Ackerbauern verdienen am meisten Geld
Auf den Punkt
- Die landwirtschaftlichen Einkommen schwanken in allen Betriebszweigen sehr stark.
- Ökonomen sehen im letzten Jahrzehnt tendenziell keine Zunahme der Einkommen.
- Dafür steigen die Produktionskosten seit Jahren kräftig. Das hat auch politische Gründe.
Am Ende geht es immer ums Geld. Wo verdienen die Bauern also am besten – im Ackerbau, mit Milch oder Veredlung? So einfach wie die Frage ist die Antwort nicht. Der Erfolg hängt nämlich ebenso von den agrarpolitischen Vorgaben ab wie von der spezifischen Marktentwicklung und vom Händchen des Landwirts.
Das zeigen verschiedene Parameter, unter anderem auch die Produktionskosten. Diese steigen mit den politischen Vorgaben – wie der Düngeverordnung oder den Auflagen zum Tierwohl – steil an, ohne dass die Bauern einen Cent mehr verdienen. Und das passiert, ohne dass diese Kostenexplosion durch den Markt selbst verursacht würde.
Die andere Seite der Medaille ist: Die Preise folgen fast ausschließlich den Absatzmöglichkeiten und den am Markt erzielbaren Erlösen. Diese kann der Landwirt aber kaum beeinflussen, egal was er produziert. Allerdings kann sich die Preisentwicklung zwischen den Produktionszweigen stark unterscheiden, wie etwa der Schweinemarkt die letzten Monate zeigt.
Die Flut hebt alle Boote
In den meisten Jahren gilt jedoch die alte Regel der Marktanalysten: „Eine steigende Flut hebt alle Boote an.“ Das heißt, in guten Jahren steigen die Preise für die meisten Agrarprodukte und Betriebsformen gleichzeitig. Und wenn es richtig schlecht läuft, verdienen die Kollegen der anderen Produktionszweige meist auch nichts.
Das bestätigt ein Blick in die Statistiken der Vergangenheit eindrucksvoll. Ein Vergleich der wichtigsten Betriebsformen – Ackerbau, Milch/Futterbau und Veredlung – über die letzten zehn Jahre zeigt, wer unter diesen schwierigen Bedingungen am besten zurechtgekommen ist.
Ob diese Unterschiede in Zukunft fortbestehen, ist angesichts der sich immer schneller ändernden agrarpolitischen Rahmenbedingungen jedoch mehr als fraglich. Das Thünen-Institut geht in seiner aktuellen Baseline-Projektion davon aus, dass die Betriebseinkommen der Landwirte im angebrochenen Jahrzehnt eher sinken werden. Sicher ist das aber ebenfalls nicht.
Hohe Preise und hohe Einkommen
Doch zurück zu den Fakten: Die Daten für einen betriebswirtschaftlichen Vergleich liefert das Testbetriebsnetz des Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) mit seinem riesigen Datenpool.
Um zu Beginn die spannendste Frage zu beantworten: Wo ist denn nun das betriebliche Einkommen am höchsten, also rein technisch gesprochen der Gewinn plus Personalaufwand? Hier zeigt sich für die letzten zehn Jahre ein überraschend eindeutiges Ranking: Das höchste Einkommen pro Arbeitskraft (AK) erzielten im Mittel der letzten zehn Jahre die Ackerbaubetriebe mit 40.700 Euro/AK. Dabei machten die deutschen Ackerbauern in den Jahren 2010 bis 2014 den mit Abstand besten Schnitt – mit dem absoluten Spitzenjahr 2013/14 und Weizenpreisen weit über 200 Euro/t.
Die Veredlungsbetriebe haben in den letzten zehn Jahren ein Einkommen von 38.117 Euro/AK erwirtschaftet. Das sind etwa 6 Prozent weniger als die Ackerbauern. Am erfolgreichsten waren für Schweinehalter die Wirtschaftsjahre 2016/17 und 2019/20. Dabei ragt das Jahr 2019/20 besonders heraus: Es bescherte den Veredlungsbetrieben mit 72.800 Euro/AK ein doppelt so hohes Einkommen wie in Normaljahren – im Prinzip ausschließlich wegen des boomenden Chinaexports, sagt der Präsident der niedersächsischen Landwirtschaftskammer Gerhard Schwetje.
Der Absturz kam dann mit der Afrikanischen Schweinepest (ASP) und dem Importstopp der Chinesen. So rasend schnell und ohne jegliches Zutun der Bauern hat sich die Marktlage komplett geändert.
Milchbauern sind Schlusslicht
Am schwierigsten war die wirtschaftliche Lage auf lange Sicht aber für die Milchbauern: Hier lag das Einkommen im Mittel der letzten zehn Jahre nur bei 30.490 Euro/AK; das ist ein Rückstand auf die Ackerbauern von etwa einem Viertel und auf die Schweinehalter von einem Fünftel.
Ökonomisch am erfolgreichsten lief es für die Milchbauern im Ausnahmejahr 2017/18 mit Milchpreisen von zeitweise über 40 Cent/kg und einem Einkommen von 44.600 Euro/AK. Auch dieses Ergebnis bleibt jedoch weit unter den Spitzenwerten der beiden anderen Betriebsformen.
Die Einkommen der Landwirte werden im angebrochenen Jahrzehnt eher sinken.
