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Agrardrohne mit Kamera: Mit dem Dritten sieht man besser

Sechs Sensoren unter der Drohne sehen das, was dem menschlichen Auge verborgen bleibt.

Den Boden beherrschen in Deutschland die beiden Traktormarken John Deere und Fendt. Den Himmel über uns, oder zumindest das weltweite Geschäft mit Drohnen, dominiert das Unternehmen DJI aus China. Mit dem Modell Phantom 4 Multispectral bietet DJI eine neue Drohne an, die speziell für die Landwirtschaft entwickelt wurde. Zwar gibt es bereits größere Drohnen, die so groß wie eine Schubkarre sind und mit Tanks für Pflanzenschutzmittel bereits in anderen Ländern zum Einsatz kommen. Aktuell ist das in Deutschland noch nicht möglich. Die neue Phantom 4 Multispectral dagegen ist für das Erfassen und Überfliegen von Äckern mit Sensoren gedacht.

Auf den Punkt

  • Der größte Drohnenhersteller weltweit DJI entwickelte eine Agrardrohne für Einsteiger.
  • Mit einer Investition von rund 6.000 Euro ist die Technik für den Einzelbetrieb zu teuer.
  • Sensoren erkennen Unterschiede im Pflanzenbestand. Daran lässt sich Düngung ausrichten.

Vorneweg: Drohnen mit Multispektralkamera sind nicht vergleichbar mit ein- fachen Drohnen, mit denen man Fotos oder Videos aufnehmen kann. Bei Multispektraldrohnen reden wir von einem Startpreis ab 6.000 Euro, und das ist noch günstig.

Für was braucht man eine Multispektraldrohne?

Pflanzen reflektieren Licht und je nachdem, wie stark und in welcher Wellenlänge, lassen sich daraus Informationen über den Ernährungs- und Gesundheitszustand ableiten. Das Problem: Die Pflanzen senden viele Informationen im infraroten Bereich aus, die wir mit dem menschlichen Auge nicht wahrnehmen können.

Unsere Augen sind auf einen Wellenlängenbereich beschränkt und bekommen deswegen weniger Informationen als zum Beispiel eine Biene, die andere Wellenlängen sehen kann. So erkennen wir anhand der Grünfärbung von Weizen Düngeunterschiede. Sobald wir diese aber erkennen, liegt im Weizenbestand bereits eine Abweichung der Düngung um 20 Prozent vor. Hier kommt die Stunde der Drohnen, weil sie mit ihren einzelnen Kameras eine große Bandbreite der Lichtwellen erkennen und für uns sichtbar machen.

Teure Fracht gut geschützt: Ohne Rotorblätter lagert die empfindliche Drohne im Koffer bis zu ihrem Einsatz auf dem Acker.

Auch wenn das Unternehmen DJI noch jung ist, hat es in den vergangenen 14 Jahren viel Erfahrung gesammelt. Die Produkte sind ausgereift und mittlerweile weltweit im Einsatz. Das hat Vorteile. Beispielsweise hat die Phantom 4 Multispectral einen Standardakku aus der Phantom-Reihe von DJI verbaut. Der Akku ist bei Drohnen mindestens genauso wichtig wie der sechs- Zylinder-Motor im 724er-Vario. Die Drohne zieht sich für die rund 27 Minuten Flugzeit ihre gesamte Energie aus dem Lithium-Polymer-Akku. Ihn bekommt man bereits für 190 Euro, während andere Drohnen spezielle Akkus verwenden, die teurer sind.

Keine Hydraulik, dafür aber eine Menge Kameras

Die Kameras der Spezialdrohnen lassen sich mit der Bedeutung von Hydraulikventilen im Traktor vergleichen. Die DJI P4 Multispectral hat sechs Kameras in einem Gehäuse verbaut. Das hängt unter der Drohne und ist in drei Achsen mit kardanischen Aufhängung stabilisiert. Fachleute sprechen hier von einem Gimbal.

Mit den Kameras sieht die Drohne daher nicht nur, was unser Auge sieht, sondern auch die Wellenlängen Nahinfrarot (NIR), Red-Ege, Grün, Rot und Blau. Die Drohne wandelt mit der Software die Wellenlängen in Zahlen und in Grafiken um. Außerdem hat die Drohne einen Sonnenlichtsensor verbaut. Das macht die Messwerte genauer und wiederholbar, wenn zu unterschiedlicher Tageszeit und Lichtverhältnissen geflogen wird.

Ein iPad von Apple wird als Display in die Halterung geklemmt und mit der Fernsteuerung verbunden. Die notwendige App von DJI ist kostenlos.

Die Herausforderung ist nicht das Messen, sondern das richtige Lesen der Messwerte. Da wird es schnell sehr dünn für die Landwirtschaft. Es gibt keine festgelegten Werte, ab denen die Pflanze mehr Stickstoff benötigt oder unter Trockenstress leidet. Es ist vielmehr ein Vergleich von Zonen im Acker. Hier gibt es noch keine für Praktiker tauglichen Empfehlungen oder Herangehensweisen.

