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Beste Sorten eines Multitalents

Die schnelle Massenbildung und der zügige Wuchs von Grünroggen ermöglichen eine sehr gute Unkrautunterdrückung.

Der Anbau von Grün(schnitt-)roggen ist in vielen Betrieben inzwischen dank seiner vielfältigen Verwertungsmöglichkeiten Teil eines etablierten Anbausystems. Der erfolgreiche Anbau mit überdurchschnittlichen Erträgen beginnt mit der Wahl einer speziell für diesen Zweck geeigneten Sorte. Dabei unterscheiden sich die gezüchteten Grünschnittroggen-Sorten von den Körnernutzungssorten durch eine wesentlich frühere und schnellere Massenbildung im Frühjahr und ein früheres Ährenschieben.

Schnell viel Masse

Damit ist eine frühzeitige Ernte von Mitte April bis Anfang Mai möglich, wobei der Erntezeitpunkt sinnvollerweise mit dem Aussaatzeitpunkt der Folgefrucht, oft Mais oder Sorghumhirse, abgestimmt wird. Mit Beginn des Ährenschiebens steigen die Rohfasergehalte des Grünroggens, womit die Futterqualität insgesamt stark absinkt (Kasten).Die schnelle Massenbildung und der zügige Wuchs von Grünroggen ermöglichen eine sehr gute Unkrautunterdrückung. So kann z.B. auf Standorten, wo es Probleme mit schwer bekämpfbarer Verungrasung (z.B. Ackerfuchsschwanz) gibt, der Anbau von Grünroggen helfen, das Samenpotenzial im Boden zu mindern, in dem das Gras unterdrückt und dann vor der Blüte bzw. Samenreife mit abgeerntet wird. Problematisch für die Folgekultur nach dem Grünroggen wird es immer dann, wenn das Wasser fehlt. Das dürfte in diesem Jahr allerdings kaum der Fall gewesen sein. Ein weiterer großer Vorteil des Grünroggens (gegenüber z.B. dem Ackergras) ist, dass er vor bzw. in sämtlichen Folgekulturen, auch bei möglicherweise in Aussicht stehendem Glyphosatverbot, einfach und sicher zu bekämpfen ist.

Grünroggen ist selbst anspruchslos, winterhart und kann durch seine Schnellwüchsigkeit sehr gut den im Boden noch vorhandenen Stickstoff verwerten. Eine Anbaufolge mit z.B. Mais braucht Standorte mit ausreichender Wasserversorgung, da der Grünroggen bedingt durch das hohe Massenwachstum einiges an Wasser verbraucht. Die normalerweise ausreichend vorhandene Winterfeuchtigkeit kann diese Winterzwischenfrucht optimal nutzen.

Einfache Kulturführung

Eine N-Düngung im Herbst in Höhe von maximal 60 kg Gesamt–N, davon maximal 30 kg NH4-N/ha, ist nur möglich, wenn der Grünroggen nach Getreide und bis zum 15. September bestellt wird. Dies dürfte insgesamt eher selten der Fall sein. Bei Grünroggen als Futterzwischenfrucht ist darauf zu achten, dass diese Nutzung auch im Folgejahr tatsächlich umgesetzt wird. Ein nachträglicher Wechsel zur Körnernutzung ist nicht möglich, wenn im Herbst für eine Futterzwischenfrucht gedüngt wurde.

Wichtig ist in jedem Fall die rechtzeitige und startbetonte Düngung zu Vegetationsbeginn. Der N-Bedarfswert beträgt dabei insgesamt 80 kg/ha (unter Anrechnung der Herbstgabe), bei einem Ertragsniveau von 250 dt/ha Frischmasse.

