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Wie Autos auf Feldwege kommen

Über Feldwege wie diesen, die im ländlichen Raum nicht immer als Privatweg ausgeschildert sind, führen Navigationssysteme Autofahrer – oft zum Ärger der Landwirte, die sie instand halten.

Auf den Punkt

  • Navigationssysteme wie Google Maps erkennen nicht immer landwirtschaftliche Privatwege.
  • Landwirte sollten Fehler an die Anbieter der Navigationssysteme melden.
  • Eine Anmeldung als Entwickler bei OpenStreetMap erlaubt es, manche Fehler zu korrigieren.

Besonders akut war es für Landwirt Jan Meier (Name von der Redaktion geändert) während des Corona- bedingten Lockdowns. Ohne Urlaubsmöglichkeiten im Ausland waren immer mehr Menschen auf den Wegen im ländlichen Raum unterwegs. Und immer öfter fuhren Autos auch über Privatwege, auf denen der Landwirt mit seinem Traktor bislang weitgehend allein gewesen war.

Ortskundige Spaziergänger oder Fahrradfahrer war Meier schon gewohnt und hatte auch nichts dagegen, doch sehr häufig kamen in letzter Zeit auch Autos mit Nummernschildern aus anderen Teilen des Landes und fuhren auf Wegen, auf denen Meiers Kinder spielten. Besonders schlimm war es, wenn Autos stundenlang am Rand eines Feldwegs geparkt wurden und Zugänge behinderten, die der Landwirt für seine Arbeiten brauchte.

Meier recherchierte und kam schnell darauf, dass es Navigationssysteme waren, welche die Ortsunkundigen auf seinen Wegen an ihre Ziele führten. agrarheute hat mit mehreren Landwirten wie Meier gesprochen und zeigt im Folgenden beispielhaft einige Problemfälle bei Google Maps.

Niederbayern: Auf dem Weg von Altötting nach Triftern werden Autofahrer von der Staatsstraße auf einen Feldweg umgeleitet.

In Niederbayern verläuft in der Nähe des Markts Triftern im Landkreis Rottal-Inn die Staatsstraße 2112. Nahe der Bushaltestelle Rabensham führt – in Richtung der nächsten Gemeinde Godlsham – ein Weg parallel zur Staatsstraße. Er ist im Kartenmaterial von Google Maps ebenfalls als Staatsstraße 2112 verzeichnet. Wie das Bild 1 zeigt, werden Autofahrer auch über diesen Weg gelotst, obwohl sie eigentlich auf der Staatsstraße bleiben sollten.

Vom Gefängnis auf den Feldweg

In Niedersachsen liegt in der Gemeinde Geeste eine Außenstelle der Justizvollzugsanstalt Lingen, die Abteilung Groß Hesepe (Bild 3). Wer von dort in das nahegelegene Dorf fahren möchte, um beispielsweise für einen Insassen Blumen zu kaufen, bekommt als Alternative neben dem „schnellsten“ Weg über die Lindenstraße die kürzeste Verbindung über die Kirschenstraße empfohlen. Dabei wird die Route nach wenigen Metern zu einem privaten Feldweg. Wer die Routenführung von Google erst beim Anfang des Privatwegs startet, bekommt diesen sogar als schnellsten Weg empfohlen.

Niedersachsen: Wer von einer Außenstelle der JVA Lingen schnell noch zu einer Gärtnerei will, um etwa Blumen zu kaufen, bekommt als kürzeste Verbindung einen Privatweg (rot markiert) empfohlen.

In Oberbayern, im Landkreis Eichstätt, liegt das Figurenfeld im Altmühltal, eine regionale Sehenswürdigkeit (Bild 4). Wer von Landershofen kommend dieses Ziel bei Google Maps eingibt, bekommt als schnellste Route den regulären Weg über die Spindeltalstraße angezeigt. Wer jedoch die kürzeste Strecke wählt, wird zuerst über geschotterte Feldwege und anschließend über einen Privatweg geführt.

Oberbayern: Die kürzeste Streckenführung von Landershofen zum Figurenfeld bei Eichstätt führt Google Maps über einen Feld- und dann einen Privatweg (rot markiert).

Probleme bei den Routenempfehlungen von Google Maps gibt es auch bei Fahrradstrecken. Vom Ortsteil Großmoor der Gemeinde Adelheidsdorf im Landkreis Celle in Niedersachsen schlägt Google Maps drei Wege zum Celler Ortsteil Wietzenbruch vor: Der mit 11,5 km längste davon – über den Wilhelm-Heinichen-Ring – ist die einzige Strecke, die regulär befahrbar ist. Beide Alternativen führen über Privatwege, die nicht von der breiten Öffentlichkeit genutzt werden dürfen (Bild 2).

Niedersachsen: Fahrradfahrer auf dem Weg von Großmohr nach Celle-Wietzenbruch werden über Privatwege (rot markiert) geführt.

Auf diese Beispiele angesprochen, reagiert ein Unternehmenssprecher von Google: „Wir versuchen, unseren Nutzerinnen und Nutzern immer die besten Wegbeschreibungen zu liefern. Dabei kann es vorkommen, dass falsche Daten oder andere Fehler zu schlechten Wegbeschreibungen führen. Wir ermutigen unsere Nutzer und Nutzerinnen, die örtlichen Gesetze zu befolgen, aufmerksam im Straßenverkehr zu bleiben und ihr bestes Urteilsvermögen beim Fahren einzusetzen. Wenn wir Fehler entdecken, arbeiten wir daran, diese so schnell wie möglich zu beheben. Zusätzlich geben wir unserer Community die Möglichkeit, uns zu helfen, indem sie Fehler über das Tool ‚Problem melden‘ einreichen.“ Wie schnell diese Meldungen umgesetzt werden, bleibt jedoch offen. ●

Probleme auch mit Komoot

Woher kommen all die Fahrräder, die in letzter Zeit über meine Wege fahren? Das fragte sich ein Landwirt in Sachsen im April 2020. Eine Recherche ergab, dass der Online-Tourenanbieter Komoot der Verursacher war, weil er einen Radweg direkt über die Hofstelle auswies. Alle Versuche des Landwirts, mit dem Unternehmen Kontakt aufzunehmen, scheiterten laut seinen Angaben zunächst. Ein Rechtsanwalt empfahl juristische Schritte. Jedoch scheute der Landwirt davor zurück, einen Honorarvertrag zu unterschreiben, der ihm selbst bei einer gerichtlichen Niederlage von Komoot erhebliche Kosten beschert hätte.

Keinen Erfolg brachte dem Landwirt das Aufstellen von Verbotsschildern. Erst die Anmeldung als Entwickler beim Online-Kartendienst OpenStreetMap änderte die Lage: Der holprige Feldweg wurde dort als betonierte Straße geführt. Der Landwirt konnte den Weg und ein Tor korrekt einzeichnen. Rund vier Wochen später sei die Änderung bei Komoot angekommen, Radfahrer blieben seitdem weitgehend aus. Etwas später habe sich das Unternehmen auch bei ihm gemeldet und um Daten gebeten, um die Fahrradstrecke anzupassen.

Komoot erklärt gegenüber agrarheute, Hinweise auf Einschränkungen des Betretungsrechts oder unvollständige Daten zu prüfen. Nur gut 50 Prozent der Eingaben würden sich als rechtmäßig herausstellen. Wo nicht korrekte Daten hinterlegt seien, würden diese verbessert. Komoot gibt an, dass die genutzten Geodaten von vielen Anbietern, darunter Garmin, Bosch E-Bike und Outdooractive, verwendet würden.

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