Logo LAND & FORST digitalmagazin

Artikel wird geladen

Höchste Zeit für eine Umwallung

Bis zum 1. August müssen Biogasanlagen mit einer Umwallung versehen sein.

Um Energie zu gewinnen, werden in Biogasanlagen unter anderem nachwachsende Rohstoffe vergoren. Dabei müssen alle flüssigen wassergefährdenden Stoffe zurückgehalten werden. Mit einer Umwallung soll dies im Schadensfall sichergestellt werden. Die am 1.8.2017 in Kraft getretene Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) verpflichtet Betreiber von bestehenden Anlagen zur Nachrüstung einer solchen Umwallung innerhalb von 5 Jahren - also bis zum 1.8.2022. Eine Mitteilung des Niedersächsischen Biogasforums gibt einen Überblick, was Sie tun müssen und worauf zu achten ist:

Wer ist betroffen?

Von den Regelungen, – vor allem aber der Frist – betroffen, sind Betreiberinnen und Betreiber von Biogasanlagen mit Gärsubstraten ausschließlich landwirtschaftlicher Herkunft, die bisher über keine Umwallung verfügen.

Meldet sich die Behörde oder muss der Betreiber selbst initiativ werden?

Bei der Pflicht zur nachträglichen Umwallung liegt der Ball definitiv beim Betreiber. Einer Aufforderung durch die Behörde bedarf es nicht.

Gibt es konkrete Anforderungen an die Ausführung einer nachträglichen Umwallung?

Grundsätzlich gelten für das Umwallen von bestehenden Anlagen dieselben Anforderungen wie für das Umwallen im Zuge einer Neuerrichtung. Das ergibt sich aus § 68 (10) Satz 1 AwSV. Hier wird auf eine „Umwallung nach § 37 (3) AwSV“ verwiesen. Allerdings sind in diesem § 37 (3) AwSV nur sehr grundsätzliche Anforderungen formuliert. Detaillierte Vorgaben für die Ermittlung des Fassungsvermögens, sowie zur Dimensionierung und Gestaltung der Umwallung finden sich in der TRwS 793-1 „Errichtung und Betrieb von Biogasanlagen mit Gärsubstraten landwirtschaftlicher Herkunft“ der DWA.

Im Wesentlichen sind hier die Maßgaben für die Ermittlung des erforderlichen Volumens der Umwallung, die Anforderungen an die umwallte Fläche und die Ausführung als Erdwall beschrieben.

Die Umwallung ist so zu errichten, dass das Volumen zurückgehalten wird, das bei Betriebsstörungen bis zum Wirksamwerden geeigneter Sicherheitsvorkehrungen freigesetzt werden kann, mindestens aber das Volumen des größten Behälters.

Für Anlagen, bei denen die Behälter über Rohrleitungen verbunden sind, berechnet sich das erforderliche Rückhaltevolumen der Umwallung grundsätzlich über das Gesamtvolumen aller Behälter.

Das nötige Rückhaltevolumen der Umwallung kann durch im Schadensfall automatisch schließende Schieber reduziert werden. Die Schieber müssen hierzu mit einer elektronischen Leckageerkennung (TRwS 779 „Allgemeine technische Regel“) oder einer Füllstandsüberwachung der Behälter verbunden sein. Dabei ist für das erforderliche Rückhaltevolumen mindestens das Volumen des größten Behälters anzunehmen (§ 37 (3) AwSV).

An Standorten, an denen die Errichtung einer Umwallung mit dem o. g. Rückhaltevolumen nicht realisierbar ist, kann das Volumen im Einzelfall durch Separierung der Gärreste oder Anpassung der Input-Stoffe/-Menge durch den Betreiber reduziert werden.

Muss es ein geschlossener Erdwall sein?

Nein, weder eine Ausführung als Erdwall noch eine vollständig geschlossene Ausführung ist zwingend.

Die Umwallung muss aberso gestaltet werden, dass aus Leitungen und Behältern oberhalb der Geländeoberkante im Schadensfall austretende flüssige Substrate oder Gärreste zurückgehalten werden können. Dazu zählen insbesondere der Fermenter, der Nachgärer und das Gärrestlager.