Das Anbaumanagement von Grünroggen ist unkompliziert. Hinsichtlich der Pflanzenschutzintensität ist ein deutlich geringerer Aufwand im Vergleich zum Körnerroggen erforderlich. Es ist maximal eine einmalige Herbizidmaßnahme (am besten im Herbst) und/oder mechanische Unkrautbekämpfung mit dem Striegel einzuplanen. Wenn überhaupt, sind auch eine Fungizidmaßnahme in der Schossphase sowie (ggf. damit kombiniert) eine wachstumsregulatorische Maßnahme einzuplanen. Hierbei gilt es unbedingt, die festgesetzten Wartezeiten zu befolgen. Bei Unsicherheiten sprechen Sie hierzu mit Ihrem Berater.

  • Beim Einsatz von Grünschnittroggen in der Tierfütterung ist auf die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Frühjahr am besten ganz zu verzichten. Meist ist aber auch gar keine Pflanzenschutz-Maßnahme erforderlich. Bei Frühjahrs-Herbizidanwendungen wären außerdem eventuelle Nachbaubeschränkungen für die Folgekultur zu berücksichtigen.

Allerdings haben nicht nur die Wahl der Sorte, sondern auch die Standortgüte, die Witterungsverhältnisse und auch das Düngungsregime einen maßgeblichen Anteil am Ertrag. Auch unsere beiden Grünroggen-Versuchsstandorte Obershagen und Werlte liegen mittlerweile beide im „Roten Gebiet“, wodurch die entsprechenden Einschränkungen in der Düngung umgesetzt werden müssen. Dies war bei allen Getreidearten in diesem Frühjahr deutlich an dünneren, wachsstumsschwächeren Beständen zu erkennen. Auch auf die Grünroggen-erträge kann das, besonders bei niedrigen Start-Nmin Werten im Frühjahr, einen Einfluss auf die Ertragsleistung haben, wie in diesem Jahr vor allem am Standort Werlte zu beobachten war.

Entwicklung 2020/21

In die niedersächsische Auswertung des Landessortenversuchs Grünroggen fließen der Standort Obershagen im Landkreis Hannover und der emsländische Standort Werlte ein. An beiden Standorten konnten die Versuche termingerecht um den 25. September gedrillt werden. Zur Aussaat kamen jeweils 350 Körner/m², wie für diesen Termin üblich bei den Grünschnittroggen-Populationssorten.

Durch die sehr späte Vegetationsruhe nach einem überdurchschnittlich warmen November war eine gute Entwicklung gewährleistet. Die Frostereignisse zu Jahresbeginn und auch die danach vielerorts noch außergewöhnlich kühlen Temperaturen verursachten in den Grünroggenversuchen keine sichtbaren Schäden. Jedoch verursachte besonders der kalte April eine verlangsamte Entwicklung im Vergleich zu den Vorjahren. Die verhältnismäßig hohen Niederschlagsmengen im Frühjahr sorgten im weiteren Verlauf für gute Entwicklungsbedingungen.

Blattkrankheiten traten nicht auf, Lager gab es lediglich am Standort Werlte, kurz vor der Ernte. Deshalb und auch aufgrund der sich ankündigenden Regenperiode, wurde in Werlte tendenziell eher zu früh gehäckselt. Die Ernte erfolgte in Werlte am 6. Mai 2021 und in Obershagen am 10. Mai. Die Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse als Zusammenfassung der Versuchsjahre 2019 bis 2021.

Aktuell stehen 13 speziell für die Nutzungsrichtung Winterzwischenfruchtanbau zugelassene Grünschnittroggensorten in der Beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamtes. Neben einem hohen Trockenmasseertrag sollte die Standfestigkeit (Tabelle 2) ein weiteres Kriterium für die Sortenwahl beim Grünroggen sein. Bei der Futternutzung ist zusätzlich der Rohproteingehalt interessant. In Tabelle 1 sind die Ergebnisse der Jahre 2019 bis 2021 über die Standorte Obershagen und Werlte zusammengefasst.