Gleichzeitig stehen bei der Milch in vier von zehn Jahren Einkommen von gerade einmal 22.000 bis 24.000 Euro/AK in den Büchern. Das war, als die Milchpreise zeitweise bis auf 22 Cent/kg abgestürzt waren.
Hiltrud Nieberg vom Thünen-Institut ist außerdem noch eine andere Sache aufgefallen: „Es gab in den letzten 15 Jahren in der Landwirtschaft zwar sehr große Einkommensschwankungen, jedoch kaum reale Einkommenssteigerungen.“
Kosten sind explodiert
Es bleibt also wirtschaftlich schwierig für Landwirte, da sie die Erlöse nicht beeinflussen können. Das Ergebnis lässt sich also nur verbessern, wenn die Kosten sinken. Das heißt für Landwirte: entweder wachsen und die Produktion ausweiten, um die Stückkosten zu senken, oder die Produktion so effizient und kostengünstig wie irgend möglich zu organisieren. Dazu gehören der Einkauf der Betriebsmittel ebenso wie die eingesetzten Arbeitskräfte und der Grad der betrieblichen Spezialisierung.
Fakt ist auch: Betrachtet man die Kostenentwicklung in allen drei Betriebsformen, so fällt auf: Die Kosten – bezogen auf die betriebliche Fläche – sind bei den Milchbauern und den Schweinehaltern in den letzten zehn Jahren weitaus stärker gestiegen als bei den Ackerbauen. So verteuerte sich die Produktion in den Veredlungsbetrieben in nur zehn Jahren um knapp 43 Prozent und bei den Milchbauern um 39 Prozent.
Bei Ackerbauern stiegen die Kosten im gleichen Zeitraum um etwa 12 Prozent und damit weitaus langsamer. Allerdings sind Ackerbaubetriebe mit über 140 ha Betriebsfläche auch wesentlich größer als die Milch- bzw. Futterbetriebe mit 76 ha und erst recht als die Veredlungsbetriebe mit knapp 70 ha. Das bedeutet auch: Der Arbeitskräftebesatz je Flächeneinheit ist im Ackerbau erheblich geringer als bei der Milch und der Veredlung. Das Verhältnis lag zuletzt bei 1,6 zu 2,5 zu 2,8 AK je 100 ha LN. Natürlich stehen dahinter auch ganz verschiedene betriebliche Tätigkeiten.
Außerdem schlagen sehr unterschiedliche Kostenarten zu Buche wie etwa der Futter- und Tierzukauf auf der einen Seite und die Kosten für Dünger und Pflanzenschutz auf der anderen Seite. Dennoch ist der Unterschied beim Kostenanstieg enorm und hat offenbar vor allem mit immer neuen Auflagen und den so ausgelösten zusätzlichen Investitionen in der Tierhaltung zu tun.
Anderes Ranking beim Gewinn
Stellt man die Aufwendungen den Erträgen gegenüber – vergleicht also einfach gesagt die Kosten mit den Erlösen und berücksichtigt die Zinsen –, dann erhält man den betrieblichen Gewinn. „Dies ist ein gut nachvollziehbarer und aussagekräftiger Maßstab für den betrieblichen Erfolg“, sagt Bernhard Forstner vom Thünen-Institut. Hier lassen die Zahlen aus dem Testbetriebsnetz des Bundesministeriums ebenfalls eine eindeutige Reihenfolge erkennen – nämlich Veredlung vor Milch und Ackerbau.
Die Veredlungsbetriebe machen im 10-Jahresmittel, bezogen auf die Fläche, einen Gewinn von 952 Euro/ha. Im Spitzenjahr 2019/20 war der Gewinn der Schweinehalter sogar doppelt so hoch – was aber die absolute Ausnahme war. Der Gewinn der Milchviehbetriebe lag bezogen auf ihre Betriebsfläche im 10-Jahresmittel bei 677 Euro/ha – mit Spitzenwerten von knapp 1.000 Euro und etlichen Katastrophenjahren mit weniger als 500 Euro. Der Gewinnabstand der Milchbauern zu den Schweinehaltern beträgt damit über die Jahre etwa 30 Prozent. Ackerbaubetriebe erwirtschafteten einen durchschnittlichen Gewinn von 502 Euro/ha. Die höchsten Gewinne konnten die Ackerbauen mit knapp 900 Euro/ha verbuchen – nämlich im Ausnahmejahr 2013/14, mit ähnlich hohen Getreidepreisen wie in diesem Jahr. Kammerpräsident Schwetje verweist darauf, dass vom Gewinn aber noch Steuern, Alters- und Krankenversicherungen, die Leistungen für die Altenteiler sowie Neuinvestitionen zu bezahlen sind. „Da bleibt für die Eigenkapitalbildung eigentlich nichts übrig“, folgert Schwetje.
Zum Schluss noch ein letzter Vergleich, der das Betriebsergebnis ebenfalls stark beeinflusst: nämlich die Subventionen bzw. der Anteil der Direktzahlungen und Zuschüsse am betrieblichen Einkommen. Dieser Anteil lag bei den Ackerbaubetrieben im Mittel bei etwa 55 Prozent, Milchbauern bzw. Futterbaubetriebe kamen auf 60 Prozent Subventionen am Einkommen. Bei den Veredlungsbetrieben machten die Direktzahlungen und andere Zuschüsse etwa 40 Prozent des betrieblichen Einkommens aus. Auch hier also eine relativ eindeutige Reihenfolge der Betriebsformen. ●
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