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Was der Boden die Bauern kostet

Großen Einfluss auf den Bodenmarkt hat auch der Anteil der Pachtflächen am bewirtschafteten Land.

Für Landwirte ist das keine gute Nachricht: In Europa sind die Preise für Ackerland weiter gestiegen. Auch die Corona-Krise konnte den Höhenflug der Preise nicht stoppen. Das zeigen die im März veröffentlichten Daten der EU-Kommission über Boden- und Pachtpreise in den EU-Ländern im Jahr 2020.

Für deutsche Bauern überraschend: Hierzulande zahlen die Landwirte nicht die höchsten Pachten und Bodenpreise in der EU. Auch wenn sich das so anfühlt. In den Niederlanden, in Dänemark, in Italien und auch in Griechenland, müssen die Landwirte noch tiefer in die Tasche greifen, um überhaupt ackern zu können.

Gleichzeitig gibt es jedoch große Agrarländer in Europa, wo Pacht und Boden erheblich weniger kosten: Dazu gehören Frankreich, Spanien und Polen. Und die nächste Überraschung: Anders als in Deutschland, steigen die Pachtpreise nicht in allen Ländern nahezu ungebremst. In einigen EU-Staaten blieben die Preise zumindest im Corona-Jahr 2020 relativ stabil.

Die politische Einflussnahme ist groß

Die Ursachen für die Unterschiede zwischen den Ländern sind komplex. Pavel Ciaian vom Zentrum für europäische poltischen Studien (CEPS) hat sich eingehend damit befasst. Er sagt: „All diese Unterschiede haben sowohl ökonomische Ursachen – als auch politische, rechtliche und historische Gründe.“ Und sie haben großen Einfluss auf die Mobilität des Bodens und die Pachtpreise. Dabei bieten die von der Kommission regelmäßig erfassten nationalen Pachtpreise eine gute Möglichkeit, die Entwicklung in den verschiedenen Ländern zu vergleichen. Immerhin sind Pachtpreise ein wichtiger Kostenfaktor der landwirtschaftlichen Produktion und auch ein Indikator für die „finanzielle Attraktivität“ der regionalen Bodenmärkte.

Pavel Ciaian hat einige wichtige Treiber für die Dynamik an den Bodenmärkten herausgearbeitet. Dazu gehören: Die Produktivität der Betriebe und die betrieblichen Einnahmen. Hinzu kommen die Marktnähe bzw. auch die Kaufkraft. Eine wichtige Rolle spielt die gesamtwirtschaftliche Situation in den Ländern. Großen Einfluss hat außerdem der Anteil der Pachtflächen am insgesamt bewirtschaften Land und der Grad der poltischen Regulierung der Pacht- und Bodenmärkte. Pavel Ciaian sagt, „dass die politischen Einflussnahme auf den Bodenmarkt in einigen europäischen Länder weiterhin groß ist.“

Pacht in Deutschland nicht am höchsten

Mit Abstand am teuersten war die Pacht im Jahr 2020 in vier Ländern. Das sind die Niederlande, Italien, Dänemark und Griechenland. In diesen Ländern müssen die Bauern zum Teil deutlich höhere Pachtpreise zahlen als in Deutschland. Dabei weisen diese Länder in fast jede Hinsicht unterschiedliche Strukturen und Bedingungen auf. In den Niederlanden – mit einem offiziellen durchschnittlichen Pachtpreis (Acker- und Grünland) von zuletzt 819 Euro/ha Ackerland, müssen die Landwirte im Schnitt mehr als doppelt so viel zahlen wie die Kollegen in Deutschland, mit 329 Euro/ha. Allerdings gibt es auch in Deutschland Regionen, in denen Pachtpreise über 1.000 Euro/ha liegen.

Der niederländische Pachtmarkt wird indessen streng reguliert und staatlich kontrolliert. Gleichzeitig liegt der Pachtflächenanteil in den Niederlanden nur bei etwa 25 Prozent. Betriebliches Wachstum über Zupacht ist also schwierig. Das ist auch der Grund, warum es in den Niederlanden (und in Belgien) einen „grauen Pachtmarkt“ gibt, sagt Ciaian. Dort werden Flächen außerhalb der staatlichen Kontrollmechanismen zum Teil noch für 50 Prozent höhere Preise verpachtet. Grund ist der starre Pachtmarkt mit Mindestlaufzeiten und anderen Auflagen.

