Reine Solidaritätsfrage

Heute früh wollt ich mich in der Bachwies‘n auf den Bock ansetzen. Die ganze Nacht hat‘s geregnet. Endlich hat‘s aufg‘hört. Da könnte schon was gehen. Damit die Frau in aller Herrgotts Frühe nicht wach wird und dann unausgeschlafen den ganzen langen Tag griesgrämig und unausstehlich ist, hab ich schon gestern auf d‘Nacht in der Garage mei Jagerg‘wand hergerichtet, um lautlos und heimlich das Haus verlassen zu können. Ja, ja, es ist schon so. Die Jagd ist wie eine Geliebte: Du musst dich heimlich zu ihr schleichen. Mein Hund hat das auch schon gelernt und er weiß um die schlechte Stimmung im Haus, wenn Frauchen missmutig ist. Angezogen war ich gleich … bis auf die Gummistiefel! Ja, wo sind jetzt die Gummistiefel? Alle Schränke und Schuhregale hab ich abgesucht. Fehlanzeige! Bei der Nässe ohne Stiefel in die Wiesen? Das geht gar nicht. Geflucht hab ich, wenn auch leise, aber doch sehr eindringlich und dann schließlich in meiner Not sogar demütig den Heiligen Hubertus angerufen, er möge mir doch einen Fingerzeig geben, wo die Stiefel sind. Der war aber offenbar nicht erreichbar. Dann hab ich mich erinnert, dass es da noch einen Heiligen gibt, der angeblich helfen soll, wenn man was verlegt oder verloren hat. Genau! Der Heilige Antonius! Aber auch der wollte sich allem Anschein nach nicht herablassen, einem verzweifelten Jäger bei der Suche nach ein Paar Gummistiefeln zu helfen. Die angeblichen Nothelfer sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren! Es war schon taghell, als ich nach einer halben Stunde erfolgloser Suche endlich in Halbschuhen bei der Bachwiese war. Die Socken hätte man auswinden können. Alles lass ich mir beim Jagern eingehen, aber nicht Kälte und nasse Füße. So hab ich halt kapituliert und unverrichteter Dinge den Rückzug angetreten.

Auf dem Heimweg hab ich sie dann gefunden, meine jagdgrünen Gummistiefel! Ich vermute ja, dass mich die beiden Heiligen aus blankem Hohn die Stiefel haben finden lassen. Nein, nicht in einem Regal, sondern am Ortstaferl unserer Gemeinde. Mit einem blauen Pressbandl zusammengebunden hingen da meine Gummistiefel! Meine Frau hat‘s dort aufgehängt aus Protest gegen die Landwirtschaftspolitik der Ampel und zur Warnung, die Bauern könnten ihren Job an den Nagel hängen. Bei aller Solidarität: Nur wegen dem drohenden Wegfall der Subventionen für Agrardiesel meine Stiefel opfern, wo wir doch nur fünf Hühner füttern und zu Fuß zum Hühnerstall gehen? Da sollst ned grantig wern …