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Interview

„Die Kinder denken: Landwirtschaft ist böse“

Junglandwirt Sebastian Horn bewirtschaftet mit seinen Eltern einen Betrieb mit Direktvermarktung und Ackerbau in einem dicht besiedelten Gebiet in Nordrhein-Westfalen. Gerade hat er einen großen Geflügelstall für 9.000 Tiere gebaut. Basti ist Blogger für agrarheute.

Basti, dir ist beim Ernten eine Gruppe Grundschüler begegnet. Was ist passiert?

Mein Vater und ich haben gerade eine Fläche hinter einer Grundschule geackert. Zwei Jungs kamen rüber und haben geguckt. Wir haben angehalten, den Trecker gezeigt und mit ihnen geredet, denn das ist für uns selbstverständlich.

Was genau haben die Beiden gefragt?

Die haben erst nur nach dem Trecker und der Technik gefragt. Auf einmal sagt der eine Junge: „Bist du noch gerne Landwirt? Alles, was man über die Landwirtschaft hört, ist böse.“ Ich habe geschluckt, genau wie mein Vater. Dann habe ich geantwortet, dass ich gerne Landwirt bin, aber abends auf dem Sofa hat mich dieser Satz nicht mehr losgelassen. Der Junge hat uns als Landwirte nicht in die schlechte Ecke gestellt, sondern wollte wirklich wissen, wie wir uns damit fühlen. Für ihn hängen mit der Landwirtschaft nur schlechte Dinge zusammen: Massentierhaltung, Umweltverschmutzung, Glyphosat …

Liegt die Ursache auch bei den Landwirten?

Haben wir Landwirte verpennt, die Leute mitzunehmen? Was müssen wir nachholen? Es ist mir sehr, sehr wichtig, dass die Leute lernen, dass wir nicht böse sind, sondern dass Landwirtsein unser Beruf ist und zu diesem Beruf gehört die Nutztierhaltung dazu. Meinen 9.000 Hühnern geht es genauso gut wie den 20 Hühnern beim Nachbarn im Garten, weil es mein Beruf ist, mich um sie zu kümmern und weil ich weiß, was die Tiere brauchen.

Macht dich das persönlich betroffen?

Na klar. Du schluckst und denkst dir: O.k., der wertet uns ja nicht wirklich ab. Für ihn sind wir immer noch der Bauer mit dem großen Trecker und das findet er toll. In seinem Hinterkopf aber ist verankert: Landwirtschaft ist böse. So eine Aussage von einem Kind, das trifft dich als Landwirt schon hart.

Woher stammt dieses Image?

Das Bild der Landwirtschaft wird sehr stark von den Lehrern geprägt. Ich habe schon mit Lehrern diskutiert, die mir vorwarfen, wir machen die Umwelt kaputt. Ich habe aber auch regelmäßig Lehrer auf dem Hof oder Familien, die hinterher gesagt haben: Ist doch eigentlich alles total in Ordnung. Auch durch die Medien ist das Bild der Landwirtschaft so schlecht gemacht worden, dass nun das Bild vorherrscht: Landwirtschaft = Massentierhaltung, Glyphosat und Gentechnik; also Landwirtschaft = böse.

Findest du das unfair?

Ja. Landwirte haben mit vielen Vorurteilen zu kämpfen, andere Berufe nicht so.

Was wünschst du dir von den Schulen?

Geht auf die Höfe! Plant eure Themenwochen gemeinsam mit Landwirten. Berücksichtigt die Vielfältigkeit der Landwirtschaft – nicht nur Bio mit zehn Kühen, sondern alle Betriebsformen und -größen.

Was ist dein Appell an die Berufskollegen?

Wir brauchen uns nicht zu verteidigen. Wir machen gute Arbeit, aber wir müssen es auch zeigen. Wir dürfen bei Diskussionen nicht aggressiv werden oder in eine Abwehrhaltung verfallen, auch wenn die Vorwürfe oft ungerecht sind.

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