Sind Wölfe scheue Tiere? 

Viele Säugetierarten werden erst durch negative Erfahrungen menschenscheu. In kanadischen Nationalparks äsen Wapitis in aller Gemütsruhe in Grünanlagen der Orte. Außerhalb der Parks flüchten die Tiere sofort, sobald der dort als Feind bekannte Mensch auftaucht. Und es wäre fast ein Wunder, wenn man dem Wolf, der zum immer größeren Problem für die Weidewirtschaft wird, nicht auch durch Bejagung Scheu anerziehen könnte. Das Abgeben eines Warnschusses im Falle eines Wolfsangriffs auf bspw. einen Jagdhund hat keinerlei Effekt, denn Isegrim hat nicht gelernt, wie gefährlich ein Schuss sein kann. Im Gegenteil, es wird berichtet, Wölfe verstehen bei Drückjagden Schüsse als Hinweis auf Beute, nämlich erlegtes Wild.

Alle Hunderassen haben Wölfe als Ahnen im Stammbaum. Dass die Domestikation der Wölfe so gut gelungen ist, wird gerade darauf zurückgeführt, dass Isegrim eben keine angeborene Scheu vor dem Menschen hat und sich wahrscheinlich auch schon vor 10.000 Jahren dem Menschen neugierig genähert hat. Die bei uns durch Dörfer streifenden Wölfe dürften neugierige und unternehmungslustige Jungwölfe auf der Suche nach einem eigenen Revier und einem Geschlechtspartner sein. Die Angst vor solchen Jungspunden dürfte eher (noch) unbegründet sein. Vielleicht ändert sich das, wenn die Bestände natürlicher Hauptbeute (Schalenwild) zurückgehen. In Brandenburg jedenfalls sind die geringen Strecken auf Bewegungsjagden alarmierend.