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Holz statt Plastik

Abb. 1: Die Wuchshüllen der Firma Eschlbeck Engineering bestehen aus Furnierholz und Baumwolle.

Das Forstliche Bildungszentrum (FBZ) Rheinland-Pfalz in Hachenburg hat vor neun Jahren damit begonnen, Versuchsflächen mit Wuchs- und Schutzhüllen anzulegen. Ziel war es, Arbeitsbestverfahren sowie Ergonomie, Nutzen und Risiken der unterschiedlichen Produkte zu dokumentieren. Untersucht werden sollte außerdem die Auswirkung auf das Wuchsverhalten der geschützten Baumarten. Im Rahmen einer KWF-Prüfung hat das Bildungszentrum nicht zuletzt Klimadaten wie Temperatur, Windbewegung und Luftfeuchtigkeit in den Hüllen erhoben.

Eine zentrale Rolle spielte in den Untersuchungen auch das Thema „Plastik im Wald“. Immer wieder kritisieren Waldbesitzer und Förster aber auch die Öffentlichkeit die selbstständige Zersetzung der verschiedenen Produkte. Gefordert wird daher, dass die Kunststoffprodukte unbedingt wieder aus dem Wald entfernt und entsorgt werden müssen. Auch in der Zertifizierung wird das Thema Wuchshüllen bereits von FSC und PEFC aufgegriffen. Gemäß des FSC-Standards 10.12.1 müssen nicht mehr im Gebrauch befindliche Wuchshüllen ordnungsgemäß entfernt werden. Die PEFC-Standards für nachhaltige Waldbewirtschaftung geben unter 2.8 ebenfalls vor, dass nicht mehr funktionsfähige Wuchshüllen aufgesammelt und entsorgt werden müssen. Darüber hinaus sollen bei einer Verfügbarkeit am Markt und einer wirtschaftlichen Zumutbarkeit Produkte verwendet werden, deren Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen stammen, so Prof. Dr. Sebatian Hein in AFZ-DerWald 17/2021.

Tatsächlich gibt mittlerweile einige Produkte aus Holz, die den Forstbetrieben die Arbeit erleichtern und die Kosten verringern können. Wir stellen diese hier vor.

Abb. 2: Ein Anblick des Grauens: Diese Wuchshüllen hat niemand eingesammelt und entsorgt.

Ein Blick zurück

Das Projekt begann im Jahr 2012 auf Waldflächen, auf denen die schon etablierten Forstpflanzen um das Jahr 2000 herum mit unterschiedlichen Wuchs- und Schutzhüllen geschützt wurden. Bei Bestandesoberhöhen um die 6 bis 8 m waren sie vom Waldweg aus kaum noch wahrzunehmen. Im Bestandesinneren jedoch bot sich ein zum Teil erschreckendes Bild. Zahlreiche Wuchshüllen hingen an Bäumen, andere wiederum hatte man auf Haufen gesammelt, die von erfolglosen Entsorgungsversuchen zeugten. Schnell waren auch die Schwächen der unterschiedlichen Modelle klar. Produkte mit geringer Eigenstabilität, z. B. aus Netzgeweben, waren nicht selten so verformt, dass die Pflanzenwipfel nicht aus den Hüllen herauswachsen konnten.

Abb. 3: Die Eschlbeck-Hülle wird flach geliefert. Um sie biegsam zu machen, wässert man sie vor der Montage.

Bei allen Produkten wurde deutlich, dass eine selbstständige Zersetzung der Materialien zum Ende der Schutzdauer nicht zu erwarten ist. Die Schlussfolgerung daraus kann demnach nur sein, dass alte Hüllen unbedingt nach Erreichen einer sicheren Bestandeshöhe abgebaut und entsorgt werden müssen.

In den folgenden Jahren brachten die Versuchsflächen viele weitere Erkenntnisse:

  • Geschlossene, in sich stabile bzw. röhrenförmige Hüllen bieten gegenüber flexiblen Produkten einen Vorteil: Die Pflanze hat bei solchen Produkten keine Möglichkeit, seitlich herauszuwachsen, um dann doch noch verbissen zu werden.
  • Bei der Ausbringung der Hüllen ist damals wie heute die Lastenhandhabungs-Verordnung zu beachten. Bei längeren Transportwegen und schweren Materialien muss man den Mitarbeitern technische Hilfen auf der Fläche zur Verfügung stellen.
  • Mit Ausnahme der Buche wächst Laubholz in den meisten Wuchs- und Schutzhüllen problemlos. Beim Nadelholz war es die Douglasie, die relativ erfolgreich durch verschiedene Modelle geschützt werden konnte. Andere Nadelhölzer wie die Weißtanne hingegen stocken vor allem unter Schirm recht lange in Röhrensystemen. Bei ihr empfiehlt sich bei allen Materialnachteilen ein Netzprodukt ab 20 cm Durchmesser.
  • Ein Kamineffekt ließ sich ebenso wenig nachweisen wie eine erhöhte Pilzgefährdung der Pflanzen. Das lag daran, dass die Temperaturen durch Schattenbildung im unteren Teil der Schutzhüllen geringer waren als an der oberen Öffnung; ein Kamineffekt setzt aber umgekehrte Temperaturverhältnisse voraus.
  • Auch die gemessene Luftfeuchtigkeit in der Hülle lag nur rund 5 % über dem Wasserdampfgehalt der Außenluft.

Abb. 4: In Serienfertigung wird die Hülle zusammengerollt und mit Haltebändern aus Holz in Form gehalten.

