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Einige Eckwerte auf den Prüfstand?

In einem MUD-Projekt wird derzeit erprobt, ob bei Puten Beschädigungspicken reduziert werden kann, wenn der Stall strukturiert ist in Aktivitäts- und Ruhebereich.

Was in der Legehennenhaltung inzwischen Standard ist, ist für die Putenhaltung nach wie vor ein ungelöstes Problem: Der Verzicht auf das Schnabelkürzen, ohne dass es Probleme mit Bepicken oder Kannibalismus gibt. In den vergangenen Jahren haben sich viele Projekte und Untersuchungen damit befasst, wie man dem Ziel „intakter Putenschnabel“ näher kommen kann. Eine Hypothese ist, ob nicht ein strukturierter Stall, in dem es einen Aktivitäts- und einen Ruhebereich gibt, eher den Bedürfnissen der Tiere entspricht und deshalb zu geringerem Beschädigungspicken/Kannibalismus führen würde.

Ruhezone im Stall

Unter Federführung der Tierärztlichen Hochschule (TiHo) Hannover gibt es aktuell ein MUD-Projekt (Modell- und Demonstrationsbetriebe), das sich mit dieser Hypothese befasst. Es wurde jetzt im Rahmen einer Online-Veranstaltung vorgestellt. Das Projekt läuft in der Praxis auf drei Putenmastbetrieben, die jeweils über zwei ähnliche Ställe verfügen. Auf diesen drei Praxisbetrieben wurde jeweils ein Stall als Versuchsstall umgerüstet. Diese Versuchsställe wurden mittels Abtrennungen (Bauzäune, Trennwände) in Aktiv- und Ruhebereich aufgeteilt. Die Ruhezone beinhaltet etwa 20 % der Stallfläche, Wasser- und Futterversorgung wurden hier abgestellt. Die Lichtstärke wurde im Ruhebereich um mindestens 30 % reduziert. Erreicht wurde dies zum Beispiel durch Abdunkeln der Fensteröffnungen mit schwarzer Folie oder durch das Anbringen von Lichtblenden draußen vor den Fenstern.

Geflügelfachtierarzt Ronald Günther erläuterte in der Online-Veranstaltung die besonderen Herausforderungen im Projekt. So musste trotz der Abtrennung eines Teilbereiches im Stall die Lüftungsführung weiter funktionieren und auch den Ruhebereich mit Frischluft versorgen. Sonst könnte es im Hochsommer in Hitzeperioden zu Problemen kommen. Die drei Versuchsställe verfügen alle über ein Zwangslüftung bzw. eine Sommer-Zusatzlüftung. „Die Lüftung ist in bestehenden Ställen ein Faktor, ob eine Strukturierung möglich ist“, so Günther. Damit eine Strukturierung im Stall auch „praxistauglich“ ist, müssen zudem das Ein- und Nachstreuen im Ruhebereich machbar sein bzw. die Abtrennungen dürfen die Servicearbeiten nicht zu sehr behindern.

Im Projekt ist der erste Teil, der quasi als „Übung“ für die beteiligten Mäster noch mit kupierten Puten durchgeführt wurde, abgeschlossen. Laut Information von Günther wurde der Ruhebereich von den Puten gut angenommen: „Wenn Tiere die Wahlmöglichkeit haben, fühlen sie sich wohler“, so seine Feststellung. Aktuell läuft der zweite Teil des Projektes, hierbei wurde auf das Schnabelkürzen bei den Puten verzichtet.

Gesetzliche Vorgaben

Der Geflügelfachtierarzt gab in seinem Vortrag auch einen Überblick über die Entwicklung der gesetzlichen Vorgaben für die Putenhaltung. Die bundesweiten Eckwerte sehen nach wie vor eine gleichmäßige Ausleuchtung des gesamten Stalles ebenso vor wie eine Minimallichtstärke. Zwar gibt es in den überarbeiteten Eckwerten von 2013 auch die Empfehlung zur Strukturierung des Stalles, wegen mangelnder Erfahrungen wurde dies jedoch nicht konkretisiert.

Aktuell gibt es inzwischen bei speziellen Labeln oder etwa der Haltungsstufe 4 des Lebensmittelhandels sogar die Verpflichtung zur Strukturierung des Stalles. Jedoch wäre es derzeit rechtlich nicht möglich, einen Putenmaststall gemäß dem beschriebenen Projekt mit einem abgedunkelten Ruhebereich auszustatten. Hierfür müsste die Forderung nach der Mindestlichtstärke im gesamten Stall überarbeitet werden. Laut Günther fehlen hierfür derzeit noch ausreichend belastbare Daten. Das hier beschriebene Projekt, das Anfang des nächsten Jahres abgeschlossen sein soll, könnte ggf. solche Daten liefern.

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