Fliegen ist so einfach wie Traktorfahren

Um die DJI Multispectral fliegen zu können, benötigt man keinen Fahrhebel auf einer Armlehne, sondern ein iPad von Apple und eine DJI-Software. Die heißt Ground-Station Pro und es gibt sie kostenlos im App-Store. Nachteil der Beschränkung auf Apple-Produkte: Andere Bildschirme oder Tablets mit Android-Betriebssystem funktionieren nicht und wer kein Tablet mit dem Apfel-Logo hat, muss sich eines kaufen.

Ob Spezialdrohne oder nur Fotodrohne – die DJI-Fluggeräte sind leicht zu fliegen. Die Drohne mit den vier Motoren liegt wie ein Brett in der Luft. Sie fliegt sehr genau die vorher festgelegten Koordinaten ab. Die Fernbedingung hält immer Kontakt, auch wenn der Pilot einmal der Drohne den Rücken zuwendet. Wer möchte, kann die Drohne händisch steuern, aber eigentlich kann sie alles allein: starten, landen und die vorher definierte Route abfliegen.

Der Vorteil der DJI-Multispektral-Drohne im Vergleich zu ähnlichen Drohnen ist, dass der Pilot in Echtzeit angezeigt bekommt, was sie mit ihren Sensoraugen sieht. Die Drohne fliegt über den Bestand und zeigt beispielsweise live den normierten differenzierten Vegetationsindex (NDVI) an. Bei anderen Drohnen müssen die Aufnahmen erst durch eine Software am PC ausgewertet werden, damit die Unterschiede im Weizenbestand sichtbar werden.Der Pilot kann zum realen Videobild wechseln und das ist ein weiterer Vorteil: Obwohl die Phantom eine Multispektraldrohne ist, macht sie mit der RGB-Kamera trotzdem Fotos.

Wir ließen die DJI-Multicpectral-Drohne automatisch einen Weizenbestand mit 5,5 ha abfliegen. Dabei stieg die Drohne auf rund 80 m Höhe. Die Akkulaufzeit ist sehr stark vom Wind abhängig, hat aber in unserem Fall gut ausgereicht, um den Bestand in einem Durchgang zu befliegen. Das dauerte rund 10 Minuten. Die tatsächliche Flächenleistung gibt DJI mit 63 ha/h an.

Das kostet die Drohne

Unsere Drohne hat uns der DJI-Generalimporteur für Deutschland, Solectric (www.solectric.de) zur Verfügung gestellt. Sie kostet mit zwei Akkus, Ladegerät und Transportkoffer rund 6.000 Euro. Mit dabei ist noch weiteres Zubehör und die Fernsteuerung – ohne iPad.

Um die einzelnen Fotos zu einer Karte zusammenzufassen, ist eine Software notwendig. Eine davon ist die des schweizerischen Unternehmens pix4d; sie heißt Pix4dFields. Einmalig sind 2.600 Euro fällig oder rund 130 Euro im Monat. Mit der Software lassen sich nicht nur die Fotos zusammenfügen, sondern auch Appli- kationskarten erstellen, Feldgrenzen vermessen oder Zonen im Schlag festlegen. Insgesamt stehen 8.600 Euro an Investi- tionskosten an. Für Verschleiß und Wartung gibt es keine sicheren Zahlen. Sicher ist, dass der Akku eine begrenzte Lebensdauer hat.

Die Drohne fotografiert den Schlag von oben. Genau wie Satelliten auch, nur dass diese ihre Aufnahme in größeren Höhen machen. Einige Dienstleister bieten digitale Satellitenfotos vom eigenen Acker an, die auch NDVI-Karten zeigen. Der Nachteil: Die Satellitenfotos sind vom Rhythmus der Überfliegungen und von der Bewölkung abhängig.

Zwar darf es beim Drohnenflug nicht regnen und stürmen, ein bewölkter Himmel ist aber kein Problem. Außerdem ist die Auflösung von Drohnen höher. Sie hängt von der Flughöhe ab. Ein Vorteil von Satellitenaufnahmen ist: Sie sind wesentlich günstiger. Je nach Anbieter und Preismodell bekommt man eine Biomassekarte bereits für unter 4 Euro/ha. Da liegen Drohen deutlich darüber.

Fazit

Die DJI P4 Multispectral ist ein Spezial- werkzeug und nichts für Foto- und Videoaufnahmen, so wie der Schneckenkornsteuer nicht für die Weizensaat ausgelegt ist. Die Agrardrohne funktioniert gut und liefert die benötigten Messwerte. Man muss aber schon sehr technikverliebt sein, um Drohne und Software für seinen eigenen Betrieb zu nutzen. Fortbildungen, Softwareupdates und auch der Kenntnisnachweis (Drohnenführerschein) rauben Arbeitszeit, die sich für den Einzelbetrieb nicht rechnet. Die Drohne ist eher ein Werk- zeug für Berater oder zur Versuchs- auswertung. (tg)

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