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Bedeutend für Niedersachsen

Die Landwirtschaft ist aus Landschaft und Gesellschaft nicht wegzudenken.

Dr. Asche, wie wichtig ist die Agrarbranche für den ländlichen Raum?

Für Niedersachsen ist die Landwirtschaft nach der Autoindustrie der bedeutendste Wirtschaftsbereich. Da liegen wir noch vor den Bayern. Gut 34.000 landwirtschaftliche Betriebe bewirtschaften mit einer erheblichen Wertschöpfung rund 2,6 Mio. Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Es gibt Regionen, in denen bald jeder zweite Arbeitsplatz mehr oder weniger mit der Landwirtschaft und ihrem vor- und nachgelagerten Bereich verbunden ist. Das gilt vor allem für die Veredlungsregionen in Weser-Ems. Gut 60 Prozent der Landesfläche in Niedersachsen wird landwirtschaftlich genutzt. Zahlen, Daten und Fakten, die für sich sprechen.

Seit Jahren verschwinden immer mehr Landwirte aus den niedersächsischen Dörfern. Wird sich dieser Trend fortsetzen?

Mit den wachsenden Betriebsgrößen wird der Platz in den Dörfern enger. Je nach Produktionsausrichtung und Betriebserweiterung nehmen die Nutzungskonflikte in den Dörfern zu. Die landwirtschaftliche Tierhaltung ist beispielsweise mit Geruchs- und Lärmemissionen verbunden. Um– und Aussiedlungen von landwirtschaftlichen Betrieben vor die Tore der Dörfer sind ein gutes Werkzeug, um diese Nutzungskonflikte zu mindern. Was bleibt, sind die ortsbildprägenden landwirtschaftlichen Gebäude, für die es viele Beispiele für gute Nachnutzungskonzepte gibt.

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Dr. Eckhard Asche arbeitet für die Landwirtschaftskammer Niedersachsen.

Dr. Eckhard Asche

Was passiert mit den ländlichen Regionen, wenn es immer weniger Landwirte gibt?

Eine landwirtschaftliche Produktion wird es im Flächenland Niedersachsen immer geben, da braucht man kein Prophet zu sein. Auch wenn die absolute Anzahl der Betriebe weiter zurückgehen wird, die Betriebe werden größer, mitunter spezieller und sie werden weitere wichtige Aufgaben übernehmen, wie zum Beispiel die Ökosystemleistungen Biodiversität, Klimaschutz, Wassermanagement, ökologischer Landbau oder Tierwohl. Damit wird die Ausrichtung der landwirtschaftlichen Produktion und Wirtschaftsweise vielerorts eine Änderung erfahren, die sich unter anderem auch auf die regionalen Landschaftsbilder des Landes Niedersachsens auswirken wird.

Welchen Einfluss hat die Agrarwirtschaft auf die wirtschaftliche Entwicklung ländlicher Gebiete?

Die landwirtschaftliche Produktion wird sich mit den gesamtgesellschaftlichen Ansprüchen weiter ändern und anpassen. Die genannten Ökosystemleistungen werden zunehmend auf Augenhöhe mit der klassischen landwirtschaftlichen Produktion entwickelt und umgesetzt. Wie auch in den anderen Wirtschaftsbereichen wird die Digitalisierung weiter Einzug halten, um die landwirtschaftliche Produktion noch effizienter zu machen. Auch hier gibt es schon viele erfolgversprechende Ansätze und Praktiken.

Welche gesellschaftliche Bedeutung haben landwirtschaftliche Betriebe im ländlichen Raum?

Eine ganz große Bedeutung, da die Betriebe schon seit jeher eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der gesellschaftlichen Ziele und Ansprüche übernehmen. Eine geordnete und umweltorientierte Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Betriebsstätten mit ihren Nutzflächen leistet schon immer einen unverzichtbaren Beitrag zur Gestaltung der niedersächsischen Landschaften mit ihrem sehr guten Erholungswert.

Welche Auswirkungen haben die politischen Aktionen der Landwirte? Haben sich die Landwirtschaft oder die ländlichen Regionen dadurch verändert?

Poltische Aktionen sind wichtige Impulsgeber für nötige Veränderungen, wenn sie moderat und konsensorientiert vorgenommen werden. Das gilt auch für den Einsatz der sozialen Medien, für die es viele gute Beispiele mit positiven Imageeffekten gibt. Die Landwirtschaft bekommt damit eine weitere Stimme, die von der Öffentlichkeit als frisch und modern wahrgenommen wird. Mit dem Blick in die Zukunft trifft dies in vielen Fällen für die landwirtschaftliche Jugend und der potenziellen Hofnachfolge zu.

Was muss getan werden, um landwirtschaftliche Betriebe in den Regionen zu erhalten?

