Auffälliges Schmalreh

Abgesehen von zwei Haarbüscheln, die man ansonsten meist nur bei Bockkitzen vor dem Auswachsen der Rosenstöcke beobachtet, wies das Schmalreh keinerlei bedenkliche Merkmale auf. Beim Bock induzieren diese Stellen der Decke in den darunterliegenden Stirnbeinen das Wachstum von Rosenstöcken. Transplantiert man diese Hautstellen zum geeigneten Zeitpunkt an einen anderen Ort mit darunterliegenden Knochen, dann wächst dort tatsächlich ein Rosenstock aus und es wird eine gehörnähnliche Struktur geschoben. 

Es ist bekannt, dass auch weibliche Rehe gelegentlich Rosenstöcke und Gehörne entwickeln. Man geht davon aus, dass dieses Phänomen auf einer Hormonstörung beruht, deren Ursache man meist nicht kennt. Grundsätzlich löst Testosteron die Rosenstockbildung aus. Somatotropin, ein Wachstumshormon, steuert dann deren Auswachsen und das Schieben eines Gehörns. Bei der durch eine Hormonstörung induzierten Gehörnbildung bei weiblichen Rehen oder auch bei sog. Perückenböcken wächst das Gehörn ständig weiter und wird nicht wie im Normalfall jahresperiodisch gewechselt. Man kann also vermuten, dass im vorliegenden Fall das Schmalreh ein Gehörn geschoben hätte. Das Wildbret solcher Stücke ist voll genusstauglich. Dass beide Geschlechter prinzipiell Geweihe bzw. Gehörne bilden können, wie es beim Rentier der Fall ist, lässt sich als Ausdruck einer bisexuellen Potenz der Säugetiere auffassen. Auch Brustwarzen beim Mann sind dafür ein Beispiel.