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GARTEN & NATUR

Weite Gartenräume zum Entschleunigen

Essen aus dem eigenen Anbau: Beschriftete Schiefertafeln geben einen Überblick im Kräuter- und Gemüsegarten.

Goldfelberich und Färberkamille umranken die mit Hartholzblöcken und Schilfhalmen selbstgebaute Wildbienennisthilfe.

Vor rund 10 Jahren haben wir das 2.000 m² große, verwilderte, mit alten Eichen und Obstbäumen bestandene Grundstück in Teilen erschlossen. Schritt für Schritt konnten wir einen Lebensraum für die Familie schaffen und gleichermaßen Lebensraum für Tiere und Pflanzen erhalten und neu entwickeln. Brombeeren umranken an vielen Stellen den Garten. Uns ist wichtig, dem Betrachter das Gefühl zu geben, dass Natur und Garten eins sind und die ordnende Hand des Gärtners erst auf den zweiten Blick sichtbar wird. Deshalb fällt die Wahl auf heimische Stauden und Gehölze. Mit ihren zarten Blüten, Farben und Formen verflechten sie sich zu Pflanzteppichen, die Nahrung und Bruthabitat zugleich sind und für den Gartengast wie zufällig arrangiert wirken. Ungefüllte Blüten ermöglichen den Insekten problemlos an Nektar und Pollen zu gelangen. Viele heimische Tiere sind Feinschmecker und fressen nur von bestimmten Pflanzen. Somit ist Vielfalt im naturnahen Garten wichtig. Beispielsweise ist die Honigbiene nur eine von über 500 heimischen Bienenarten. Sie ist ein wahrer Allesfresser und kommt häufig auch mit Zierpflanzen und Exoten zurecht. Die übrigen Wildbienenarten, die z.T. vom Aussterben bedroht sind, sind deutlich wählerischer und brauchen oft ihre ganz spezielle Pflanze, um überleben zu können.

Mit Brombeeren berankt

Ein Stichweg umsäumt von Haselnuss, Brombeere und Holunder führt zum Grundstück. Am Hauseingang grüßt ein klassisches Rosenbeet mit den typischen Begleitern wie Frauenmantel, Lavendel und Storchschnabel. Hinterm Haus Richtung Osten begrenzt und schützt ein gradliniger, mit Brombeeren berankter Wall das Grundstück. Hier liegt der Schattengarten mit alten Wildkirschbäumen und jungen Rotbuchen. Unter dem lückigen Blätterdach wachsen schattenverträgliche Stauden wie Kaukasus-Vergissmeinnicht, Schaumblüte, Bergenien und Steinsame. An exponierten Stellen ragen auf Augenhöhe die langhalsigen Blütenstände der rosa Fingerhüte und gelben Königskerzen in die Luft. Im Frühjahr blüht es in den Farben weiß und blau. Im Sommer dominieren Pink- und Gelbtöne. Eine Sitzgruppe auf einem einfachen Holzdeck und eine Bananenbank neben der Draußendusche fügen sich zwischen die Gehölze und sind beliebt an heißen Tagen. Eine zum Rechteck geschnittene Eibenhecke nimmt die Linien des zentralen Hausfensters auf und auch die zwei von Waldsteinien eingebetteten Buchskugel in einem runden Beet erzeugen eine gewisse Spannung zwischen natürlichen Strukturen und den klassischen Formschnittgehölzen.

Willkommener Rückzugsort: Sitzplätze im Schatten gibt es mehrere in dem großzügigen Garten.

Durch die flächigen Pflanzengruppen führen Wege aus Hackschnitzel, die wir alle paar Jahre erneuern und regelmäßig freischneiden. Die geschwungenen Pfade leiten in den höher gelegenen Waldgarten mit 100-jährigen Eichen, ein paar Küstentannen und einem Wildwuchs aus Holunder und Brombeeren. Genügsame Stauden umsäumen die Wege, die sowohl mit Schatten als auch Trockenheit klarkommen. Bisher haben sich hier Elfenblumen, Lichtnelken und Beinwell bewährt. Wir experimentieren auch mit Immergrün, braunem Storchschnabel und Farnen. Kulturerdbeeren und Waldheidelbeeren dienen als Bodendecker und ebenso zum Naschen. Der Rauling kommt zwar aus dem Orient, passt sich aber gut an die Standortbedingungen an und verhindert mit seinen großen Blättern das Aufkeimen der unzähligen Eicheln. Sie laufen auch im Hackschnitzelweg auf und stellen ein echtes Problem dar, das wir seit neuestem mit einem Freischneider mit Faden erfolgreich beherrschen. Den leichten Boden versuchen wird mit Betonit zu verbessern. Das Tonmineral bindet Wasser und Nährstoffe und erleichtert es den Pflanzen beides aufzunehmen.

