Kolumne
Mehr als nur Strom
Sie ist ein Dauerbrenner: die Energiewende. Das Für und Wider, die Details und Diskussionen füllen Zeitungen und beschäftigen Stammtische. Die Energiewende ist aktueller denn je. Die Klimakrise verschärft sich und Öl, Gas und Kohle sind endlich. So viel ist klar. Weniger klar ist vielen Menschen, dass die Energiewende mehr bedeutet als nur Strom. Im Jahr 2018 verteilte sich der Gesamtenergie- verbrauch auf 21 Prozent Strom, 30 Prozent Verkehr und auf 49 Prozent Wärme. Während sich beim Verkehr abzeichnet, dass Elektroantriebe Verbrennungsmotoren ersetzen, gibt es vor allem auf dem Land eine erneuerbare Energie – nämlich Holz!
Mein Heimatlandkreis besteht zu 47 Prozent aus Wald, auch die restliche Kulturlandschaft ist geprägt von Feldgehölzen. Somit steht viel Restholz bereit, um Energie zu erzeugen. Und unser Landkreis ist kein Einzelfall, denn viele Regionen Deutschlands sind reich an Wald. Die Nutzung von Waldrestholz und nachhaltiger Waldbau müssen dabei kein Widerspruch sein. Im Gegenteil, die Nutzung der vorhandenen Ressourcen in regionalen Kreisläufen ist sehr positiv.
In den Ballungszentren wird das Konzept „Heizen mit Holz“ nicht so leicht funktionieren, denn dort wird auf kleiner Fläche viel Energie benötigt. Da aber viele Altbauten noch nicht energetisch saniert sind und erneuerbare Energien sich auch in bestehende Fernwärmekonzepte gut integrieren lassen, sehe ich hier Potenzial. für die Zukunft. Im ländlichen Raum ist es derzeit schon einfacher: Der Schlüssel der Wärmewende liegt bei Nahwärmenetzen, die mit Hackschnitzeln aus der Region betrieben werden. Das Holz dafür ist da und die passende Infrastruktur auch. Neben positiven Umwelt- und Klimaaspekten, die moderne Hackschnitzelkessel bieten, bleibt damit auch die Wertschöpfung in der Region. Örtliche Handwerker sind in der Lage solche dezentralen Anlagen zu installieren, Forstbetriebsgemeinschaften oder Waldbesitzervereinigungen können die Materiallieferungen koordinieren. Als Betreiber können Privatleute, Unternehmer, Landwirte und auch Kommunen auftreten. Die Technik zur Hackguterzeugung und zum Transport ist in der Regel vorhanden.
Die Umsetzung solcher Projekte scheitert allerdings oft daran, möglichst viele Wärmenutzer zu überzeugen, sich vom bisherigen Heizsystem zu verabschieden. Ja, stimmt, man macht sich von einer Gemeinschaft abhängig. Aber gerade diese Gemeinschaft bringt viele Vorteile, die sich nicht nur in den Heizkosten widerspiegeln. Es muss auch nicht immer gleich das große und perfekte Heizwerk sein – man kann auch klein anfangen. Zwei oder drei Nachbarn zusammen mit einer Heizung, dann kommt schnell der vierte und fünfte Hausbesitzer, der „das“ auch haben will. Solche Beispiele kenne ich viele und das stimmt mich positiv: Die Wärmewende als großer Teil der Energiewende wird besonders im ländlichen Raum gelingen. Ich werde auf jeden Fall meinen Teil dazu beitragen. ●
Mehr über Leonhard Rösel lesen Sie in unserem Beitrag über die CeresAward-Auszeichnung zum Junglandwirt des Jahres in der aktuellen Ausgabe agrarheite 08/2021.
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