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Erst Abnahme sichern, dann umstellen

Karl-Heinz Knabe und sein Sohn Nils aus Twistringen, Landkreis Diepholz, mästen aktuell im dritten Durchgang Biohähnchen in ihren umgebauten Ställen.

Draußen im Auslauf ist kurz nach Mittag an diesem sonnigen Tag nicht viel los. „Das ändert sich nachher wieder“, weiß Nils Knabe aus Erfahrung. Morgens, wenn die Stallluken geöffnet werden, stürmen die Masthähnchen sofort ab nach draußen. Und nachmittags tummeln sich noch einmal viele Tiere außerhalb von Stall und Wintergarten. Nils Knabe, der in Twistringen, Landkreis Diepholz, zusammen mit seinen Eltern Karl-Heinz und Susanne einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet, ist im vergangenen Jahr umgestiegen auf Biohähnchen. Aktuell ist der dritte Durchgang im Stall. Karl-Heinz Knabe mästet bereits seit gut 25 Jahren Hähnchen, die beiden Ställe für je gut 20.000 Tiere wurden 1995 und 1997 gebaut. Daneben werden auf dem Betrieb Schweine gemästet und 124 ha Ackerland bewirtschaftet.

Einer der beiden vorhandenen Mastställe wurde zum Aufzuchtstall umgebaut, eine erhöhte Ebene sorgt für Abwechslung.

An den zweiten Maststall wurde ein Wintergarten angebaut, der Stall ist in drei Gruppen geteilt, was sich im Auslauf fortsetzt.

Nils Knabe ist Landwirtschaftsmeister und vor acht Jahren in den elterlichen Betrieb miteingestiegen. Er suchte nach alternativen Vermarktungswegen für die Veredlung. „Wir sind damals mit dem Naturland-Verband ins Gespräch gekommen, der Betriebe für die Schweinemast suchte“, erzählt er.

Suche nach alternativen Vermarktungswegen

Das Konzept des Bioverbandes gefiel der Familie, 2015 wurden zwei Mastställe mit Auslauf für jeweils 300 Tiere neu gebaut. Der Nachschub für die 600 Mastplätze kommt aus Schleswig-Holstein: „Bioferkel sind noch immer eher Mangelware“, so Nils Knabe. Die Haltung der Tiere mit Auslauf, die Betreuung durch Naturland und auch die Wirtschaftlichkeit zählen Knabes als positive Faktoren der Umstellung auf.

So stand irgendwann auch bei den Hähnchen ein Umstieg auf eine Bioproduktion zur Diskussion. „Über den Naturland-Verband kamen wir in Kontakt zum Vermarkter Biofino, der seinen Sitz in Emstek, Landkreis Cloppenburg, hat“, berichtet Nils Knabe. „Bei unserer ersten Anfrage dort vor drei Jahren wurde uns gesagt, dass wir – unserer Planung entsprechend – Anfang 2021 aufgenommen werden könnten als Lieferanten“, erinnert er sich. Das ist für ihn die richtige Vorgehensweise: Zuerst einen Abnehmer finden und dann umstellen. Andersherum macht es für ihn keinen Sinn, in Umbauten zu investieren. Im vergangenen Jahr kam dann von Biofino grünes Licht, die Nachfrage nach Biohähnchenfleisch ist über die vergangenen Jahre beständig gestiegen (siehe auch Interview S. 42) und hat durch Corona noch einmal einen Schub bekommen.

Biohaltung nach Naturland-Kriterien

Für eine Haltung nach Naturland-Kriterien müssen die Hähnchen einen Auslauf haben in Größe von 4 qm/Tier – „wann immer die Witterungsbedingungen und jahreszeitlichen Bedingungen und der Zustand des Bodens sowie der physiologische Zustand der Tiere dies erlauben“. So steht es in den Richtlinien des Verbandes. „Die Tiere müssen mindestens ein Drittel ihrer Lebenszeit nach draußen können,“ ergänzt Nils Knabe. Also war ein Umbau der vorhandenen Ställe angesagt. Heute wird der eine Maststall als Aufzuchtstall für die Küken bis ungefähr zum 30. Tag genutzt. Hier wurden die Fenster vergrößert auf 5 % der Stallgrundfläche, damit es ausreichend Tageslicht gibt. Außerdem wurde eine erhöhte Sitzebene eingebaut. Diese ist stark frequentiert sobald die Tiere groß genug sind, die Treppe zu benutzen. Raufutter in Form von Heuballen muss den Tieren täglich zur Verfügung stehen, zusätzlich dient es als Beschäftigungsmaterial.

