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Gas flexibel speichern

Mit aktivem Fütterungsmanagement kann das Speichervolumen optimal genutzt werden.

Auf den Punkt

  • Der Gasspeicher gleicht Schwankungen von Produktion und Verbrauch aus.
  • Größe zählt: Mindestens sechs Stunden Biogasproduktion sollten gespeichert werden können.
  • Moderne Sensoren sind für die Erfassung des Gasspeicher-Füllstands wichtig.

Früher habe ich darauf geachtet, dass der Speicher möglichst gefüllt ist, falls das Blockheizkraftwerk (BHKW) einmal streikt. Heute ist ein niedriger Füllstand wichtig, denn wenn meine Anlage vom Netzbetreiber abgeschaltet wird, läuft die Gasproduktion ja weiter, und diesen Zeitraum muss ich überbrücken.“ Aussagen wie diese eines norddeutschen Biogasanlagenbetreibers sind häufiger zu hören. Nicht nur im windreichen Norddeutschland müssen Biogasanlagen immer wieder vom Netz gehen, weil es an Transportkapazität im Stromnetz fehlt.

Doppelmembranspeicher sind weit verbreitet und inzwischen Stand der Technik.

Im Zuge der Flexibilisierung wurden die Biogasanlagen mehrfach überbaut. Damit verbunden war der Bau großer Gasspeicher. So auch bei Holger Peters: Der Landwirt aus Osterholm (Landkreis Schleswig-Flensburg) betreibt seit 2010 eine Biogasanlage. Sie ging zunächst mit 600 kW ans Netz. Im Zuge der Flexibilisierung wurden 2 MW hinzugebaut und die Leistung des ersten BHKW im Flex-Betrieb auf 800 kW erhöht. Das zog auf dem Betrieb umfangreiche Investitionen nach sich.

Holger Peters hat die Entscheidung für einen flexiblen Gasspeicher nicht bereut.

„Wegen der Auflagen der Düngeverordnung hätte ich ohnehin einen neuen Güllebehälter bauen müssen“, sagt Holger Peters. Stattdessen baute er einen neuen Nachgärer mit einem Volumen von 5.500 m3. Hinzu kamen ein großer Gasspeicher und ein Wärmespeicher, der 10.000 m3 fasst. „Den Gasspeicher kann man gar nicht groß genug bauen“, begründet Peters seine Entscheidung, einen Gasspeicher mit einem Volumen von 16.000 m3 errichtet zu haben. „Der Gasspeicher ist der Schlüssel der Flexibilisierung“, betont Holger Peters, denn er müsse groß genug sein, um die Biogasproduktion insbesondere am Wochenende aufzunehmen. In der Stromdirektvermarktung kommt es darauf an, die Preisspitzen am Strommarkt mitzunehmen, und die treten in der Regel nicht am Wochenende auf. Daher reduziert Peters im Hinblick auf das Wochenende die Fütterung der Biogasanlage bereits am Freitag um etwa 20 Prozent.

Den Gasspeicher kann man gar nicht groß genug bauen.

Holger Peters, Landwirt

Je größer die Überbauung, desto wichtiger ist die Speichergröße. Eine vierfach überbaute Anlage verliert die Hälfte der Zusatzerlöse, wenn die Speicher für Wärme und Biogas statt zehn nur fünf Stunden halten. Eine doppelt überbaute Anlage hat im gleichen Szenario hingegen nur 10 Prozent Minus. Die meisten stark überbauten Anlagen haben eine Speicherkapazität im Bereich von 20 Stunden und mehr und verdienen über 1,2 Cent/kWh. Die doppelt überbauten Anlagen kommen nur etwa auf 0,6 Cent/kWh mehr.

Die Halbkugel ist die gängige Form bei Gasspeichern.

Stand der Technik

Doppelmembran-Gasspeicher (DMGS) sind meistverbreitet und mittlerweile „Stand der Technik“. Sie bieten das größte Speichervolumen und werden auf (Gär-)Behälter aufgesetzt oder auch auf ein ebenes Fundament oder eine Bodenplatte gestellt.

Auch die Daten des Standorts spielen eine Rolle, muss der Speicher doch auf äußere Bedingungen wie Wind- und Schneelasten ausgelegt werden. Einfluss auf das Speichervolumen nehmen darüber hinaus Temperaturen und Sonneneinstrahlung.

An einem Sommertag mit einem Temperaturanstieg auf 30 °C kann durch die Ausdehnung des Gases die Speicherkapazität um bis zu 20 Prozent reduziert sein. In einer Doppelmembran wird der Druck der äußeren Hülle durch ein Stützluftgebläse aufrechterhalten. Es gleicht auch die Volumenschwankungen aus, wenn die innere Membran bei sinkendem Biogasspeicherstand zusammensackt.

In der Regel sind die Lüfter für das Stützluftgebläse frequenzgesteuert, der Druck im Tragluftdach wird per Schieber geregelt. Das ist aber ungenau. Es wäre sinnvoller, wenn die Gebläse je nach Wetter auf Druck reagieren. Bei starker Sonneneinstrahlung ist weniger Druck erforderlich als bei Sturm.

Auch sollten sie schneller reagieren, wenn es im flexiblen Anlagenbetrieb zu kurzfristigen Änderungen des Speicherstands kommt. Dafür müssen sie größer dimensioniert werden als heute üblich, um schneller mehr Luftdruck erzeugen zu können.

Nachholbedarf gibt es bei der Mess-und Regeltechnik.

