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Jagdmunition

Patronenporträt: 130 Jahre 7x57

Ein echtes Südwester-Gewehr, Sigi’s 98er Stutzen in 7x57.

Die 7x57 wurde von Paul Mauser auf Basis der 8x57 I als Militärpatrone mit rauchschwachem Pulver entwickelt; auch bekannt unter .275 Rigby, 7 mm Mauser und 7 mm Spanisch. Sie hatte den Vorteil des geringen Rückstoßes und für damalige Verhältnisse einer sehr gestreckten Flugbahn. Sie wurde u. a. vom Militär in Spanien und in verschiedenen Ländern Süd- und Mittelamerikas sowie in Mexiko eingesetzt.

Speziell für die 7x57 wurde das Mauser M98 Intermediate-System gefertigt. Natürlich findet das Kaliber auch im längeren M98-Standardsystem Platz. Um 1899/ 1900 fertigte Mauser für Rigby ein verkürztes Intermediate-System für die .275 Rigby. Auch die Remington Rolling Block Rifle, die Lee Rifle, die Winchester Repetierer M54 und M70, die Ruger M77 und Nr. 1 sowie viele andere Waffen wurden für diese Patrone eingerichtet.

Konkurrenz bekam die 7 mm Mauser von den 6,5-Millimeter-Kalibern wie 6,5x54 Mannlicher-Schönauer, 6,5 mm Carcano oder 6,5x55 SE, deren Rückstoß ebenfalls gering und die Flugbahn gestreckt war. Jagdlich punktet die 7x57 gegenüber den 6,5-Millimeter-Kalibern vor allem mit dem stärkeren Geschossdurchmesser (7,21 gegenüber 6,71 Millimeter – .284“ zu .264“) und den schwereren Geschossen.

Für jedes Wild das passende Geschoss

Gerade die enorme Geschossbandbreite ist ein großer Vorteil. Es gibt Geschosse von 6,48 bis 11,47 Gramm (100 bis 177 Grains). Man könnte sagen für jeden Jagdeinsatz eine spezielle Laborierung.

  • Leichte Geschosse mit 9,1 oder 9,7 Gramm (140 oder 150 Grains) etwa auf Reh- oder Gebirgswild wie Gams, leichtere Wildschafe oder Steinwild sowie leichtere Antilopen
  • Mittelschwere Geschosse mit etwa 10,37 Gramm (160 Grains) für stärkeres Wild wie Rothirsche, Sauen oder Elch
  • Großwildjäger, die einst mit der 7x57 Tiger, Löwen oder gar Elefanten schossen, bevorzugten auf die kurzen Schussdistanzen sehr lange, schwere Geschosse (11,2 und 11,34 Gramm bzw. 173 und 175 Grains). Teilmantel-Geschosse für Schalenwild, Vollmantel-Projektile für Dickhäuter. Denn diese Geschosse wurden sehr gut stabilisiert und hielten ihre Flugbahn im Wildkörper in der Regel bei, zudem penetrierten sie dabei sehr gut.

Natürlich wurden Kaliber zu „Shooting Stars“, wenn sie von professionellen Jägern benutzt und über sie ausführlich in den Medien berichtet wurde.

Ich habe gerade das Buch über Jim Corbett gelesen. Er erlegte u. a. mit einer .275 Rigby die menschenfressenden Leoparden von Panar und Rudraprayag in Indien sowie zahlreiche menschenfressende Tiger in seiner Heimat um Nainital im Himalaya. Der US-Schriftsteller Jack O´Connor und seine Frau jagten ebenfalls mit der 7x57 auf Wildschafe und Maultierhirsche, Elche sowie anderes nordamerikanisches Wild.

1.011 Elefanten mit der .275 Rigby

In seinem Buch „Wanderings of an Elephant Hunter“ machte der Elefantenjäger Walter Maitland Dalrymple Bell ebenfalls die .275 Rigby bekannt. Sein Spitzname „Karamojo“ weist auf sein bevorzugtes Jagdgebiet in Uganda hin. Bell war ein ausgezeichneter Kenner der Anatomie des Elefanten und natürlich ein hervorragender Schütze. Er benutzte in der 7x57 für die Elefantenjagd meist 11,21 Gramm schwere Vollmantel-Geschosse von DWM (Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken). Deren Penetration reichte zumindest bei seitlichen Schüssen bis zum Gehirn und wirkte damit schlagartig. Von seinen rund 1.700 erlegten Elefanten erlegte Bell nach eigenen Angaben immerhin 1.011 Elefanten mit der .275 Rigby. Dabei schoss er stets aus der Nahentfernung, teilweise auf der Schulter eines Trackers sitzend, um einen günstigen Schusswinkel zu erhalten.

Dank ihres universellen Einsatzes gewann die 7x57 rund um den Globus viele Liebhaber. Ihre Vorteile begeisterten: Sie wurde in führigen Repetierern verbaut, die meist kurz und leicht waren. Ihr Rückstoß war selbst in leichten Büchsen nicht nennenswert, und sie erzielte eine Superpräzision. Hinzu kam, dass sie mit unterschiedlichen Geschossen bestens zurecht kam.

Ein näherer Blick auf die 7x57

Doch schauen wir uns die Patrone einmal etwas genauer an. Es handelt sich um eine mittlere Jagdpatrone mit 57 Millimeter Hülsenlänge und einem 20 Grad Schulterwinkel. Der Verschlussabstand wird vorteilhaft über die Schulter gebildet. Ihr Bodendurchmesser von 12,10 Millimeter und die Patronenlänge von maximal 78 Millimeter prädestinieren sie für Standardsysteme.