So wichtig und interessant diese Erkenntnisse auch waren, die Frage nach der Zersetzbarkeit bzw. der Entsorgung der Hüllen steht weiterhin im Vordergrund der fachlichen Diskussion. Auf reges Interesse stoßen daher alternative Produkte aus Holz, wie sie das Forstliche Bildungszentrum seit einiger Zeit ebenfalls testet.

Eschlbeck Engineering

Ganz neu ist die Furnierhülle der Firma Eschlbeck Engineering. Der erste Prototyp entstand Anfang 2020; Impulse aus dem FBZ haben zur weiteren Optimierung geführt. Die Vorserienprodukte bestehen aus verleimten Holzfurnieren mit einem wetterfesten Baumwollgewebe zwischen den Holzschichten. Dadurch dringt relativ viel Licht ins Innere der Hülle. Gleichzeitig wird aber ein schräg wachsender Terminaltrieb relativ gut vor dem Herauswachsen und damit vor Verbiss geschützt. Die 1,2 m hohe Hülle ist mit rund 320 g sehr leicht und wird vom Hersteller flach angeliefert. Vor Ort oder an einem Trockenarbeitsplatz werden die Furnierplatten gut vorgenässt und zusammengerollt. Der Clou an dem System sind drei Haltebänder aus Furnier, die man einfach ineinandersteckt. Sie sichern einerseits die runde Form und dienen andererseits zur Befestigung am Robinienstab – quasi wie ein Kabelbinder aus Holz. Der Aufbau ist sehr einfach, die Montage der flachen Hüllen ist bei etwa 50 Sekunden pro Stück vergleichbar mit dem Zeitaufwand faltbarer Hüllen aus Kunststoff. Das Ausbringen im Wald ist vom Arbeitsablauf und vom Zeitaufwand her ebenfalls vergleichbar mit den bekannten Produkten. Das Material und der lebensmitteltaugliche Phenolharzleim sind nach Aussage des Herstellers unbedenklich. Eine vollständige und rückstandsfreie Zersetzung ist nach der Schutzdauer zu erwarten. Es bleibt jetzt abzuwarten, wie sich die Wuchs- und Schutzhülle der Firma Eschlbeck Engineering im Laufe der nächsten Jahre auf der Testfläche im Westerwald verhält.

Abb. 5: Die Haltebände der Hüllen dienen auch zur Befestigung am Robinienstab.

Wuchshülle „Waldwunder“

Seit drei Jahren gibt es die Wuchshilfe „Waldwunder“ (www.Waldwunder.com). Bisher bietet der Hersteller die 90 cm hohe Wuchshilfe mit zwei vertikalen Holzstäben und einer Seitenlänge von 17 cm an. Zusammen mit dem FBZ hat er jetzt auch ein größeres Modell entwickelt, bei dem drei vertikale Holzstäbe die junge Pflanze schützen. Der größere Umfang sorgt vor allem bei der Weißtanne dafür, dass sich die in den ersten Jahren so wichtigen Seitentriebe besser entfalten können.

Abb. 6: Die Wuchshilfe von der Firma Waldwunder fällt mit zunehmender Vergrauung im Wald deutlich weniger auf als Kunststoffprodukte.

Die Höhe von 90 cm sieht der Hersteller im Regelfall als ausreichend an. Denn: Ist der Terminaltrieb herausgewachsen, lässt sich das „Waldwunder“ am Pfahl nach oben schieben. Verbessert ist auch die Befestigung der Konstruktion am Robinienpfahl. Bisher band man das „Waldwunder“ mit dünnen, papierummantelten Bindedraht an. Im Wald oxidierte die Wuchshülle aber und fiel nach rund zwei Jahren ab. Die Wuchshülle verlor dadurch ihre Stabilität, fiel im Einzelfall um und verlor so ihre Schutzwirkung. Die neuen Modelle werden mit einem zinkfreien Bindedraht geliefert, der über einen deutlich längeren Zeitraum eine stabile Verbindung mit dem Robinienstab ermöglicht und im weiteren Verlauf durch Oxidation trotzdem keiner Entsorgung bedarf.

Die Montage ist denkbar einfach: Die aus drei Elementen bestehende Wuchshilfe wird mit flexiblen Klammern zusammengehalten und vor Ort einfach als Dreieck aufgefaltet und an einem Robinienstab befestigt. Wie bei anderen Wuchs- und Schutzhüllen sollte auch beim „Waldwunder“ der Pfahl auf die Nordseite gestellt werden, um einen zusätzlichen Schattenwurf zu vermeiden. Weil die Wuchshilfe vollständig aus zersetzbaren Materialien besteht, ist ein Rückbau mit anschließender Entsorgung nicht nötig. Nach rund drei Jahren Standzeit gibt es, abgesehen von den Befestigungsdrähten, keine Probleme auf den Versuchsflächen.

Abb. 7: Das „WaldWwunder“ bewährt sich seit drei Jahren auf den Demoflächen des Forstlichen Bildungszentrums Rheinland-Pfalz.

Ein Ausblick

Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) berichtet auf ihrer Homepage (www.fnr.de) über ein Verbundvorhaben zur Entwicklung innovativer Wuchshüllen aus nachwachsenden Rohstoffen. Die Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg entwickelt dabei zusammen mit vier Firmen Konzepte zum Rückbau bereits vorhandener Wuchshüllen aus Plastik. Drei der fünf Teilvorhaben beschäftigten sich mit umweltschonenden Wuchshüllen aus rückstandsfrei abbaubaren Naturprodukten. Im Vordergrund stehen derzeit laut FNR Materialien aus Vulkanfiber (Cellulosebasis) und aus Biopolymeren, sogenanntem flüssigen Holz.

Auch das FBZ in Hachenburg wird die Wuchshüllen aus dem Rohstoff Holz auf seinen Testflächen im Westerwald weiter begleiten und ausbauen.

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