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Zuckersüß und öko

Prüfend blickt Benedikt Ley auf seinen Rübenbestand.

Auf den Punkt

  • Biozucker ist stark nachgefragt, die Rüben werden aber nur von wenigen Landwirten angebaut.
  • Besonders wichtig bei den Biozuckerrüben ist die Unkrautbekämpfung.
  • Der Anbau ist arbeitsintensiv, kann aber ähnliche Erträge wie konventionelle Rüben bringen.

Das satte Blattgrün der Zuckerrüben ist in diesem Jahr besonders üppig. Nur wenige Gänsefußpflanzen lassen sich vereinzelt zwischen den Rüben blicken. Von einem konventionellen Bestand sind diese Pflanzen auch auf den zweiten Blick nicht unterscheidbar. Prüfend blickt Benedikt Ley auf seinen Rübenbestand herab. In vier Wochen soll hier der Roder kommen, um die Biozuckerrüben zu ernten. Die Proberodungen waren bislang vielversprechend, aber erst die Ernte zeigt die endgültigen Erträge. Benedikt Ley erntet nun zum zweiten Mal Zuckerrüben. Damit gehört er zu einer kleinen, aber wachsenden Zahl von ökologisch arbeitenden Landwirten, die die Königin der Feldfrüchte anbauen.

Seit 2013 bewirtschaftet der Landwirt den Mühlenhof im mecklenburgischen Zepelin (siehe Kasten „Der Betrieb“ unten). Im Jahr 2017 stellte er den Betrieb auf die ökologische Wirtschaftsweise nach Bioland-Richtlinien um. Dazu gehörten auch Überlegungen, den Betrieb breiter aufzustellen und neue Kulturen in die Fruchtfolge aufzunehmen. Wegen ihrer Wirtschaftlichkeit kamen Kartoffeln und Zuckerrüben infrage.

Fünf Saisonkräfte entfernen zusätzlich Unkraut mit der Hand. Sie arbeiten schonender als eine maschinelle Hacke.

Weil sie sich im gleichen Reihenabstand wie Mais anbauen lassen, entschied Ley sich schließlich für Zuckerrüben. Die vorhandene Hacktechnik kann er so besser auslasten. Für Kartoffeln wären hingegen Investitionen in Maschinen und Lagerkapazitäten notwendig gewesen.

Auch der Kreislaufgedanke spielte für Ley eine Rolle: „Dass ich meine Ernte irgendwo abliefern kann, ist für mich allein nicht so wichtig. Optimalerweise bekomme ich auch etwas für meinen Betrieb zurück, zum Beispiel Dünger, und kann so Nährstoffkreisläufe schließen.“ Zusammen mit den Rüben nahm Ley auch Rote Bete in die Fruchtfolge auf. Sie unterscheiden sich beim Anbau nur geringfügig von ihren engen Verwandten.

Ley liefert seine Zuckerrüben an die Cosun Beet Company, die die Zuckerfabrik im rund 150 km entfernten Anklam betreibt. Biorüben werden dort im Moment aber noch nicht verarbeitet. Die Fabrik baut zurzeit ein eigenes Netzwerk von biologischen Rübenanbauern auf. Die Testphase geht bis einschließlich Anbaujahr 2022. Bis genügend Kapazitäten für eine eigene Biokampagne aufgebaut sind, verarbeitet ein anderes Unternehmen die Rüben.

Bis dahin sollen die ökologischen Rübenanbauer Erfahrungen mit Zuckerrüben sammeln und Know-how aufbauen. Die meisten haben mit kleineren Mengen gestartet. Einige Betriebe befinden sich auch noch in der Umstellungsphase. Der Zuckerhersteller unterstützt sie dabei unter anderem mit Anbauberatung und Projekten zur mechanischen Unkrautbekämpfung. Auch einige der konventionellen Anbauer versuchten sich an den mechanischen Verfahren.

Unkraut schadet den jungen Rüben am meisten. Deshalb setzt Benedikt Ley eine Kamerahacke ein.

„Viele tasten sich an das Thema heran. Einige Betriebe versuchen es erst mal mit 2 oder 3 ha, andere bauen schon 60 ha an“, berichtet Sabine Kromwijk. Die Agronomin kümmert sich bei der Cosun Beet Company in Anklam um das Projekt Biozuckerrüben.

Auch Ley schätzt die Unterstützung beim Einstieg in den Zuckerrübenanbau. Auch er ist zunächst mit einer kleineren Menge eingestiegen, um Erfahrungen mit der neuen Frucht zu sammeln. In diesem Jahr hat er 7 ha Biorüben angebaut.