Nach heutigen Maßstäben hat die 7x57 eher einen bescheidenen Pulverraum. Sie eignet sich auch bestens für kurze Läufe und ist schalldämpferfreundlich. Der maximale Gasdruck liegt bei gerade einmal 3.900 bar (PIEZO, C.I.P.). Es stehen heute Laborierungen mit bleifreien und bleihaltigen Deformations- sowie mit Vollmantelgeschossen zur Wahl. Jedoch ist die Auswahl an Fabrikpatronen nicht besonders groß.

Rigby erkannte schnell, dass man die .275 Rigby mit leichten Geschossen aufwerten kann. Der frühere Besitzer von Rigby, Paul Roberts, bevorzugte deshalb in seinen eigenen Patronen 140 Grains schwere Geschosse wie das Nosler B.T. für die Rehwildjagd, aber auch für die Jagd auf schottisches Rotwild in den Highlands.

Wie ist die Patrone heute einzuordnen?

Die 7x57 ist nach heutigen Gesichtspunkten keine moderne Patrone mit kurzer, dicker sowie großvolumiger Hülse, moderner 30-Grad-Schulter und enormer Leistung. Sie ist weit entfernt von WSM-Kalibern oder einer PRC-Patrone genauso wie von den Weatherby-Magnums.

Dennoch hat sich auch heute noch mehr zu bieten als reinen Nostalgiewert. Sie hat aktuell noch ihre Berechtigung und begeisterte Anhänger, die sie als Mittelpatrone mit wildbretschonender Wirkung schätzen. Ganz besonders rückstoßempfindliche Schützen mögen sie. Auch eine schnelle Schussfolge ist mit ihr gut zu realisieren. Ich verwende die 7x57 in meiner Blaser R93 mit 58 Zentimeter langem Lauf. Meist benutze ich eine Handladung mit 150 Grains schweren Nosler B.T. Geschoss, das auf eine V0 von 802 m/s (= 3.126 Joule) beschleunigt. Damit habe ich mit bester Zufriedenheit Dachse, Füchse, Reh-, Schwarz-, Dam- und auch Rotwild erlegt.

Als bleifreie Laborierung verwende ich eine Handladung mit 9,1 Gramm (140 Grains) schweren Barnes TTSX. Natürlich erfordert wie bei jeder anderen Patrone auch die 7x57 gute, tödliche Treffer möglichst in die Kammer durchs Herz oder beide Lungenflügel. Zuerst entscheidet schließlich nicht das Kaliber, sondern der Treffer über den Jagderfolg. Danach rangiert eine geeignete Geschosswahl für die zu bejagende Wildart. Neben dem genannten Geschoss verwende ich noch das 140 Grains Nosler B.T. und ein 160 Grains Nosler AB für etwas schwereres Wild. Meine Schussentfernungen reichen von rund 30 bis hin zu fast 300 Meter. Auch bei weiten Schüssen war ich stets zufrieden. Die Flugbahn der Laborierung muss man natürlich kennen.

Mit meiner Lieblingslaborierung mit 150 Grains Nosler B.T. liegt die GEE bei 169 Meter (4 Zentimeter hoch auf 100 Meter), der Tiefschuss bei 200 Meter (-5 Zentimeter), bei 250 m (-17 Zentimeter) und bei 300 Meter (-35 Zentimeter). Die Präzision meiner Handladung ist dabei ausgezeichnet: Fünfer-Streukreise auf 100 Meter von 14 oder 17 Millimeter und auf 300 Meter von 60 Millimeter sprechen für sich.

Schlechte Erfahrung, schlechtes Kaliber?

In den Händen eines erfahrenen, besonnenen Jägers ist die 7x57 noch lange kein alter Hut. Viele Saujäger haben eine schlechte Wirkung bemängelt und sich anschließend stärkere Kaliber beschafft. Vor allem als Sauen noch nachts ohne Nachtsichttechnik bejagt wurden, waren im Vergleich schlechtere Treffer leider häufig die Regel und damit die Augenblickswirkung gering. Es lag also weniger am Kaliber 7x57 als vielmehr an den schlechten Treffern bei Nacht!

Die 7 mm Mauser ist nach wie vor eine gute Patrone für die heimische Jagd in Mitteleuropa und auch darüber hinaus. Zwar ist das Angebot an Fabrikpatronen etwas geringer geworden, doch RWS bietet mit dem ID Classic ein Geschoss an, Federal lädt sie mit leichten und schweren Teilmantel-Geschossen und Norma mit dem bewährten Verbundgeschoss Oryx. Auch Hornady hat sie mit zwei Laborierungen als .275 Rigby wieder im Programm, genauso Brenneke mit bleifreien und bleihaltigen Geschossen. Darüber hinaus einige mehr wie etwa SAX oder Jaguar mit bleifreien Geschossen.

Fazit: Mich begleitet die 7x57 im Sommer zur Rehbock- und Sauenjagd. Im Herbst und Winter führe ich sie auf der Pirsch und zum Ansitz auf Schalenwild und Fuchs. Ihre hohe Präzision überrascht mich immer wieder genauso wie ihre gute, wildbretschonende Wirkung. Ich kann mir die Jagd heute ohne diesen Oldtimer nicht mehr so recht vorstellen. Schade ist allerdings, dass wir erst ab meinem 50. Lebensjahr zusammenkamen.

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