Im Maststall gibt es unter anderem Sitzstangen zum Aufbäumen, sie werden nach Aussage von Knabes viel genutzt.

Der umgebaute Hähnchenmaststall liegt direkt neben dem heutigen Aufzuchtstall, das Umstallen nach etwa 30 Tagen geht zügig.

Am zweiten Stall wurde ein überdachter Wintergarten angebaut und der Auslauf mit Unterständen versehen. Im Stallinnern wurden Sitzstangen eingebaut zum Aufbaumen, auch hier finden sich Heuballen, im Wintergarten sorgen Sandbäder für eine Scharrmöglichkeit. „Da wir unsere Tierzahl deutlich reduziert haben, ging es mit der Umbaugenehmigung zügig“, so Knabe. Heute gibt es 14.400 Bio-Mastplätze. Sowohl der Aufzucht- als auch der Maststall sind quer zweimal unterteilt, sodass es je drei Gruppen im Stall und ebenso im Auslauf gibt.

„Auch wegen der reduzierten Tierzahl bekamen wir zügig eine Umbaugenehmigung.“

Nils Knabe

Die drei Gruppen bleiben durchgängig zusammen. Die bei Naturland maximal erlaubte Gruppengröße liegt bei 4.800 Tieren. Die Stallgröße ist auch auf maximal 1.600 qm begrenzt. Im Stall darf zu keiner Zeit eine Besatzdichte von 21 kg/qm überschritten werden – in der konventionellen Hähnchenmast dürfen es derzeit in Deutschland 39 kg/qm sein.

Langsam wachsende Rassen sind lebhafter

Laut Naturland sollen langsam wachsende Genetiken eingesetzt werden. Die Tiere bei Knabes werden etwa 60 Tage gemästet, das Endgewicht liegt dann bei ca. 2.700 g. Die Zunahmen liegen bei ca. 45 g/Tag, die Futterverwertung beträgt etwa 1:2,3. „Man merkt deutlich, dass es andere Tiere sind“, bestätigt Karl-Heinz Knabe. Sie sind beweglicher, lebhafter. Hähne und Hennen wachsen allerdings auch auseinander. Erfreulich ist laut Knabes die sehr gute Tiergesundheit. Die Hähnchen sind nach Einschätzung der Mäster robust, die Verluste liegen niedriger als vorher in der konventionellen Mast.

Für den anfallenden Hähnchenmist wurde noch eine neue Mistplatte gebaut. Die Ackerflächen des Betriebes sind derzeit ebenfalls in der Umstellung auf eine Biobewirtschaftung – für Knabes die Konsequenz aus dem eingeschlagenen Weg in der Tierhaltung. Deshalb wird der Hähnchenmist künftig auch auf den eigenen Flächen verwertet – ebenso wie schon heute der Schweinemist. „Wir mussten uns diesbezüglich natürlich neu mechanisieren“, erzählt Nils Knabe. Derzeit tasten er und sein Vater sich an die andere Art der Düngung und der Flächenbewirtschaftung heran: „Das ist schon Neuland, bzw. ja mehr ein Zurück zu alten Methoden“, sagt Karl-Heinz Knabe.

Geschlachtet werden die Biohähnchen in Steinfeld, Landkreis Vechta. Der Schlachthof ist gut 40 km entfernt vom Betrieb, damit wird dem Naturland-Prinzip der kurzen Transportwege Rechnung getragen. Knabes haben mit Biofino, die über eigene Elterntierbetriebe und eine eigene Brüterei in der Region verfügen, längerfristige Liefer- und Abnahmeverträge geschlossen: „Ohne die geht es nicht“, betont Nils Knabe noch einmal. Neben allem Spaß, den er an der Arbeit mit den Bioschweinen und -hähnchen hat, muss auch die ökonomische Seite stimmen. Sonst kann Bio kein Zukunftsmodell für hiesige Betriebe sein.

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