Unter Strom
Die Chance leider verspielt
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sagte bei der Vorstellung des überarbeiteten Erneuerbare- Energien-Gesetzes (EEG) Mitte Dezember folgenden Satz: „Schon der Umfang der Novelle zeigt: Das ist ein großer und zentraler Schritt für die Energiewende.”
Was er als Fortschritt deklariert, ist in Wirklichkeit der Kern des Problems. Im Zuge der vergangenen 20 Jahre hat sich das EEG mit seinen vielen Paragrafen und komplizierten Sachverhalten zu einem bürokratischen Monster entwickelt. Kaum einer traut sich noch, ohne juristischen Beistand in eine Anlage zu investieren. Das gilt für den Hausbesitzer, der seinen eigenen Strom produzieren will, ebenso wie für den Landwirt, der ein weiteres Standbein aufbauen will. Hier läuft etwas schief.
Wäre die Energiewende ein unbedeutendes Projekt, an dessen Entwicklung nicht das Weltklima und die technologische Entwicklung unserer Gesellschaft hingen, könnte man das weichgespülte Handeln des Wirtschaftsministers leichter verzeihen. So ist es aber nicht. Es besteht eine Kluft zwischen Ziel und den daraus erforderlichen Anreizen. Bis 2030 sollen 65 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien bereitstehen. In Deutschland liegen wir jetzt bei etwa 45 Prozent, doch der Bedarf wird in den nächsten zehn Jahren durch Elektroautos und die bevorstehende Wärmewende auf 580 Mrd./kWh Strom steigen. Die Erneuerbaren sollen 377 Mrd. kWh grünen Strom liefern.
Vor diesem Hintergrund macht einen das novellierte EEG eher fassungslos. Es zeigt, dass im Hintergrund viel zu mächtige Interessengruppen aus der alten Energiewirtschaft mitreden. Anders ist die Entwicklung dieses Gesetzes seit vielen Jahren nicht zu erklären. Es ist jedoch nicht alles schlecht. Positiv für die Landwirtschaft ist die Erhöhung des Ausschreibungsvolumens von Biomethananlagen auf jährlich 600 MW. Zusätzlich wurde die Flexibilitätsprämie verlängert.
Negativ ist, dass der Gesetzgeber die Anreize zur Vergärung von Gülle quasi abgeschafft hat. Hier verpasst die Politik die Chance für diesen kritischen Rohstoff weiterhin eine angemessene Veredelung zu ermöglichen. Landwirte sind die Treiber der Energiewende. In einer desolaten Marktsituation für landwirtschaftliche Erzeugnisse wäre es ein positives Signal gewesen, den vielen Bäuerinnen und Bauern zu zeigen, dass es weitere Perspektiven gibt – unter anderem als Energiemanager. In der Rolle als Rückgrat für die Wirtschaft kennen sich die Landwirte bestens aus. Diesen Job können sie bewältigen. ●
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