Zahlencode (1 bis 6), der aussagt, was sie an Verbesserungen im Körperbau benötigen.

Der aAa-Code der Besamungsbullen beschreibt, was der jeweilige Bulle mitbringt. Das System ist einfach zu handhaben. Der Landwirt sucht sich anhand von Zuchtwert, Abstammung und Kuhfamilien aus, welche Bullen er bevorzugt und muss zur Anpaarung nur die verschiedenen Codes von Kuh und Bulle in Einklang bringen. Das ideale Tier vereint viele Merkmale aller sechs Grundtypen in einem harmonischen Verhältnis.

Mit dem System kann der Züchter Exterieurstärke, Funktionalität und Gesundheit mit der Leistung besser in Balance halten. Es ist keine Konkurrenz zu Zuchtwertschätzung und linearer Exterieurklassifizierung, sondern eine sinnvolle Ergänzung.

Runder Kuhtyp im Fokus

Schnatbaum setzt auf einen etwas runden Kuhtyp mit viel Breite und Stärke. Aufgrund des wechselnden Futterangebots auf der Weide bevorzugt er Kühe mit Reserven. Das Sperma wird von mehreren Organisationen bezogen, vorzugsweise Wiedereinsatzbullen. Die Bullenauswahl schlägt sich auch auf die Zuchtwerte der Herde nieder, aber nicht unbedingt auf die Milchleistung.

Karin Schnatbaum kümmert sich um die Aufzucht der Kälber.

Schnatbaums legen viel Wert auf gesunde und robuste Weidetiere. Man ist stets maßvoll gewachsen, und das soll so bleiben. Die ganze Familie packt mit an, alle ziehen an einem Strang, in erster Linie das Betriebsleiterehepaar Karin und Ralf. Senior Wilfried und Junior Mark sowie Tochter Kea helfen fleißig mit. Hinzu kommt eine engagierte Mitarbeiterin als geringfügig Beschäftigte

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