Logo LAND & FORST digitalmagazin

Artikel wird geladen

Es ging um das nackte Überleben

Die Land- und Forstwirtschaftliche Zeitung berichtete am 1. Spetember über die Gründung des Niedersächsischen Landtages.

Zunächst werfen wir noch einen Blick zurück ins Jahr 1933. Gleich nach der Machtergreifung hatten die Nationalsozialisten begonnen, nicht nur die Presse in Deutschland gleichzuschalten, dasselbe geschah mit allen landwirtschaftlichen Organisatonen, die im sogenannten Reichnährstand aufgingen. Ziel des NS-Regimes war die Selbstversorgung des deutschen Binnenmarkts und eine Abschottung vom Weltmarkt zu erreichen. Aufgrund der Gleichschaltung erschienen die „Land- und Forstwirtschaftliche Zeitung“ (Die „Grüne“) und das „Landwirtschaftsblatt Weser-Ems“ (Die „Gelbe“) bis zum Ende des zweiten Weltkrieges als Mitteilungsblätter des „Reichsnährstandes“.

Briten erteilen Lizenzen

Nach Kriegsende wird Norddeutschland durch die Britische Militärbehörde verwaltet. Sie führt die bis dahin zentralistisch geführten Verbände und Organisiationen wieder in ihre regionalen Funktionen zurück. 1946, die Landwirtschaftskammer Hannover besteht bereits wieder, wird am 5. April ihrem Präsidenten, Baron von Reden, die Lizenz für die Hannoversche Land- und Forstwirtschaftliche Zeitung“ von der britischen Militärbehörde überreicht.

Ähnlich verläuft es im „Weser-Ems-Gebiet“. So erscheinen ab nun beide Blätter 14-tägig als Lizenznehmer der Britischen Militärregierung. Aufgrund der Papierknappheit beträgt der Umfang lediglich acht eng beschriebene Seiten. Neben aktueller Agrarpolitik gibt es kompakte Fachinformationen für alle Produktionszweige und die Hauswirtschaft. Fotos waren die Ausnahme.

Beim Durchblättern machen zahlreiche Schlagzeilen deutlich, dass es 1946 – im Gründungsjahr des niedersächsischen Landtags – für einen Großteil der Menschen ums nackte Überleben ging, viele litten bittersten Hunger. Viele Städte liegen in Trümmern, die Familien leben dicht gedrängt im verbliebenen Wohnraum. Hinzu kommt, dass durch den großen Flüchtlings- und Vertriebenenzustrom aus dem Osten die Bevölkerung allein in Norddeutschland um drei Million Menschen angewachsen ist. Gibt es kaum etwas zu essen für die Menschen, werden dann auch noch die Lebensmittelrationen gekürzt – das ist natürlich absolut enttäuschend.

In einem Artikel in der „Gelben“ mit der Überschrift „Tatsachen über die Ernährungslage“ wird erläutert, warum sie gekürzt wurden. Die zu bewirtschaftenden Flächen müssen wiederhergestellt und erweitert werden. Allein die Anbaufläche für Brotgetreide war um 14 Prozent gesunken, und seit Kriegsende waren keine Lebensmittel mehr eingeführt worden. Erste Einfuhren begannen im März und April 1946.

Außerdem musste die britische Militärverwaltung die Menschen im britischen Abschnitt Berlins aus den Beständen in Norddeutschland mit verpflegen. Am 15. Mai 1946 schreibt der CDU-Politiker Hans Schlange Schöningen (CDU) in der „Grünen“ über die in Planung befindliche, aber umstrittene, Bodenreform unter der Schlagzeile „Umformung der Landwirtschaft": „Der genossenschaftliche Geist in den Dörfern muss gestärkt werden, wir müssen den kürzesten Weg vom Erzeuger zum Verbraucher finden.“ Ein Thema, das immer noch Aktualität besitzt.