Landwirtschaftliche Betriebe sind in erster Linie wirtschaftlich orientiere Unternehmungen, die ein Einkommen erzielen müssen. Dieses Einkommen sollte eine mittel- bis langfristige Perspektive gewährleisten.

Wenn die gesamtgesellschaftlichen Ansprüche nach weiteren Ökosystemleistungen umgesetzt werden sollen, wollen die meisten Landwirte gerne ihren Beitrag dazu leisten. Dieser muss dann allerdings auch entsprechend honoriert werden.

Welche Chancen bieten sich den Dörfern künftig durch die Landwirtschaft?

Gerade in Niedersachsen sind die meisten landwirtschaftlichen Unternehmungen Familienbetriebe mit oftmals langjähriger Tradition. Auch die Betriebsleiterfamilien sind Dorfbewohner. Sie übernehmen wichtige Aufgaben für und mit der Dorfgemeinschaft, in dem auch Traditionen gepflegt werden. Das Interesse für das weitere soziale Miteinander in einem lebenswerten Umfeld ist somit groß. Dadurch, dass ehemals landwirtschaftlich genutzte Gebäude in den Ortskernen umgenutzt werden, bestehen viele gemeinsame Entwicklungsperspektiven. Zu nennen sind unter anderem die Direktvermarktung in und vor den Dörfern oder das Angebot des Landtourismus für Naherholungssuchende und Familien. Die Förderprogramme für die ländlichen Räume, wie die Dorfentwicklung, Leader oder Interreg haben viele gute Projekte hervorgebracht. Die Fördertöpfe sollten weiter ausgebaut und konsequent genutzt werden.

Die Agrarbranche prägt wirtschaftliche und soziale Strukturen

Landwirtschaft ist ein wichtiger Arbeitgeber im ländlichen Raum: Jeder zehnte Arbeitsplatz in Niedersachsen ist in der Agrarbranche angesiedelt. Rund 135.000 Menschen arbeiten direkt in der niedersächsischen Landwirtschaft, davon 35.000 fest angestellte Arbeitskräfte und 45.000 Saisonarbeiter.

Die wirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft geht jedoch noch weit über die eigentliche Branche hinaus: Vor- und nachgelagerte Unternehmen wie etwa für Landmaschinen und Stallbauten gehören ebenso dazu wie der Agrarhandel und die Ernährungswirtschaft. Etwa 400.000 Arbeitsplätze in Niedersachsen stehen auf diese Weise in Zusammenhang mit dem Agrarsektor.

Und nicht nur das: Die Land- und Ernährungswirtschaft sorgt außerdem für gut strukturierte ländliche Räume. Im Nordwesten Niedersachsens sei es beispielsweise über die Jahrzehnte gelungen, die komplette Wertschöpfungskette zu etablieren und damit der Region zu einem Wirtschaftswachstum zu verhelfen, teilte das Landwirtschaftsministerium auf Anfrage der LAND & FORST mit. Die Agrar- und Ernährungswirtschaft ist hierzulande die zweitwichtigste produzierende Branche. Viele Unternehmen des Agribusiness sind im ländlichen Raum angesiedelt und sehr wichtige Arbeitgeber.

„Gemeinsam mit den vor- und nachgelagerten Bereichen ist die Landwirtschaft für die Wirtschaftskraft des Landes unverzichtbar und prägt die niedersächsische Kulturlandschaft mit ihren regionalen Besonderheiten in hohem Maße“, beschreibt Michael Busch, Geschäftsführer von der Agrarsozialen Gesellschaft e.V. (ASG) die Bedeutung der Agrarbranche für den ländlichen Raum. Die Menschen in der Landwirtschaft sind auch ein wichtiger Teil der ländlichen Gesellschaft und helfen dabei, traditionelle und kulturelle Werte im Dorfleben zu erhalten. In der landwirtschaftlichen Produktion ist nicht nur die Lebensmittelproduktion eine ihrer Aufgaben, sondern immer mehr auch der Umwelt- und Klimaschutz.

MD

DIE WEGWEISER 

Die Landwirtschaft wird sich in den kommenden Jahren verändern. Gesellschaftliche Anforderungen haben sich gewandelt und damit auch die politischen Rahmenbedingungen. Klima- und Naturschutz rücken zusammen mit Tierwohl und Artenschutz in den Fokus. 

LAND & FORST stellte die Frage, wie sich Landwirtinnen und Landwirte darauf einstellen können? Wir unterhielten uns mit Politikern, Unternehmen aus der Branche und Berufskollegen. Ihre Antworten, Ideen und innovativen Ansätze lesen Sie in der LAND & FORST-Serie „Die Wegweiser – Die Zukunft der Landwirtschaft“.

Rückblick

Oktober: Pflanzenbau, Klima und Umwelt

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