„Dahinter steckt aber mehr als nur zu sagen: Ich mach mal eben ein paar Hektar Rüben“, betont er. „Der Rübenanbau ist eine große Baustelle im Betrieb. Von der Aussaat bis in den Juni ist man fast jeden Tag irgendwie damit beschäftigt.“

Das liegt vor allem daran, dass der Landwirt dem Unkraut im Ökorübenanbau immer einen Schritt voraus sein muss. Die Rübenkeimlinge sind schließlich konkurrenzschwach und nicht immer klappt alles wie erwartet. So auch in diesem Frühjahr, denn in Zepelin war es ziemlich kalt und trocken. Ley hat die Rüben erst am 24. April gelegt, damit die Keimlinge einen ausreichend warmen Boden finden. Vor dem Auflaufen flammte er den Acker noch einmal ab, um unerwünschte Unkräuter zu entfernen. Wenige Tage danach regnete es – und das Unkraut explodierte förmlich auf dem Feld. Vieles vom schlummernden Unkrautpotenzial lief plötzlich auf und drohte, die Rübenpflänzchen zu überwuchern.

Dass davon vor der Ernte nichts mehr zu sehen ist, liegt daran, dass Ley auf eine intensive Strategie gegen Unkraut setzt. Neben der maschinellen Hacke halten auch Saisonarbeitskräfte die Reihen sauber.

Den Umgang mit Saisonarbeitskräften kannte Ley bereits aus der Saatgutvermehrung. Trotzdem bedeuteten die fünf Helfer aus der Ukraine einigen Aufwand für den Betrieb. „Sie brauchen eine Unterkunft, sie müssen von A nach B kommen und es muss immer ein Ansprechpartner für sie da sein. Sie brauchen gerade am Anfang eine intensive Betreuung und genug Wertschätzung für ihre harte Arbeit“, erklärt er.

Dahinter steckt mehr als nur zu sagen: Ich mache mal eben ein paar Hektar Rüben.

Benedikt Ley, Biolandwirt

Dreimal hackt er insgesamt maschinell mit einer Kamerahacke. Auf jeden Durchgang folgt ein weiterer mit der Hand. Die Saisonarbeiter hacken noch etwas gründlicher und schonender als die maschinelle Hacke. Erst danach ist das Blattgrün der Rüben ausreichend entwickelt, um die Reihen gründlich zu schließen.

Die intensive Unkrautentfernung ist der aufwendigste Teil beim Ökorübenanbau – und auch der größte Unterschied zur konventionellen Bewirtschaftung, aber auch in anderen Punkten gibt es Unterschiede. Gegen pilzliche Erreger hat Ley bei seinen Zuckerrüben keine Handhabe. Probleme mit Krankheiten hatte er bislang aber noch nicht. Zuckerrüben haben in der Region nur einen geringen Anteil an der Fruchtfolge. „Meine konventionellen Nachbarn haben zum Glück weite vielfältige Fruchtfolgen“, sagt Ley. Dadurch hat er auch in anderen Kulturen insgesamt wenig Probleme mit Schädlingen und Krankheiten. Auch das Meeresklima hilft etwas gegen Pilzerreger; der Betrieb liegt rund 50 km von der Ostsee entfernt.

Im Anbau muss alles stimmen

Trotzdem muss im Bioanbau auch sonst alles stimmen, damit die Rüben gut gedeihen. „Die Grundbodenbearbeitung im Vorjahr und die Zwischenfrucht sind wesentliche Faktoren, damit es für die Rüben passt“, erklärt Ley. Er achtet darauf, dass die Frucht nur dort steht, wo zuvor eine passende Zwischenfrucht möglich ist.

Auf dem Mühlenhof sind von Sand über Lehm bis zu Niedermoor alle Bodenarten vertreten. Für den Rübenanbau wählt Ley möglichst die besten Standorte aus. Dem Landwirt liegt das Wohl des Bodens sehr am Herzen. Auf dem Acker schiebt er die Rübenblätter beiseite und zeigt auf den Boden. Im Schatten des Grüns bedecken Regenwurmlöcher und krümeliger Wurmkot die Bodenoberfläche.