Das kann sowohl durch Einbeziehung von Gebäuden, durch Beton- oder Spundwände, durch einen Erdwall oder eine Kombination dieser Optionen geschehen. Bedingt die Topografie des Standortes, dass potenziell austretende Stoffe nur in eine oder zumindest nicht in alle Richtungen wegfließen können, muss eine Barriere nur da geschaffen werden, wo es tatsächlich erforderlich ist.

Anlagen und Anlagenteile zum Umgang mit festen Gärsubstraten und festen Gärresten müssen nicht in die Umwallung einbezogen werden.

Was muss formal beachtet
werden?

Zum einen ist das nachträgliche Umwallen als „wesentliche Änderung einer bestehenden Anlage“ einzuordnen. Damit besteht gemäß § 40 AwSV wasserrechtlich eine Anzeigepflicht.

Dafür muss die Errichtung der Umwallung bei der zuständigen Behörde mindestens sechs Wochen im Voraus angezeigt werden. Die Anzeige muss mindestens folgende Angaben enthalten:

  • zum Betreiber
  • zum Standort der Anlage
  • Berechnung des erforderlichen Rückhaltevolumens
  • Beschreibung der geplanten oder bereits umgesetzten Maßnahmen zur Reduzierung des Rückhaltevolumens des größten Behälters
  • Nachweis über das tatsächliche Fassungsvermögen der Umwallung inklusive ggf. erforderlichen Höhenplan unter Berücksichtigung der Niederschlagsmenge
  • Querschnittsprofil der geplanten Umwallung bzw. einzelner Wallabschnitte
  • Nachweis über den Durchlässigkeitsbeiwert der Bodenfläche in der Umwallung (siehe Abschnitt 7.3 Abs. 2 der TRwS 793-1)

Dabei ist auch zu beachten, dass in Abhängigkeit vom Standort der Anlage und der Ausführung der Umwallung ggf. eine Baugenehmigung erforderlich sein kann. Verfahrensfrei sind nach Niedersächsischer Bauordnung selbständige Aufschüttungen und Abgrabungen nur dann, wenn sie nicht höher bzw. tiefer als 3 m sind. Im Außenbereich darüber hinaus auch nur, solange sie nicht mehr als 300 m² Fläche haben.

Abschließend muss die ordnungsgemäße Herstellung der Umwallung von einem AwSV Sachverständigen bis zum 1.8.2022 geprüft werden. Es ist aber sinnvoll, bereits in der Planungsphase einen Sachverständigen miteinzubeziehen.

Gibt es Ausnahmen von diesen
Vorgaben?

Das Fehlen einer Umwallung zum 1.8.2022 stellt grundsätzlich einen erheblichen Mängel dar und kann ggf. zur Stilllegung der Anlage führen.

In besonderen Fällen kann die Wasserbehörde eine Ausnahme gewähren. In der AwSV heißt es wörtlich: „Mit Zustimmung der zuständigen Behörde kann darauf verzichtet werden, wenn eine Umwallung, insbesondere aus räumlichen Gründen, nicht zu verwirklichen ist.“ Die Entscheidung, ob und in wieweit Ausnahmen von einer 100%igen Umsetzung der Umwallung nach TRwS 793-1 am konkreten Standort im Einzelfall möglich sind, liegt im Ermessen der zuständigen Behörde.

Fazit

  • Gehören Sie zum Kreis der Betroffenen dann, handeln Sie jetzt.
  • Unterschätzen Sie den (zeitlichen) Aufwand nicht. Setzen Sie sich möglichst bald - auch ohne finales Umsetzungskonzept – mit ihrer Genehmigungsbehörde in Verbindung.
  • Die Planung einer Umwallung ist komplex – nehmen Sie sich dafür einen kompetenten Partner. Beziehen Sie ggf. den AwSV-Sachverständigen bereits in der Planung ein.
Digitale Ausgabe LAND & FORST

Holen Sie sich noch mehr wertvolle Fachinfos.
Lesen Sie weiter in der digitalen LAND & FORST !

 Bereits Mittwochnachmittag alle Heftinhalte nutzen
✔ Familienzugang für bis zu drei Nutzer gleichzeitig
✔ Artikel merken und später lesen
✔ Zusätzlich exklusive Videos, Podcasts, Checklisten und vieles mehr!