Die ausgedehnten Rasenflächen mit eingesprengten Blüteninseln aus Klee und Gänseblümchen verleihen den Eindruck von Weite.

Insektenmagnet Wiese

Hier ist auch der Ort eines Rundbeetes um einen neu gepflanzten Apfelbaum, einen Topaz-Hochstamm. Das zentrale Beet zwischen Terrasse und Okerwiese schafft – mit Totholz- und Steinhaufen, Fingerhüten, Salbei, Margeriten, Kartäusernelken, wildem Lauch und Mädchenhaargras – eine optische Verbindung zu der extensiv gepflegten Wiese im Hintergrund. Ein Insektenmagnet, in dem das Leben tobt. Es summt und brummt von Schmetterlingen, Hummeln und anderen Wildbienen und die Gartenvögel – wie Meisen, Kleiber und Amseln – ergänzen das Naturkonzert. Sie nehmen dankend die verschiedenen an Bäumen angebrachten Nistkästen an.

Kleeinseln beleben die weitläufigen Rasenflächen. Ein Schilderbaum weist den richtigen Weg.

Hühner und Gänse

Angrenzend an das „neu eroberte Stück Land“ liegt auf niedrigerem Terrain ein seit Jahrzehnten bewirtschafteter Gemüsegarten mit Beerensträuchern und in die Jahre gekommenen Apfelbäumen. Ein Kräuter- und Schnittstaudenbeet gehören ebenfalls dazu. Beschriftete Schiefertafeln weisen die Küchenkräuter mit ihrem Namen aus. Die Wahl der Schnittstauden fällt ausschließlich auf Blumen, die sich in Sträußen und Vase gut machen wie z.B. Mutterkraut, Margeriten, Scharfgarbe, Astern, Fettehenne und Kugeldisteln. Der angrenzende Holzschuppen aus ungesäumten Kieferbrettern dient als Rankhilfe für Rosen und gleichermaßen als Insektenhotel. Denn in den vielen Holzkäferfraßgängen haben mittlerweile Wildbienen ihre Brut abgelegt. Auch ein Hühner- und Gänsegarten, der mit knorrigen Altholzästen und schattenspenden Beerensträuchern bestückt ist, gehört dazu. Rammlerrosen umrahmen das selbstgezimmerte Hühnerhaus. Die große Fichte im Hühnergarten ist ein letztes Relikt einer längst aufgelösten Weihnnachtbaumplantage. Sie passt nicht in die Flusslandschaft, bietet aber für das Geflügel unter ihren dichten Nadeln einen stets trockenen Huderplatz, der so wichtig ist für die Gesundheit des Federviehs. Die Hühner fächern den trockenen Sand zwischen das Gefieder und vertreiben so die Milben und andere Parasiten. Zwischen Hühnergarten und mittlerweile verlandetem großflächigem Teich, Schilf und hohen Gräsern führt schnurstracks ein Grasweg zur Oker. Eine freischwingende Baumschaukel fordert zum Zwischenstopp auf, bevor sich am Wegende ein rundes Wildstaudenbeet mit Wiesensalbei, gelbem Fingerhut, wilder Karde und echtem Labkraut zeigt. Dahinter eröffnet sich die Sicht direkt auf die Oker und eine schlichte Eichenbank lädt zum Verweilen ein. Der Fluss stellt sich hier und im weiteren Umfeld mit seiner Begleitvegetation ursprünglich, mäandernd und geradezu verwunschen dar. Frisches Grün und abgestorbenes Holz stehen nebeneinander und am gegenüberliegenden Ufer ziehen gelbe Wasserschwertlilien die Blicke auf sich, während Mücken über dem ruhig fließenden Strom tanzen.

Lebensraum schaffen

Spaß macht uns beim Gärtnern, für viele Arten nachhaltig einen Lebensraum zu schaffen und ordnend einzugreifen, ohne den Naturcharakter des Grundstücks zu verwässern. Dabei sind herausfordernd die frohwüchsigen Brombeeren, Brennnesseln und Goldnesseln, die wir im Zaum halten müssen. Reizvoll sind die vielen Gestaltungsmöglichkeiten, die der Phantasie kaum Grenzen setzen in einer umliegenden Flusslandschaft, die uns begeistert.

Garten- und Biodiversitätsberatung

Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen bietet sowohl eine Gartenberatung als auch eine Biodiversitätsberatung an. Ratsuchende können sich an die Mitarbeiterinnen & Mitarbeiter der zuständigen Bezirksstellen wenden und gemeinsam das Thema umsetzen.

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