In vielen Fachartikeln geht es um die dringend notwendige Steigerung der Nahrungsmittel-Erzeugung. Doch hierfür mangelte es nicht nur an Wirtschaftsflächen, sondern besonders auch an Dünger, Geräten und Arbeitskräften. Schlagzeilen in der „Gelben“ lauten zum Beispiel: „Sind hohe Milchleistungen auch heute noch zu erreichen“ oder „Wie steht es mit der Beschaffungsmöglichkeit von Landmaschinen?“

Im Juni 1946 wird wird auf der Titelseite im Weser-Ems-Gebiet zur Lebensmittel-Sammelwoche aufgerufen. Darin heißt es: „Es ist erschütternd, täglich Frauen mit hungernden Kindern zu sehen. Wir müssen der Welt zeigen, dass jeder anständige Bauer freillig das abliefert, was er noch irgendwie von den Vorräten seines Haushalts entbehren kann.“ Thematisiert wird auch, dass die Stadtbevölkerung den Landwirten nicht ganz traut. Man unterstellt ihnen, nicht alles Entbehrliche zu teilen, sondern auf dem Schwarzmarkt zu Geld zu machen. Zwar räumt der Präsident der Landesbauernschaft Weser-Ems, Dietrich Boedecker ein, dass es „schwarze Schafe“ gebe, aber: „Wenn die Gesamtheit eines Berufsstandes bei jeder Gelegenheit diffamiert und verdächtigt wird, so ist das auf die Dauer untragbar.“ In einer späteren Ausgabe ist die Titelschlagzeile: „Städter und Bauer – ein schwieriges Problem heute!“ Auch diese Thematik entbehrt nicht einer gewissen dauerhaften Aktualität, wenngleich inzwischen aus ganz anderen Gründen.

Niedersachsen entsteht

Nach Kriegsende waren zunächst die früheren Länder Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg-Lippe sowie die Provinz Hannover mit jeweils eigenen parlamentarischen Körperschaften wiedererstanden. Doch am 23. August 1946 ernannte die Militärregierung die Provinz Hannover zum Land Hannover und Hinrich Wilhelm Kopf (SPD) zum Ministerpräsidenten.

Während die Gründung des Hannoverschen Landtags im Weser-Ems-Blatt überhaupt keine Erwähnung findet, macht die „Grüne“ am 1. September 1946 auf Seite eins mit der Schlagzeile auf: „Hannover ist ein Land des Deutschen Reiches“. Ministerpräsident ist der aus dem Hadelner Land im heutigen Landkreis Cuxhaven stammene Hinrich Wilhelm Kopf (SPD) und Landwirtschaftsminister wird August Block aus Banteln im Landkreis Hildesheim von der Nationalliberalen Partei (NLP).

Der nüchterne Akt der Besiegelung des Landes Niedersachsen zum 1. November 1946 durch die britische Militärregierung mit der „Verordnung Nr. 55“ findet nun in beiden Blättern keine Erwähung mehr.

Mitmachen!

Sie wollten schon immer, dass eine LAND & FORST-Fußmatte, Untersetzer oder Kalender ihr Zuhause schmückt? Jetzt ist es soweit, wir verlosen jeweils ein Exemplar.

Schreiben Sie uns bis zum 7. November 2021 mit dem Stichwort: „Glück“ eine Mail an:

landleben-aktion@dlv.de

oder eine Postkarte an

LAND & FORST
Kabelkamp 6
30179 Hannover.

Sie können diese und weitere LAND & FORST-Artikel natürlich auch direkt in unserem Shop bestellen: https://land-und-forst.dlv-shop.de.

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

LAND & FORST-Wandkalender

LAND & FORST-Fußmatte

LAND & FORST-Untersetzer 

Digitale Ausgabe LAND & FORST

Holen Sie sich noch mehr wertvolle Fachinfos.
Lesen Sie weiter in der digitalen LAND & FORST !

 Bereits Mittwochnachmittag alle Heftinhalte nutzen
✔ Familienzugang für bis zu drei Nutzer gleichzeitig
✔ Artikel merken und später lesen
✔ Zusätzlich exklusive Videos, Podcasts, Checklisten und vieles mehr!