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Das Unkraut einfach lasern?

Der Laser verödet gezielt kritische Wuchspunkte junger Pflanzen, sodass diese absterben.

Der Ruf nach tragfähigen chemiefreien Lösungen im Pflanzenschutz wird seit Jahren immer lauter. In der konventionellen Landwirtschaft sind es besonders der zunehmende Wegfall verfügbarer Wirkstoffe und das Auftreten von Resistenzen, die die Landwirte zunehmend vor Probleme stellen. Im ökologischen Landbau sind Kosten und Verfügbarkeit der Arbeitskräfte für die manuelle Unkrautbehandlung ein wichtiger Faktor.

Am Laser Zentrum Hannover e.V. (LZH) wird seit einigen Jahren am Einsatz von Lasertechnologie für die Unkrautbehandlung geforscht. Dabei werden mit dem Laserstrahl gezielt sensible Pflanzenteile wie das apikale Meristem oder der Stengelansatz zerstört. Behandelt werden vorzugsweise kleine aus Samen auflaufende Pflanzen etwa bis zum Vierblattstadium, da diese in der Folge fast sicher absterben. Bei weiter entwickelten oder mehrjährigen Pflanzen führt die Laserbehandlung eher zu einer Wuchsverzögerung. Die Pflanzen treiben wieder aus, sind aber gegenüber unbehandelten Pflanzen im Wachstum verzögert.

Da die eingesetzten Laser einen Strahldurchmesser von wenigen Millimetern haben und berührungslos arbeiten, können mit dieser Technologie Unkrautpflanzen auch im Nahbereich der Nutzpflanzen behandelt werden. Bedingung ist, dass der Laser freie Sicht auf die Zielpflanzen hat. Zur Steuerung der Laserbehandlung wird künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt. Per Bilderkennung werden Nutzpflanze und Unkraut unterschieden und die Zielpunkte für den Laser festgelegt. Durch den thermischen Wirkmechanismus ist im Gegensatz zu chemischen Pflanzenschutzmitteln ein Auftreten von Resistenzen nicht möglich.

Vor- und Nachteile

Dass bei dem Verfahren Einzelpflanzen selektiv behandelt werden, hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Der KI kann individuell vorgegeben werden, welche Pflanzen aktuell als Unkraut und welche als Nutzpflanzen anzusehen sind. So können z.B. auch auflaufende Pflanzen einer Vorfrucht als Unkraut deklariert und behandelt werden. Auf der anderen Seite bedeutet die Einzelpflanzenbehandlung aber auch, dass die mögliche Flächenleistung mit höherer Unkrautdichte abnimmt. Die Einsatz- und Entwicklungsmöglichkeiten der Laserunkrautbekämpfung sind vielfältig. Das LZH arbeitet mit seinen Partnern in mehreren Projekten daran, die Technologie für die Landwirtschaft verfügbar zu machen (Infokasten).

  • Bio-Gemüseanbau

Die manuelle Unkrautkontrolle ist ein wichtiger Zeit- und Kostenfaktor im Bio-Gemüseanbau. Da die Laserbehandlung sich hauptsächlich am vorhandenen Unkraut orientiert, ist sie sehr flexibel bezüglich Reihenabständen und Pflanzenabständen der Nutzpflanzen. Tatsächlich kann die Methode auch außerhalb von Reihenkulturen eingesetzt werden.

Das Laserwerkzeug wird in der Regel nur mittels der Steuerungssoftware auf verschiedene Kulturen eingestellt. Der Laser kann gut in der Nachauflaufunkrautkontrolle, besonders in frühen Kulturstadien eingesetzt werden, da hier gute Sicht auf die Schutzzone um die Gemüsepflanzen besteht und so nah an die Kulturpflanzen herangearbeitet werden kann.