Es kommt jedoch nicht alleine auf die Speicherkapazität an. Der Betreiber sollte stets über den Gasfüllstand informiert sein. Für die Optimierung der Fahrweise wäre eigentlich ein automatisierter Abgleich der Daten insbesondere von Gasspeicher- und Wärmespeicherfüllstand mit der Leitwarte des Direktvermarkters erforderlich. „Der bedarfsgerechte Betrieb einer Biogasanlage erfordert die Überwachung und Regelung des Gasspeicherfüllstands“, betont Mathias Stur vom Deutschen Biomasse-Forschungszentrum (DBFZ) in Leipzig. Unter dem Namen „ManBio“ befasst sich dort ein Projekt mit der Entwicklung von technischen Maßnahmen zur Verbesserung des Gasmanagements von Biogasanlagen. Dazu gehören technische Maßnahmen zur Verbesserung der Speicherfüllstandsmessung, und eine Füllstandsprognose unter Einbeziehung von Wetterdaten.

Ziel des Projekts ist es, eine Prognose für die nächsten fünf bis sechs Stunden treffen zu können. Stand der Technik bei Füllstandsmesssystemen sind neben der Messung der Seilzuglänge das hydrostatische Druckmessverfahren und das Ultraschallmessverfahren. „Am weitesten verbreitet bei der Füllstandsmessung ist das Seilzugverfahren“, sagt Stur, doch dieses indirekte Abgreifen des Füllstands hat Nachteile, auf die Stur hinweist: „Je größer der Behälter ist, desto ungenauer wird es.“ Das Problem bei den Füllstandsmessungen ist, dass sich die Gasmembran mit zunehmendem Gasspeichervolumen nicht gleichmäßig ausformt. Insofern kommt stets die Schwierigkeit hinzu, die Messgeräte repräsentativ zu platzieren.

Ungenaue Gasfüllstandsmessungen sind keine guten Voraussetzungen für ein effizientes Gasmanagement. Dr. Jürgen Wiese, Professor für Siedlungswasserwirtschaft an der Hochschule Magdeburg-Stendal, rät dazu, Drucksensoren zu verwenden. Damit sollte nicht nur der Gasspeicher über dem Fermenter, sondern auch über dem Gärrestlager überwacht werden.

„Man kann Drucksensoren bei Tragluftdächern einsetzen, um den Luftdruck zwischen Gas- und Wetterschutzfolie zu messen. Mithilfe dieses Werts kann man steuernd und regelnd auf das Stützluftgebläse einwirken“, erläutert Wiese. „Das kann vor allem bei großen Dächern interessant sein, wenn es darum geht, die Standsicherheit bei ungünstigen Witterungsverhältnissen zu erhöhen oder bei einer ungünstigen Gasverteilung in den einzelnen Gasspeichern den Ausgleich zu erleichtern.“

Zuckerrüben liefern schnell Gas. Damit lässt sich der Speicher bei Bedarf wieder füllen.

Die Gärbehälter sind mit dem Gärrestlager oft auf dem Gasweg verbunden. Nach dem System kommunizierender Behälter würde man theoretisch erwarten, dass sich in den Gasbehältern vergleichbare Gasdrücke einstellen. „Die Praxis ist aber eine andere, was insbesondere bei großen Dächern zu Problemen führen kann“, hat Wiese festgestellt. Ein optimales Gasmanagement sollte das berücksichtigen.

Um die volle Speicherkapazität abzurufen, ist ein aktives Gasspeichermanagement gefragt. Dabei müssen stets die veränderlichen Parameter im Blick behalten werden. „Manche Betreiber reduzieren bei Sturmgefahr die Leistung des BHKW, damit der Gasdruck ansteigt und so die Gefahr des Aufschwingens des Gasspeichers bei hohen Windgeschwindigkeiten reduziert wird“, so Wiese. Mit einer Wetterstation auf der Biogasanlage ist es möglich, einen solchen Steuerungsvorgang zu automatisieren. Da die Sensoren inzwischen preiswerter sind, rät Wiese, in jeden Behälter eine Gasdruckmessung einzubauen. Er sieht in der Mess- und Automationstechnik viele Ansätze, das Gasmanagement zu optimieren. In der Industrie ist das „condition monitoring“ inzwischen Standard. Das heißt, die Messwerte der Sensoren werden auf Plausibilität überprüft.

Abhängig von Echtzeitmessungen des Gasdrucks und des Gasfüllstands können auch schnell abbaubare Substrate wie beispielsweise Zuckerrüben hinzudosiert werden. So kann kurzfristig der Füllstand im Gasspeicher erhöht werden. Ohnehin plädiert Wiese dafür, statt gewichtsbezogen zu füttern den Substratinput nach dem Energiegehalt auszurichten. Dieser Übergang ist mithilfe der Nah-Infrarot-Spektroskopie (NIRS) möglich. Neben dem Gehalt an organischer Trockensubstanz (oTS) kann der NIRS-Sensor auch auf andere Parameter wie Essigsäure, Protein oder Ammoniumgehalt kalibriert werden.

Die Kosten dieser Technik beziffert Jürgen Wiese auf rund 1.000 Euro. Als Einstiegslösung kommt dem Experten zufolge auch eine regelmäßige Bestimmung des TS-Gehalts über die Feuchte infrage. Das funktioniert auch schon mit einer Präzisionswaage, die mit einer Heizeinrichtung ausgerüstet ist. Diese Geräte bestimmen den Feuchtegehalt einer Probe bis zur Gleichgewichtskonstanz. (ne) 

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