Logo LAND & FORST digitalmagazin

Artikel wird geladen

mit AUDIO und VIDEO

Mit Zuversicht in die Zukunft

Blicken mit Zuversicht nach vorn (von links): Jan, Wienke, Peter und Bodo Heusmann.

Das Herz des Hofes Junkernhose der Familie Heusmann in Loxstedt im Kreis Cuxhaven ist die Milchwirtschaft mit 460 Kühen und der weiblichen Nachzucht. Bereits 1977 wurde der erste Laufstall gebaut. Seit Mitte der 1990er Jahre wurde die Milchviehhaltung nach und nach ausgebaut, 2009 kam die Erzeugung regenerativer Energien hinzu. 2001 wurde die Hauptverantwortung des Betriebes auf mehrere Schultern verteilt, nämlich auf Jan mit einem landwirtschaftlichen Studium und Bodo, der Tiermedizin studiert hat. 


Parallel dazu erfolgten in den Jahren 2000 und 2001 besonders große Wachstumsschritte durch den Zukauf von Quoten und in den vergangenen zehn Jahren durch die Pacht von zusätzlichen Flächen. Die durchschnittliche Milchleistung der Herde liegt bei 10.700 kg Milch mit 3,9 % Fett und 3,35 % Eiweiß. Insgesamt werden jährlich rund 4,9 Mio. kg Milch erzeugt. Für Heusmanns ist eine gute Mensch-Tier-Beziehung unverzichtbar: „Wer seine Kühe im Blick hat, bemerkt, wenn etwas nicht stimmt“, so Bodo Heusmann. Eine wesentliche Unterstützung gibt es durch das digitale Herdenmanagement-Programm.
 

Betriebsspiegel

  • 570 ha LN
  • 460 Kühe mit weiblicher Nachzucht
  • 10.700 kg Milch mit 3,9 % Fett und 3,35 % Eiweiß
  • Biogasanlage
  • Gärrestverdampfer
  • Acht Mitarbeiter und zwei Auszubildende

In Junkernhose werden die Daten effizient genutzt. Dabei müssen die relevanten Daten von den weniger- oder nicht relevanten unterschieden werden und die „richtigen“ Infos sind in die  Produktionsabläufe zu integrieren. Die Kommunikation auf dem  wachsenden Betrieb ist durch den digitalen Herdenmanager einfacher geworden und nicht nur der Gesundheitsstatus der Herde hat sich stetig verbessert. Ob Bestandsführung oder Futterbestände, alles behält man im Blick. Nicht nur große Herdengrößen machen es erforderlich, Auffälligkeiten in der Herde früh zu erkennen. Dazu gehören die Klauen. Gesunde Klauen sind im Laufstall unerlässlich. Heusmanns beginnen mit der intensiven Klauenpflege bereits vor der ersten Kalbung. Die Klauen der Kühe erhalten dreimal im Jahr routinemäßig einen Pflegeschnitt, alles wird in Eigenregie erledigt. 


Tiergerechte und saubere Liegemöglichkeiten erhöhen die Liegedauer und haben somit eine hohe Bedeutung für das Wohlbefinden und auch für die Gesundheit der Euter. Die Liegeflächen werden dick eingestreut und gut gepflegt. Die Tiefstreuboxen werden mehrmals täglich abgezogen; wer die Kühe zum Melken holt, hat immer eine Forke für die Boxenpflege dabei.

Heizung und Pärchenhaltung für die Kälber

Der Stall für die kleinen Kälber wird mit einer Fußbodenheizung gewärmt. „Vorteile sind eine niedrige Luftfeuchte und ein trockener Boden als wichtige Hygienemaßnahme,“ so Bodo Heusmann. Vom ersten Tag an bekommt der Nachwuchs neben der Biestmilch auch Wasser und Kälbermüsli angeboten. Milch gibt es in den ersten drei Lebenswochen ad libitum. 


Eine weitere Besonderheit ist die Pärchenhaltung: Nach einer Woche in Einzelbuchten ziehen die Kälber zu zweit zusammen und bleiben dort bis zum Ende der dritten Woche. Diese Haltungsform ermöglicht den direkten Kontakt zu gleichaltrigen Tieren, minimiert den Stress bei der Entwöhnung und stärkt das Sozialverhalten. Ab der vierten Lebenswoche geht es in die Gruppenhaltung und es gibt 8 l Milch pro Tier. Kälbermüsli und Heu sowie Gras- und Maissilage ergänzen die Ration. Die Zunahmen liegen bei 950 g pro Tag. Mit einem Lebendgewicht von 130 kg kommen die Kälber zu einem Aufzüchter und einige Wochen vor dem Kalben wieder zurück

In den Ställen von Familie Heusmann stehen 460 Kühe und die weibliche Nachzucht.

Biogaserzeugung und ein Düngewerk

Bereits 2009 entschied man sich dazu, die Erzeugung regenerativer Energien als weiteren Betriebszweig in Junkernhose aufzubauen. Die Biogasanlage hat eine elektrische Leistung von 1.050 kW und erzeugt pro Jahr fast 4,2 Millionen kWh elektrische Energie. Die Wärme aus den Blockheizkraftwerken wird im Betrieb vollständig genutzt. Die Biogasanlage wird mit Gülle, Mist, Silage und Futterresten gefüttert. 2018 wurde die Anlage flexibilisiert, um Elektrizität bedarfsgerecht, vor allem in den Verbrauchsspitzen, zu produzieren.

