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„Wir hoffen, wir kommen nie zum Einsatz“

Bernhard Winalke mit seinen Magyar Vizsla-Hündinnen Eika (orange Weste) und Bonnee.

Einen Einsatz hatten sie zum Glück noch nicht, aber sie sind bestens dafür gerüstet und stehen bereit: Acht jagdlich geführte Hunde im Landkreis Diepholz sind gemeinsam mit ihren Hundeführerinnen und Hundeführern im Frühjahr nach dem Konzept der Diplom-Biologin Uta Kielau aus Schleswig-Holstein im Aufspüren von Wildschweinkadavern ausgebildet worden. Alle acht haben die Prüfung bestanden.

Zum Hintergrund: Nach einem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen ist schnelles Handeln unerlässlich. Das Auffinden und Entfernen von Kadavern von Wildschweinen, sogenanntem Fallwild, ist eine der wichtigsten Ausbruchsbekämpfungsmaßnahmen, da das Virus der ASP in diesen Kadavern bis zu eineinhalb Jahre lang infektiös bleiben kann. Sofern sie nicht entfernt werden, stellen die Kadaver daher über einen längeren Zeitraum eine permanente und unerkannte Infektionsquelle dar. Hinzu kommt: Schwer erkrankte Wildschweine verstecken sich unter anderem im dichten Unterholz wie beispielsweise im Brombeergestrüpp, wo sie von Menschen mit ihren begrenzten Sinnesleistungen oft nicht gefunden werden.

Im Training versteckt Bernhard Winalke ein Stück Schwarte, das die Hündinnen wittern sollen.

Der trainierten feinsinnigen Hundenase entgehen diese Kadaver allerdings nicht. „Daher ist es ein logischer Schritt, für das Auffinden solcher Kadaver Hunde auszubilden. Um sich so schnell und so gut wie möglich auf einen Ausbruch der ASP bei Wildschweinen vorzubereiten, wurde der Landkreis Diepholz eigeninitiativ tätig“, betont Landrat Cord Bockhop. Die beteiligten Hunde und ihre Hundeführerinnen und –führer fand der Landkreis über eine Interessenabfrage bei den Jägerschaften in Diepholz und Syke.

Absolut positive Arbeit

Mit dabei war auch Bernhard Winalke, aktiver Jäger und Hegeringsleiter, mit seinen beiden Magyar Vizsla-Hündinnen Eika (3 Jahre) und Bonnee (7 Jahre). Er hat sich zu der Ausbildung bereit erklärt, da er gerne mit seinen Hunden arbeitet und „es als eine absolut positive Arbeit für die Tiere“ sieht.

Zunächst habe man beim Training mit ganz bestimmten Gerüchen angefangen. Die Hunde mussten lernen, genau diesen einen Geruch zu finden – zum Beispiel den von Kaffee. „Entscheidend ist es, dabei auf den Wind zu achten“, weiß Bernhard Winalke. Deswegen hatten die Hundeführer immer Seifenblasen dabei, um genau zu testen, aus welcher Richtung der Wind kam. „Denn der muss immer von vorne oder von der Seite kommen, sonst finden viele Hunde den Kadaver nicht“, erläutert Bernhard Winalke. Erfahrene Jagdhunde könnten indes selbst den Wind suchen und sich so positionieren, dass sie die Kadaver finden. Nach mehreren Wochen Training waren die Jagdhunde dann soweit, dass allein der Befehl „Such das Schwein!“ ausreichte, um sich auf die Suche nach Kadavern zu machen.

Mit einem GPS-Gerät wird kontrolliert, ob die Hündinnen das Gebiet komplett abgesucht haben.

Lederstück am Hals

Das Besondere: „Eigentlich sind Jagdhunde darauf getrimmt, das zu bringen, was sie finden. Das dürfen sie in diesem Fall aber auf keinen Fall“, erklärt Bernhard Winalke. Man müsse daher versuchen, den Hund von dem, was er gefunden hat, fernzuhalten. Eine neue Herausforderung, die der Hundeführer auch gelöst hat: „Meine Hunde tragen am Hals Lederstücke, sogenannte Bringselverweiser. Die nehmen sie in die Schnauze, sobald sie einen Wildschwein-Kadaver gefunden haben, kommen zu mir zurück und zeigen mir den Weg zum Kadaver“, erklärt Bernhard Winalke, der mit seinen beiden Jagdhunden auch weiterhin immer übt – allein und in Gruppen, denn er weiß: „Man muss regelmäßig trainieren, damit die Hunde das Gelernte verinnerlichen.“

Mittlerweile wird das Dreier-Gespann dabei sogar von feinster Navigations-Technik unterstützt. Seine Jagdhündinnen tragen einen Sensor am Halsband, so kann der Hegeringsleiter auf dem Display des GPS-Geräts sehen, ob sie das komplette Gelände ordentlich abgesucht haben. Außerdem zieht er seinen Hündinnen Schutzwesten an, damit sie selbst bei einem Einsatz gut geschützt sind.

So verfügt der Landkreis Diepholz nun als einer der wenigen Landkreise in Deutschland über ausgebildete Hunde. Sollte die Afrikanische Schweinepest bei Wildschweinen dort ausbrechen, wird über den Einsatz der Suchhunde situativ entschieden. „Wir hoffen aber alle, dass wir nie zum Einsatz kommen“, sagt Bernhard Winalke.

23 Suchhunde des Ministeriums

Auch das Niedersächsische Landwirtschaftsministerium bildet ASP-Suchgespanne aus. Das erste Kennenlernen fand im Oktober 2020 statt. Anfang März konnte mit fast 30 Hundegespannen im Schwarzwildgatter Hermannsburg begonnen werden. Übrig geblieben sind bis heute 19 Gespanne mit 23 Hunden, die alle nach 25 „offiziellen“ Ausbildungstagen und vielen privaten Einheiten jetzt im Oktober hoffentlich erfolgreich die Prüfung ablegen werden.

Das Ministerium hat sich bewusst für eine halbjährige Ausbildung entschieden, damit zum Abschluss sehr gute Hundegespanne zur Kadaversuche in allen Verwesungsstadien zur Verfügung stehen. Jeden Samstag bzw. Sonntag steht die praktische Hundeausbildung im Gelände der Niedersächsischen Landesforsten an. Die Flachlandausbildung im Laubwald findet im Forstamt Saupark, die im Nadelholz im Forstamt Unterlüss und die Berglandausbildung bis hin zu Steilhanglagen im Forstamt Liebenburg statt. Die Ausbildung im Schilf mit und ohne Wasser fand in privaten Revieren statt. Ergänzt wird diese praktische Arbeit durch digitale Theorieeinheiten unter der Woche.

ML/may

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