Fast so hohe Pachtpreise wie in den Niederlanden müssen die Bauern in Italien zahlen. Im Jahr 2020 waren es 837 Euro/ha und damit 18 Euro mehr als im Vorjahr. Dabei ist die Produktivität in Italien erheblich niedriger als etwa in den Niederlanden oder Dänemark. Der Grund für die hohen Preise: Weniger als 30 Prozent der bewirtschafteten Fläche sind überhaupt Pachtland, der Rest ist Eigentum – also ebenfalls ein sehr kleiner Markt. Mit Pachtpreisen von 557 Euro/ha im Jahr 2020 (plus 13 Euro zum Vorjahr) folgt Dänemark auf Position drei im Ranking der europäischen Pachtpreise. Das sind immerhin 50 Prozent mehr, als die Bauern im Durchschnitt in Deutschland zahlen müssen. Ebenfalls mehr Geld als hierzulande müssen die Bauern in Griechenland zahlen. Dort liegen die Preise bei 448 Euro/ha.

Für Landwirte in Frankreich ist es viel billiger

In Frankreich, Spanien und Polen sind die Pachtpreise dagegen erheblich niedriger als in Deutschland. So mussten die Bauern in Frankreich im Jahr 2020 für Ackerland durchschnittlich 147 Euro/ha zahlen und damit ähnlich viel wie im Jahr zuvor. Außerdem sind die französischen Pachten seit 2016 sogar deutlich um etwa 50 Euro billiger geworden.

Nicht viel mehr Geld als in Frankreich mussten die Bauern 2020 in einem anderen großen Agrarland ausgeben. Nämlich in Spanien mit 157 Euro/ha. Dort waren die Pachtpreise zum Vorjahr stabil und sind in den Jahren davor moderat gestiegen. Zwischen Frankreich und Spanien gibt es jedoch einen großen Unterschied: Der Anteil des Pachtlandes liegt in Frankreich bei 74 Prozent der insgesamt bewirtschaften Fläche und ist damit sehr hoch. In Spanien haben die Bauern hingegen nur 30 Prozent Pachtland unterm Pflug.

Große Betriebe und viel Pachtland

Die niedrigsten Pachtpreise findet man 2020 in einigen Ländern Osteuropas, auch wenn der Anteil Pachtland und die Betriebsstruktur sich zwischen den Ländern erheblich unterscheidet. In Polen, einem Land mit vielen kleinen Betrieben, werden gerade einmal 20 Prozent der Flächen als Pachtland bewirtschaftet, der Rest ist Eigentum. Die polnischen Pachtpreise waren zuletzt mit 175 Euro/ha dennoch niedrig und in den vergangenen Jahren sogar leicht rückläufig.

Anders ist die Situation in Tschechien und der Slowakei. In beiden Ländern dominieren, ähnlich wie in Ostdeutschland, Großbetriebe die Produktion. Der Pachtlandanteil ist in beiden Ländern sehr hoch und liegt bei 83 und 89 Prozent. Gleichzeitig bewegen sich die Pachtpreise mit 124 Euro/ha in Tschechien und gerade einmal 57 Euro/ha in der Slowakei, am unteren Ende der europäischen Pachtpreisskala.

Das gleiche gilt auch für die baltischen Länder. Hier meldet die Kommission Pachtpreise zwischen 71 und 105 Euro/ha. Allerdings ging es im Baltikum im Jahr 2020 mit den Pachten deutlich nach oben. In Ungarn, mit einem Pachtflächenanteil von 56 Prozent und einer relativ gemischten Betriebsstruktur, mussten die Bauern 2020 etwa 173 Euro/ha zahlen – und damit etwa so viel wie im Vorjahr.

Die Situation am Pachtmarkt kann fast eins zu eins auf die Bodenpreise übertragen werden. Diese liegen in der EU ebenfalls meilenweit auseinander. Nur in wenigen Ländern gingen die Bodenpreise zurück oder blieben stabil. Dazu gehören Dänemark, Irland und Polen.

