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Bürokratie-Alarm

Wenn wichtige Unterlagen zu den Immobilien und Grundstücken fehlen, hilft nur, selbst nachzumessen oder einen Architekten damit zu beauftragen.

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit: Für landwirtschaftliche Betriebe mit um- fangreichem Grundbesitz und Immobilienbestand wird die Grundsteuerreform zum Bürokratiemonster. Vor allem für Betriebe mit älteren Immobilien oder Flächen in mehreren Bundesländern kann das Zusammenstellen der geforderten Angaben aufwendig und teuer werden.

„Viele Landwirte stehen vor einer Mammutaufgabe und sind entsprechend unsicher“, sagt Steuerberater Hans Hirner von der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft HLB Augsburg Schwaben. „Zwar finden sich die für die Erklärungen erforderlichen Daten insbesondere in Einheitswertbescheiden, Flurkarten, im amtlichen Lageplan und in Grundbuchauszügen sowie in den Bauunterlagen oder Berechnungen des Architekten – bei alten Immobilien beispielsweise kann es hier aber schwierig werden“, erläutert Hirner.

Wenn wichtige Unterlagen fehlen, hilft laut Hirner nur „selbst nachmessen oder einen Architekten beauftragen“. Andere Unterlagen müssten bei Behörden oder Bausachverständigen angefordert werden, aber auch das koste Zeit.

Damit die Finanzämter die Bewertungen für die neue Grundsteuerbemessung durchführen können, müssen Land- und Forstwirte eine „Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts“ gemäß § 228 Bewertungsgesetz (BewG) abgeben. Der maßgebliche Stichtag für die geforderten Angaben ist der 1. Januar 2022.

Das sind die Fristen

Nach aktuellem Stand sollen die Feststellungserklärungen ab dem 1. Juli 2022 elektronisch an die Finanzverwaltungen übermittelt werden können. Der Haken daran: „Wer Flächen oder Gebäude in mehreren Bundesländern besitzt, muss für jede wirtschaftliche Einheit eine eigene Erklärung abgeben. Das richtet sich nach dem bisherigen Einheitswertbescheid“, erläutert Hirner. „Für Grundstücke zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung gelten grundsätzlich erst einmal die bundesgesetzlichen Regelungen.“

Wohngebäude auf landwirtschaftlichem Grund hingegen werden wie andere Wohnimmobilien neu bewertet. Hier werden folglich neue Einheiten für die Grundsteuer geschaffen und es ist für jede Immobilie eine eigene Erklärung abzugeben. Die jeweiligen Angaben hierfür ergeben sich aus den Regelungen der Länder, in denen die Objekte liegen. Näheres hierzu finden Landwirte in den Grundsteuergesetzen der einzelnen Länder.

Dem sogenannten Bundesmodell, das der Bundestag beschlossen hat, haben sich die neun Bundesländer Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen angeschlossen. Die übrigen Bundesländer, darunter Bayern und Baden-Württemberg, haben abweichende Gesetze erlassen.

Was tun, wenn Daten fehlen?

Die wichtigsten Angaben, die für die Einreichung der Erklärungen benötigt werden, haben wir im Infokasten „Diese Angaben müssen Sie machen“ für Sie zusammengefasst. Bei land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen sind für jedes Flurstück zudem die Art der Nutzung mit der entsprechenden Fläche sowie die Ertragsmesszahl und die Bruttogrundfläche der Wirtschaftsgebäude zu erklären. Weiterhin ist gegebenenfalls eine Anlage zum Tierbestand auszufüllen.

Wer große Schwierigkeiten hat, die nötigen Größen innerhalb der kurzen Zeit exakt zu ermitteln, kann zwar zunächst mit einem sachgerechten Näherungswert arbeiten, sollte dies aber gegenüber dem Finanzamt entsprechend als vorläufige Erklärung ausweisen. Er hat dann im kommenden Jahr die Möglichkeit, seine Angaben zu präzisieren.

Insbesondere für Agrarunternehmen mit großem Flächen- und Immobilienbesitz ist es wichtig, mit möglichst exakten Daten zu arbeiten, denn auf dieser Basis wird schlussendlich die Grundsteuer ermittelt. „Kleine Abweichungen fallen vielleicht bei einem Einfamilienhaus nicht ins Gewicht, für große Unternehmen sieht es jedoch ganz anders aus“, betont Hirner.

Wie sich die Reform finanziell auf die Betroffenen auswirkt, lässt sich laut Hirner noch nicht sicher sagen. Es sei sehr wahrscheinlich, dass einige Landwirte stärker als bisher, andere weniger stark zur Kasse gebeten werden. Genaueres ist wegen der noch nicht geregelten Hebesätze der Gemeinden offen.

Für Landwirte mit umfangreichem Flächen- und Immobilienvermögen bedeutet die Neuregelung zunächst einmal die Beschaffung einer großen Datenmenge, die in vielen Fällen gar nicht oder nicht im benötigten Format vorliegt. „Außerdem müssen die Eigentümer auch die weiteren Anforderungen wie die Anzeigepflicht bei Veränderungen der Nutzung ab 2022 im Blick behalten“, erinnert die HLB. ●

Diese Angaben müssen Sie machen

  • die genaue Lage des Grundstücks unter Angabe der Gemarkung, Flurstücke/Flurstücknummern
  • die Grundstücksart: – unbebautes Grundstück – Wohngrundstück: Ein-/Zweifamilienhaus, Mietwohngrundstück, Wohnungseigentum – Nichtwohngrundstück: Teileigentum, Geschäftsgrundstück, gemischt genutztes Grundstück, sonstiges bebautes Grundstück
  • das Baujahr
  • die Wohnfläche/Nutzfläche bzw. die Brutto-Grundfläche
  • die Anzahl der Garagen-/Tiefgaragenstellplätze
  • die Grundstücksgröße
  • gegebenenfalls Angaben über eine erfolgte Kernsanierung
  • Angaben zu einer gegebenenfalls bestehenden Abbruchverpflichtung
  • die Nummer des Gebäudes aus dem Lageplan
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