  • Resistentes Unkraut

Auch im konventionellen Anbau kann die Lasertechnologie bei der Unkrautkontrolle unterstützen. Das Auftreten von resistentem Ackerfuchsschwanz (Alopecurus myosuroides) oder Windhalm (Apera spica-venti) stellt ein zunehmendes Problem im Getreideanbau dar. Auch wenn derzeit noch keine vollflächige Behandlung eines Schlags angestrebt wird, können Unkrautnester, wie sie sich zum Beispiel beim ersten Auftreten resistenter Arten bilden, behandelt werden. Wird der Befall erst spät erkannt, sodass das Unkraut zu groß für eine letale Behandlung ist, kann die Laserbehandlung eingesetzt werden, um die Entwicklung der resistenten Gräser zu stören und so die Samenbildung zu verhindern.

WinterGETREIDE sollte nach Möglichkeit bereits im Herbst mit Herbiziden vor allem gegen Ungräser behandelt werden.

Die mögliche Flächenleistung der Laserbehandlung hängt hauptsächlich von der verfügbaren Laserleistung und der vorhandenen Unkrautdichte ab. Grundsätzlich werden Lasersysteme immer leistungsstärker und kostengünstiger. Diese Entwicklung gilt auch für die Lasersysteme, die für die Unkrautbehandlung eingesetzt werden, sodass zukünftig von einer wachsenden Flächenleistung auszugehen ist. Dabei interessieren sich auch zunehmend Firmen aus Laserproduktion und Optik für Anwendungen im Agrarsektor und arbeiten mit dem LZH zusammen an passenden Systemlösungen. Vielversprechend und zielführend ist jedoch selbstverständlich auch die Kombination verschiedener Pflanzenschutzansätze, bei der die Stärken der einzelnen Methoden gezielt ausgenutzt werden. Es bietet sich an, den Laser vor allem in der Schutzzone der Nutzpflanzen einzusetzen. Zwischen den Reihen kann dann zum Beispiel Hacktechnik zum Einsatz kommen.

Forschungsprojekte: Auf dem Weg zu kommerziellen Lösungen

Von der ersten Idee bis zur kommerziellen Umsetzung war und ist einiges an Forschungsarbeit zu leisten. Dafür arbeitet das Laser Zentrum Hannover e.V. in Forschungsprojekten mit verschiedenen Partnern aus Industrie und Landwirtschaft zusammen.

  • Im Oktober 2018 startete das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderte Projekt NUBELA am LZH. Hier wurde der Thulium-Faserlaser zum ersten Mal auf seine Tauglichkeit für den Einsatz bei der Laserunkrautkontrolle auf dem Feld erprobt und ein Demogerät für den Gemüseanbau entwickelt.
  • Die Operationellen Gruppe LURUU widmet sich seit Februar 2020 der Frage, wie die Lasertechnologie am besten zur Behandlung von Ackerfuchsschwanz und anderen Gräsern im Getreideanbau eingesetzt werden kann. Das Projekt wird aus Mitteln des ELER-Fonds im Rahmen der EU-Fördermaßnahme EIP Agri gefördert.
  • In WeLASER arbeitet das LZH mit europäischen Partnern daran, ein autonomes mobiles System zur Laserunkrautbehandlung zu realisieren und in den Markt zu bringen. Dafür wird unter anderem die verfügbare Spitzenleistung des am LZH für die Unkrautbehandlung genutzten Thulium-Faserlasersystems verfünffacht. Das anspruchsvolle Projekt wird seit Oktober 2020 von der EU im Rahmen des Horizon 2020 Programms gefördert.
  • Neben der Lasertechnologie selbst ist die automatisierte Steuerung des Laserbehandlungssystems per Bildverarbeitung ein Schlüssel für die erfolgreiche Laserunkrautkontrolle, der im Projekt LUM seit April 2021 weiter vorangetrieben wird. Hier wird ein Anbaugerät entwickelt, das Lasertechnologie in der Reihe mit Hacktechnik zwischen den Reihen kombiniert, um eine Lösung für eine vollflächige Unkrautbehandlung im Zuckerrübenanbau zu erreichen.