LSV-Grünroggen

Im Rahmen des LSV Grünroggen wurden in 2021 sieben zugelassene Grünroggen-Sorten geprüft. Die Sorten Protector und Turbogreen zeigten sich unter den niedersächsischen Bedingungen als mehrjährig sehr ertragsstarke Sorten und erhalten daher eine uneingeschränkte Anbauempfehlung. In unseren Versuchen zeigten sich leichte Vorteile in der Standfestigkeit zur Ernte für die Sorte Turbogreen (Tabelle 2).

Die Sorten Higreen und Lunator bewiesen ebenfalls mehrjährig sehr gute Ertragsleistungen und werden somit auch für den Anbau empfohlen. Positiv zu erwähnen ist bei beiden Sorten die etwas bessere Standfestigkeit zur Ernte, und das obwohl die Sorte Higreen wieder die deutlich früheste Entwicklung und größte Pflanzenlänge aufwies. Der Versuch wird in den nächsten Jahren fortgeführt.

Futterwert von Grünroggen – Erntezeitpunkt genau abwägen

Der Futterwert von Grünroggen hat in seinem vegetativen Stadium viele Parallelen zu Grasbeständen. Im jungen und blattreichen Stadium sind der Rohprotein- und Energiegehalt am höchsten. Mit der allmählichen Ausbildung generativer Bestandteile nimmt der Rohfasergehalt zu. In der Folge sinkt der Energiegehalt. Das Gras zeigt sich hier allerdings nutzungselastischer. Das geht aus den Daten der Reifeprüfung hervor, die in 2021 vom Grünroggen parallel zur Grünlandreifeprüfung lief. Wie die Grafik zeigt, weist der Grünroggen bereits im jungen Entwicklungsstadium relativ hohe Rohfasergehalte um die 20 % auf.

 

Würde man den optimalen Schnittzeitpunkt allein am Rohfasergehalt ausrichten, müsste die Mahd bereits in der Schossphase erfolgen. In diesem Entwicklungsstadium wäre aber das Ertragsniveau noch nicht hinreichend ausgeschöpft. Somit stellt das Fahnenschieben einen guten Kompromiss dar, um sowohl einen vorzüglichen Futterwert als auch einen guten Ertrag zu erzielen. Bereits im Ährenschieben sinkt der Futterwert drastisch.

 

Beim Grünroggen sollte man eine gute Standfestigkeit im Auge behalten.

  • Damit lässt sich festhalten: Der Futterwert von Grünroggen steht in enger Beziehung zum Entwicklungsstadium. Liegt der Fokus auf Futterqualität, muss früh noch vor Beginn des Ährenschiebens geerntet und auf das Erreichen des Maximalertrages verzichtet werden. Die Mahd zu Beginn des Ährenschiebens bedeutet im Umkehrschluss einen Verzicht auf Futterqualität zu Gunsten des Ertrages. Beide Optionen sind abzuwägen und letztendlich einzelbetriebliche Entscheidungen. Wird mit dem Roggen eine Ernte als Getreideganzpflanze angestrebt, gilt es, die Kornfüllungsphase im Fokus zu haben. Ein guter Futterwert mit hohen Verdaulichkeitswerten liegt im Stadium zwischen „Mitte der Milchreife“ bis „Beginn der Teigreife“ vor. Zudem gilt es, den Futterwert über das Korn : Stroh-Verhältnis, also über die Stoppelhöhe, zu beeinflussen.

Dr. Christine Kalzendorf, LWK Niedersachsen

Fazit

  • Grünroggen ist aus mehreren Gründen eine interessante Winterzwischenfrucht.
  • Mit dem Anbau steht im Frühjahr ein frühzeitig zu erntendes Grünfutter zur Verfügung
  • Der Anbau ist unkompliziert und das Futter vielseitig verwertbar.
  • Grünroggen eignet sich gut für ein Zweinutzungssystem mit Mais, Sorghumhirse oder Getreide-GPS.
  • Dies setzt jedoch eine ausreichende Wasserversorgung voraus.
  • Bei der Sortenwahl auf die speziell geprüften Grünschnittsorten zurückgreifen.

Niehoff

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