In den meisten EU-Ländern hat sich der landwirtschaftliche Boden im ersten Corona-Jahr weiter verteuert. Fakt ist auch: Zwischen den Bodenmärkten und Bodenpreisen der EU-Länder gibt es weiterhin riesige Unterschiede. Sowohl in der Höhe der Bodenpreise – dort liegen etwa zwischen den Niederlanden und Frankreich Welten. Als auch in der Höhe der Eigentums- und Pachtflächenanteile und damit auch in der Mobilität der handelbaren landwirtschaftlichen Flächen. Beides hängt eng zusammen und hat Einfluss auf eine ganze Reihe weiterer Faktoren.

Im März hat die Kommission die in den EU-Ländern im Jahr 2020 gezahlten Preise für Ackerland veröffentlicht. Danach sind die Bodenpreise in nur fünf von 22 erfassten EU-Ländern zurückgegangen oder stabil geblieben. Den stärksten Rückgang verzeichnete 2020 das Hochpreisland Irland. Allerdings haben die Bodenpreise in Irland bereits in der Vergangenheit erheblich stärker geschwankt als in anderen wichtigen Agrarländern. Leicht nach unten ging es zudem – überraschenderweise – in Polen und auch in Dänemark.

Niederlande und Italien sind am teuersten

Den größten Preissprung nach oben machte zwar Luxemburg, doch von den großen (und teuren) Agrarländern sind die Preise am stärksten in Italien gestiegen. Erheblich teurer wurde der Boden auch in Rumänien und in Tschechien. In beiden Ländern müssen Käufer mittlerweile deutlich mehr zahlen als etwa in Frankreich.

Insgesamt am teuersten ist der Boden weiterhin in den Niederlanden, mit zuletzt knapp 70.000 Euro/ha. Allerdings stammen die niederländischen Zahlen noch aus 2019 und nicht wie bei den übrigen Ländern aus 2020, sagt die Kommission. In den vergangenen zehn Jahren sind die niederländischen Bodenpreise um etwa 20.000 Euro bzw. fast 40 Prozent gestiegen. In den vergangenen beiden Jahre war das Niveau jedoch relativ stabil.

Trotz der hohen Preise wechseln jährlich rund drei Prozent der niederländischen Flächen den Besitzer. In Deutschland werden pro Jahr gerade einmal 0,5 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen gehandelt.

Der zweitteuerste Bodenmarkt der EU befindet sich nach wie vor in Italien. Dort kostete der Hektar 2020 im Durchschnitt 35.500 Euro. Das sind rund 1.300 Euro mehr als im Jahr zuvor. Interessant ist auch: In Italien hatten die Preise im Jahr 2015 mit 40.000 Euro ihren bisherigen Spitzenwert erreicht, danach ging es bis 2018 nach unten. Ab 2019 wurde es dann jedoch wieder deutlich teurer. Gehandelt werden auf der Apenninenhalbinsel jährlich rund 1,5 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche.

Deutschland mit einer starken Dynamik

Irland liegt im europäischen Ranking mit einem Kaufpreis von rund 26.000 Euro/ha jetzt knapp hinter Deutschland auf Position vier, lässt man einmal das kleine Luxemburg mit 46.500 Euro/ha unberücksichtigt. Dabei sind die irischen Preise im Coronajahr 2020 sogar deutlich um 2.344 Euro/ha gefallen. Offenbar wegen des Brexits des großen Nachbarn England. Mit etwa drei Prozent ist der Anteil des gehandelten Bodens in Irland etwa so hoch wie in den Niederlanden, wo außerdem fast ebenso viel Land im Eigentum der Bauern ist, nämlich über 80 Prozent.

In Deutschland haben sich die Bodenpreise in den letzten 10 Jahren verdoppelt: auf 26.394 Euro/ha im Jahr 2020. Ähnlich starke Preisexplosionen gab es in der letzten Dekade nur in wenigen Ländern: Nämlich in Polen, Ungarn und Rumänien. Dort war das Ausgangsniveau jedoch erheblich niedriger.

Doch zurück nach Deutschland: Im Unterschied zu den übrigen Ländern mit sehr hohen Bodenpreisen, ist der Pachtlandanteil in Deutschland mit rund 60 Prozent erheblich höher, während gleichzeitig die regionalen Preisunterscheide europaweit am größten sind.

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