Jagd auf Schmalwild im Mai

Am Rande eines frischgrünen Buchenbestandes will ich gerade in Richtung meines Hochsitzes abbiegen, als mich der Jagdherr nochmal kurz aufhält, bevor sich unsere Wege trennen: „Wir jagen nicht nur Rehwild, sondern bitte auch Schmalspießer und Schmaltiere. Die sind ja bei uns im Mai auch frei.“ Kurz darauf richte ich mich auf meinem Sitz an einem kleinen Bachlauf ein und genieße das typische Frühlings-Fluidum voller Düfte und Vogelgezwitscher. Gerade als ich versuche, zwei Rehe im Unterholz zu identifizieren, fällt in meinem Rücken ein Schuss mit deutlichem Kugelschlag. Aha! Da hat es schon geklappt.

Eine halbe Stunde später verkündet leises Rascheln eine Annäherung. Aber kein Wild, es ist der Jagdherr. „Und?“, frage ich neugierig. „Komm mal runter! Ich brauche Hilfe“, lautet die kurze Antwort. Das betrübte Gesicht verheißt nichts Gutes. „Ich war mir so sicher, ein Schmaltier vorzuhaben. Aber es ist ein Alttier … mit Gesäuge … es hatte schon gesetzt.“ Ach du Sch…! Das ihm als erfahrenem Hochwildmann das passieren konnte, erschüttert mich. Wir suchen noch am Abend nach dem Kalb, auch am nächsten Tag mit mehreren Leuten und Hund – es ist nicht zu finden. Die traurigen Konsequenzen sind uns allen klar.