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„Ich wünsche Dir eine Sternschnuppe“

Mit Lesungen in ihrem Wohnzimmer erfreut Roswitha Holstein auch gerne ihre Gäste – hier in Szene gesetzt von ihrer Tochter Bettina, die als Fotografin und Grafikerin arbeitet.

Hausbesuch in Groß Ilsede – und ich sehe sofort: Hier leben kreative Menschen. Meine Blicke fallen auf fantasievolle Töpferarbeiten und selbst gemalte Bilder. „Mein Mann Achim und ich haben zusammen getöpfert und malen beide“, erzählt Roswitha Holstein und zeigt mir den kleinen „Hubicht“.

Es ist ein getöpferter Habicht, der seinen Spitznamen einem „Scrabble“-Abend zu verdanken hat, als die übrig gebliebenen Buchstaben nur noch für „Hubicht“ reichten. „Nun machen wir unsere Späßchen mit Hubicht.“ Sich immer nur „erwachsen“ zu benehmen, das nimmt doch die Lebenslust, findet sie. „Ich spinne gerne mal ein bisschen herum,“ sagt sie und lacht.

Aneinander vorbei

Rumspinnen, kreativ sein, lesen und selbst Geschichten und Gedichte schreiben, kommunizieren und lachen, das sind die Dinge, denen Roswitha Holstein viel Raum gibt in ihrem Leben, Dinge, von denen sie zehrt. Und das ist auch der Hintergrund, vor dem die Aktion „Gute Worte“ entstand: Es war im vorigen Jahr im September. Ihr fiel mehr und mehr auf, dass sich die Menschen mit der Vorschrift, Abstand zu halten und meistens auch noch Maske tragend, voneinander entfernten und man kaum noch ein Lächeln sah.

„Hatte ich früher unterwegs gerne mal ein paar nette Sätze mit Fremden gewechselt, so ging man nun meist so aneinander vorbei.“ Da hatte sie eine Idee. Sie schrieb Wörter auf kleine Zettel: „Liebe“, „Glück“ oder „Gesundheit“, und wenn ihr jemand begegnete, fragte sie: „Möchten Sie ein gutes Wort von mir?“ Die Leute waren überrascht, sagten aber immer „Oh ja, gerne!“ Sie durften einen Zettel ziehen. „Es ist für mich eine Freude zu sehen, wie die Menschen strahlen, wie sie sich aufrichten und wachsen“, schwärmt die Seniorin. Ein alter Mann, den sie auf einem Friedhof traf, fragte sie, ob sie ihm ein Wort schenken dürfe.

Er zog „Sternschnuppe“. „Andächtig las er es und ich fragte, ob er lieber ein anderes Wort möchte.“ „Oh, nein!“, sagte er. „Das ist jetzt MEINE Sternschnuppe. Und wenn ich künftig eine sehe, werde ich an Sie denken.“ Mit einem Lächeln ging der Mann weiter. In einem Restaurant nahm ein Mitarbeiter „sehr gerne!“ ein Wort.

„Regenbogen, das hat mir noch keiner geschenkt“, sagte er und strahlte. „Oder möchten Sie nochmal tauschen?“, fragte ich, erinnert sich Roswitha Holstein. „Nein, das ist mit MEIN Regenbogen, darüber freue ich mich jetzt den ganzen Tag und heute Abend mache ich einem Freund eine Freude damit.“

Nach kurzer Zeit meinte ihr Mann, dass es noch schöner wäre, Sätze zu verschenken. Gesagt, getan. Knapp 90 Sätze hat sie mittlerweile gesammelt und durchnummeriert. Wer mag, sagt ihr eine Zahl von eins bis 90. Ein älterer Mann bekam: „Ich wünsche Dir, dass jemand pustet, wenn Du Dich gestoßen hast.“ Er musste lachen und meinte: „Wenn ich wüsste, dass Sie pusten, würde ich mich jetzt stoßen.“

Im November wurde bei Roswitha Holstein Brustkrebs diagnostiziert. Während ihres Krankenhaus-Aufenthaltes gelang es ihr, Mitpatientinnen und -patienten mit liebevollen Sätzen aufzumuntern. „Als ich neulich wieder einmal zur Nachkontrolle bei meiner Ärztin war, sah ich, dass ihr Zettel mit dem schönen Satz vorne auf meiner Akte klemmte. Das macht mich wirklich froh, und ich bleibe ein fröhlicher Mensch und nehme die schönen Momente als kostbar wahr.“

Bücher selbst verlegt

Wie schon erwähnt, liebt Roswitha Holstein nicht nur Wörter und Sätze, sondern auch Bücher. „Was gibt es Schöneres, als ein Buch in die Hand zu nehmen“, sagt sie und schwelgt in Erinnerungen an die Zeit, als sie in einer Buchhandlung im Ort gearbeitet hat. Sie hat nicht nur Menschen beim Bücher kaufen beraten, sie schreibt auch selbst Geschichten und Gedichte.

Mehrere wunderschöne gestaltete und hübsch eingebundene Bücher liegen auf dem Tisch, die sie gemeinsam mit ihrer Tochter Bettina gemacht hat, die als Fotografin und Grafikerin arbeitet.

Als es noch erlaubt war, mehrere Menschen bei sich zu empfangen, lud Roswitha Holstein in ihr gemütliches Wohnzimmer, um ihre Geschichte und Gedicht vorzutragen und ihren Zuhörerinnen und Zuhörern damit ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Von ihren Gästen bekommt sie viel positive Resonanz: Da ist zu lesen, dass sie sich sehr auf die Zeit freuen, wenn es wieder erlaubt sein wird. „Auch ich freue mich schon“, sagt Roswitha Holstein.

 

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