Die nach Beheizung der Gebäude noch verbleibende Wärme wird vom eigenen Düngerwerk (Gärresteverdampfung) genutzt, das 2018 als weiterer Schritt in Richtung effiziente Nährstoff- und Ressourcennutzung gebaut wurde. Hier werden die Gärreste mit einem Separator in die flüssige und die feste Phase getrennt. Das entstehende Pressgut wird zur Verbesserung der Gasausbeute in den Fermenter rezirkuliert. Das Presswasser gelangt in die Verdampfungsanlage und verdampft zum großen Teil.

Aus dem Wasserdampf wird der Ammoniakstickstoff ausgewaschen und es entsteht ein flüssiger Stickstoffdünger. Dieser Dünger wird in einem Behälter separat gelagert. Das freiwerdende Wasser wird vernebelt, der anfallende Dickschlamm in einen Lagerbehälter gepumpt; es entstehen kaum Verluste und die auszubringende Menge an Gärrest verringert sich spürbar. 
 

Folienställe und automatisches Melkkarussell

Heusmanns blicken optimistisch in die Zukunft: „Es ist uns immer wieder gelungen, die Stallungen noch besser den Bedürfnissen der Tiere anzupassen, die Düngung gezielter auf den Bedarf der Pflanzen abzustellen, die Bodenbearbeitung zu optimieren, die Fütterung noch ausgewogener zu gestalten und beim Pflanzenschutz die Aufwandmengen zu senken. Diesen Weg wollen wir auch weiter gehen“, so sind sich alle einig.


Und der nächste große Entwicklungsschritt läuft bereits, denn Peter, der Sohn von Wienke und Jan, möchte in den Betrieb einsteigen. In Bau befinden sich nach einer langen Planungsphase zwei neue Folienställe für jeweils 250 Kühe und ein automatisches Melkkarussell mit 40 Plätzen. In einem Jahr soll alles fertig sein. Vor allem die Erneuerung der Melktechnik war längst überfällig, denn derzeit werden die 460 Kühe im abgeschriebenen Gruppenmelkstand dreimal täglich gemolken, bei einer Melkzeit von jeweils sechs Stunden. Kuhkomfort steht auch bei diesen Neubauten an erster Stelle und dabei geht es immer mehr um Tierwohlaspekte. Dazu gehören große und komfortable Tiefboxen, Spaltenböden mit Gummiauflage und ein professioneller Behandlungsbereich direkt hinter dem Melkzentrum, damit die Kühe bei Bedarf sofort und deutlich einfacher als bisher versorgt werden können.
 

Die beiden Auszubildenden Johann Greve (links) und Jan Hinrichs versorgen den Nachwuchs an der Kälberbar mit einem Milchtaxi.

Außerdem wird die neue Melktechnik viel mehr Einzeltierdaten bereitstellen, so dass der Überblick über die Herde noch besser wird. Der Respekt vor der Aufgabe bleibt, nämlich die Milch in einem zunehmend kritischen Umfeld bestmöglich zu erzeugen. Heusmanns sind aber zuversichtlich, denn sie stellen sich seit jeher den wachsenden fachlichen Anforderungen, nehmen aber auch die gesellschaftlichen Ansprüche in den Blick.Es bleibt Zeit für ein Engagement im sozialen, kulturellen und gesellschaftlichen Bereich.

Der Betrieb bildet aus, Geflüchtete werden integriert und beschäftigt, Gruppen erhalten Einblicke in die Landwirtschaft. Die Familienmitglieder sind in Berufsverbänden und ehrenamtlichen und sozialen Einrichtungen aktiv. Hauptberuf und Ehrenamt zwischen bezahlter Tätigkeit, Aufwandsentschädigungen und Idealismus, dazu Familie und Privatleben. Wie bringt man alles unter einen Hut?  Da wird die Zeit schon manchmal knapp: „Die Aufwandsentschädigung ist wichtig, damit ehrenamtlich Tätige sich auf dem Betrieb Entlastung organisieren können, trotzdem bleibt man auch dort stark eingespannt, weil der Betrieb auf keinen Fall unter dem Ehrenamt leiden soll. Ohne Idealismus geht es nicht, aber es reizen und bereichern auch die interessanten Aufgaben und Begegnungen“, so Jan Heusmann, der sich zusammen mit seiner Familie gerne drei Stunden Zeit für die Presse genommen hat. 

Zukunft der Landwirtschaft

Wegweiser Die Landwirtschaft wird sich in den kommenden Jahren verändern. Gesellschaftliche Anforderungen haben sich gewandelt und damit auch die politischen Rahmenbedingungen. Klima- und Naturschutz rücken zusammen mit Tierwohl und Artenschutz in den Fokus. LAND & FORST stellte die Frage, wie sich Landwirtinnen und Landwirte darauf einstellen können? Wir unterhielten uns mit Politikern, Unternehmen aus der Branche und Berufskollegen. Ihre Antworten, Ideen und innovativen Ansätze lesen Sie in den nächsten Monaten in der LAND & FORST-Serie „Die Wegweiser – Die Zukunft der Landwirtschaft“.

Inhalt

  • 35/2021: Zukunft der Schweinehaltung
  • 36/2021: Milchvieh- haltung im Jahr 2030
  • 37/2021: Ängste der Weidetierhaltung
  • 38/2021: Diskussions- runde mit Experten

Vorschau

  • Oktober: Klima und Naturschutz
  • November: Landwirtschaft und Gesellschaft
Digitale Ausgabe LAND & FORST

Holen Sie sich noch mehr wertvolle Fachinfos.
Lesen Sie weiter in der digitalen LAND & FORST !

 Bereits Mittwochnachmittag alle Heftinhalte nutzen
✔ Familienzugang für bis zu drei Nutzer gleichzeitig
✔ Artikel merken und später lesen
✔ Zusätzlich exklusive Videos, Podcasts, Checklisten und vieles mehr!