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Fahrplattform

Die Lasertechnologie kann sowohl auf Feldrobotern wie auch als Anbaugerät am Schlepper eingesetzt werden und beide Möglichkeiten werden derzeit auch realisiert. Industrie- und Laborlaser, wie sie derzeit für die Unkrautbehandlung umfunktioniert werden, sind in der Regel für einen Betrieb mit Netzspannung und in Innenräumen ausgelegt. Neben elektrischen Anpassungen wird beim derzeitigen Entwicklungsstand ein wesentliches Augenmerk auf die Robustheit der optischen Systeme unter Feldbedingungen und die Umsetzung von Maßnahmen zur Lasersicherheit, also zum Arbeitsschutz, gelegt.

Feldroboter bieten für die Lasertechnologie den Vorteil, dass sie beispielsweise ihre Fahrgeschwindigkeit sehr flexibel anpassen können. So kann je nach lokalem Unkrautdruck unterschiedlich schnell gefahren werden. Als Anbaugerät am Traktor fügt sich das Laserwerkzeug direkter in die Infrastruktur der landwirtschaftlichen Betriebe ein. Dabei kann die Energieversorgung direkt über den Schlepper selbst erfolgen.

Die Lasertechnologie arbeitet bodenkonservierend und durch die punktgenaue Steuerung per Bildverarbeitung wird die Umwelt abseits der Unkrautpflanzen nicht mitbehandelt. Das heißt, dass z.B. auch Tiere wie Vögel, Nagetiere oder selbst größere Insekten nicht versehentlich vom Laser getroffen werden, auch wenn sie im Arbeitsbereich des Lasers sind, da die Bilderkennung sie nicht als Unkrautpflanze identifiziert und damit kein Laserimpuls auf sie abgestrahlt würde.

Perspektivisch bietet die Laserbehandlung sogar noch weitere Möglichkeiten für eine differenzierte Unkrautkontrolle. So wäre zum Beispiel eine Steuerung der Behandlungswirkung denkbar, sodass z.B. konkurrenzschwache Unkräuter mit genügend Abstand zur Kultur und Begleitpflanzen nicht behandelt werden und so mehr Biodiversität auf den Flächen möglich wird.

Fazit

  • Die Lasertechnologie ist eine vielseitige, flexible und präzise Ergänzung bzw. Alternative zu anderen nicht-chemischen Pflanzenschutzmaßnahmen.
  • Aufgrund der noch begrenzten Behandlungsgeschwindigkeit und Flächenleistung sollte sie dabei noch nicht als direkter Ersatz für chemische Pflanzenschutzmittel, sondern besonders als Alternative zur manuellen Unkrautkontrolle in der Schutzzone verstanden werden.
  • Durch die thermische Wirkweise ist die Bildung von Resistenzen, wie sie beim chemischen Pflanzenschutz zunehmend und wiederkehrend Probleme macht, ausgeschlossen.

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Wegweiser | Die Landwirtschaft wird sich in den kommenden Jahren verändern. Gesellschaftliche Anforderungen haben sich gewandelt und damit auch die politischen Rahmenbedingungen. Klima- und Naturschutz rücken zusammen mit Tierwohl und Artenschutz in den Fokus. LAND & FORST stellte die Frage, wie sich Landwirtinnen und Landwirte darauf einstellen können? Wir unterhielten uns mit Politikern, Unternehmen aus der Branche und Berufskollegen. Ihre Antworten, Ideen und innovativen Ansätze lesen Sie in den nächsten Monaten in der LAND & FORST-Serie „Die Wegweiser – Die Zukunft der Landwirtschaft“.

Inhalt

Vorschau

  • 43/2021: – Ressource Wasser – Diskussionsrunde mit Experten
  • November: Landwirtschaft und Gesellschaft

Rückblick

September: Zukunft der Tierhaltung 2030

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