Vor der Zuckerrübe stehen in der Fruchtfolge frühräumende Kulturen, zum Beispiel Körnerleguminosen oder Getreide. Von Kleegras rät Ley wegen der unkontrollierbaren Stickstoffmineralisierung ab. Die Vorbereitung für die Rüben beginnt für ihn direkt nach der Getreideernte. Zunächst kalkt er den Boden und lockert ihn tief. Dann folgt eine Zwischenfruchtmischung aus Rauhafer, Ölrettich und anderen Komponenten. Noch im Herbst bearbeitet er sie mit der Schälfräse, damit sie als Gründünger auf der Fläche verrottet.

Im Bioanbau hilft ein üppiges Blattgrün beim Reihenschluss.

Im Februar wird dann eine Gabe Rindermist eingepflügt. In dieser Zeit hofft Ley auf eine zusätzliche Frostgare, der Acker bleibt unberührt. Vor der Aussaat bereitet der Landwirt das Saatbett – bis die Unkräuter sprießen. Dann legt er die Rüben ohne weitere Bodenbearbeitung. Mit einer Aussaatstärke von 110.000 Körnern pro Hektar liegt die Aussaatstärke etwas über dem konventionellen Anbau. „Beim Hacken geht schon mal die ein oder andere Pflanze verloren“, erklärt Ley.

Schließlich flammt er den Acker noch vor dem Auflaufen ab. „Das ist zwar teuer, aber dafür bleibt der Boden unberührt und die Rüben bekommen einen Vorsprung“, sagt er. Mit Blindstriegeln ist Ley vorsichtig. Er befürchtet, dass die Rübenpillen im Boden verrutschen und die Bewegung Unkraut zum Keimen anregt.

Stickstoff (N) ziehen die jungen Pflanzen aus der vorherigen Zwischenfrucht. Dazu kommen Rindermist oder Rindergülle. Insgesamt erhalten die Pflanzen so 100 kg N/ha. Dazu kommen elementarer Schwefel, Bor und Kieserit, um auch bei den anderen Nährstoffen eine ausreichende Versorgung zu gewährleisten.

Ertragsspanne im Bioanbau

Das Roden im Herbst organisiert ein Dienstleister aus der Region, mit dem Ley auch bei anderen Kulturen zusammenarbeitet. Wie im Bioanbau üblich, müssen die Maschinen frei von Pflanzenresten aus konventionellen Beständen sein.

Die Rüben haben sich in diesem Jahr gut entwickelt.

Eine Proberodung Anfang September ergab bei Ley in diesem Jahr 65 t Rüben pro ha. Der Endertrag zeigt sich aber erst noch. Insgesamt gibt es unter Biolandwirten deutliche Unterschiede beim Ertragsniveau. „Das Spektrum reicht von 25 t bis über 80 t Rüben pro Hektar. Das sind dann aber die Landwirte, die ihr Unkraut besonders intensiv regulieren“, sagt Sabine Kromwijk. „Sie haben beim Anbau aber auch deutlich höhere Kosten als diejenigen, die eine extensivere Strategie fahren.“

Langsam an die Rübe herantasten

Die Zuckerträge liegen im Schnitt leicht unter den Erträgen der konventionellen. „Zum Teil liegt das auch an den Sorten“, erklärt Kromwijk. „Im Bioanbau kommt es bei der Sortenwahl viel stärker auf Blattgesundheit und Robustheit an. Das sind nicht immer die mit den stärksten Zuckererträgen.“

Ihre Biorüben vergütet die Zuckerfabrik grundsätzlich auf ähnliche Weise wie konventionelle Rüben. Die Vergütung kann nach einem Festpreis oder marktangepasst erfolgen. Dazu kommt ein Treuebonus bei erfüllter Vertragsmenge und ein Bonus für unkrautfreie Bestände. Überlieferte Mengen werden nicht sanktioniert. Heimisch erzeugter Biozucker ist zurzeit knapp. Laut Sabine Kromwijk kann der Erzeugerpreis für Biorüben rund dreimal so hoch wie der konventionelle sein.

Als Alleinstellungsmerkmal plant das Unternehmen, die Biorüben künftig nicht zu Beginn der Kampagne zu verarbeiten. „Die Biolandwirte legen die Rüben in der Regel später. Wenn sie dann auch noch früher gerodet werden, ist die Zuckerausbeute geringer und es geht kostbarer Biozucker verloren“, erklärt Kromwijk.

Im Jahr 2023 will die Cosun Beet Company ihre Ökorüben selbst in Anklam verarbeiten. Bis dahin ist geplant, eine Anbaumenge von insgesamt 1.000 ha Biorüben zu erreichen. Auch Benedikt Ley plant, seine Anbaumenge künftig etwas auszuweiten. Im nächsten Jahr will er 25 ha zuckersüße Rüben anbauen. ●

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