Jörg Mangold: Auf der Suche sein

Kleine Anzeigen in der Jagdpresse, mit denen sich Inserenten auf die Suche nach einer bescheidenen Jagdmöglichkeit begeben, sind für jedermann erschwinglich, und dennoch kostet es dem revierlosen Jäger nicht selten eine gewisse Überwindung diesen Schritt zu tun. Er möchte ja nicht öffentlich als Bittsteller dastehen. Oft bleibt ihm dann nur die Möglichkeit, sich hinter einer Chiffre zu verstecken. Womit könnte er neben einer finanziellen Beteiligung und einer vielversprechenden Expertise bei einem Revierinhaber auf Interesse stoßen? Die Suche nach einer bestimmten Jagdwaffe, einem gebrauchten Ansitzmantel oder einer Ferienwohnung in landschaftlich reizvoller Lage wird so gut wie nie enttäuscht. Der auf solche Anzeigen reagierende Leser wird eine Waffenerwerbserlaubnis einholen, vielleicht noch die Konfektionsgröße erfragen und, um ganz sicher zu gehen, auch eine Mietvorauszahlung fordern. Ein Risiko geht er bei diesem Handel nicht ein.

Einem wildfremden Menschen, von dem man nur die Chiffre kennt, eine Jagdmöglichkeit geben, ihn teilhaben lassen am eigenen Revier, einem kostbaren Stück Natur, das man seit Jahren wie seinen eigenen Garten hegt, pflegt und nachhaltig nützt? Da kommen schon mal Zweifel auf und unweigerlich stellt sich dem Leser die Frage, warum hat der Jagdlichen-Anschluss-Suchende trotz mehrerer gelöster Jahresjagdscheine, trotz handwerklichem Geschick, firmen Jagdhund und diverser Schießnachweise noch keine Jagdmöglichkeit oder keine mehr? Ist er aus einem anderen Revier rausgeflogen? Hat er sich mit den Bauern, den Jagdgenossen zerkriegt, die nun bei der Neuverpachtung dem Konkurrenten den Zuschlag gegeben haben? Komisch, dass wir sofort derartigen Vermutungen freien Raum lassen, unsere Schlüsse daraus ziehen und abwinken. Die Angst sich mit einem Unbekannten eine Laus, die man nur schwer wieder loswird, in den Pelz bzw. ins Revier oder in die Hütte zu setzen, hemmt jegliche nüchterne Betrachtung eines derartigen Gesuches. Dabei ist es aber oft nur ein aus beruflichen Gründen erforderlich gewordener Ortswechsel, der den Inserenten nötigt, sich nach einer neuen Jagdgelegenheit umzusehen.