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Alles für den Boden

Bernhard Hänni aus Noflen, Schweiz: Sein Boden und sein Erfindungsreichtum sind seine wichtigsten Ressourcen.

Von seinem Garten aus hat Bernhard Hänni einen grandiosen Ausblick. „Da sieht man Eiger, Mönch und Jungfrau“, erklärt der 44-jährige Biolandwirt und zeigt auf die Gipfel. Die drei Berge in den Berner Alpen gehören zu den bekanntesten Gipfeln der Schweiz.

Viel Zeit, um den Anblick zu genießen, bleibt Hänni aber selten, denn auf den Schweizer Landwirt warten täglich neue Herausforderungen. Über Jahre hat der überzeugte und innovative Biobauer ein eigenes System entwickelt, um seine Tomaten, Salate, Paprikas und mehr bestmöglich zu pflegen. Dabei hat er sich am Prinzip der regenerativen Landwirtschaft orientiert.

Regenerative Landwirtschaft ist ein Begriff, der in den letzten Jahren immer häufiger fällt. Aber nur wenige leben ihn so konsequent und begeistert wie der Biobauer auf seinen wenigen Hektaren. „Ich nenne es eher aufbauende Landwirtschaft“, erklärt er. „Wir arbeiten pfluglos, minimalinvasiv und nur mit Gründüngung und Kompost. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen!“

Grundlage der Landwirtschaft auf Hof Chrömeli sind die 1,25 m breiten Beete und die nur 25 cm breiten begrünten Fahrstreifen. Von denen aus können sämtliche Arbeitsschritte mit speziell angepassten Kleinstmaschinen erledigt werden: Mulchen, Boden auflockern, setzen, bewässern und Unkraut hacken, für alle Arbeitsschritte hat Hänni individuell angepasste Geräte.

Starke Wurzeln, starke Pflanzen

Hännis oberstes Gebot kannten schon seine Großeltern. „Einmal gehackt ist dreimal gegossen“, sagt er und lacht. Durch einen sorgfältig mit dem Geohobel vorbereiteten, krümeligen und lockeren Boden spart er viel Wasser. Die jungen Setzlinge werden in diese krümelige Schicht gesetzt, die sich in der Sonne schnell erwärmt. Der Boden darunter ist fester und kühler. Zudem erhalten die jungen Pflanzen beim Setzen eine kleine Menge Wasser direkt an die Wurzel. „Wir ermuntern sie – nachdrücklich – schnell Wurzeln auszubilden“, erklärt Hänni. „Dadurch werden sie schnell stark und widerstandsfähig.“ Dazwischen sorgen Reihen mit Obstbäumen und Sträuchern für Schutz und Artenvielfalt. „Einjährige Blühstreifen nutze ich nicht, denn da siedeln sich viele Nützlinge an und wenn gehäckselt wird, haben sie keine Chance mehr.“

Starkes Team für Bio: (v. l.) Lorena, Bernhard und Iris Hänni mit Vater Hans, dem Bio-Pionier, der leider letzten Sommer verstarb.

Im Mittelpunkt steht bei Hänni seine wichtigste Ressource: der Boden. Nur wenn es seinem Boden gutgeht, kann sein Gemüse zur Höchstform auflaufen, findet der Schweizer Bauer. Auf Hännis Beete gelangen nur Kompost und Gründüngung. Statt Pflug kommt der Geohobel zum Einsatz – eine besonders schonende Bodenbearbeitung, die aber viel Erfahrung braucht. „Steigst du als Bauer auf den Traktor, solltest du dir überlegen, ob die Arbeit wirklich nötig ist oder ob du damit mehr Schaden im Boden anrichtest“, erklärt Hänni und lacht. „Meistens müsste man wieder absteigen!“

Immer wieder Neues probieren

Vegane Pflanzenernährung ohne Dünger aus Gülle oder Mist, punktgenaue Bewässerung, extrem dichte Reihen gegen Unkraut und Wellness für den Boden zur Vorbeugung vor Pilzen: Bernhard Hänni macht keine Kompromisse, sondern 100 Prozent nachhaltiges Bio. Das geht nur, weil der findige Schweizer unermüdlich tüftelt und probiert.

„Mir kommen immer wieder Ideen, die ich umsetze“, erläutert er, „zum Beispiel Feldsalat pflanzen im Winter – das ist eine Sisyphusarbeit, kalt und eintönig. Normalerweise waren sie zu zweit ein bis zwei Tage damit beschäftigt, die Jungpflanzen zu setzen. „Mit meiner selbst entworfenen Pflanzmaschine sind wir in 3 Stunden durch.“ Zwischen den Beeten sieht man Reihen mit Folie. „Meine Versuche mit Säkulturen“, erklärt der Landwirt. „Die Folie kann verrotten und soll das keimende Unkraut durch Aufheizung verbrennen.“ Der Landwirt probiert auch hier viel aus, weil das Unkraut ein großes Problem in Säkulturen ist.

Hinter den langgezogenen Gemüsebeeten ragt das 2010 erbaute Gewächshaus empor. Das alte Gewächshaus war einige Jahre zuvor unter der Schneelast zusammengebrochen. Die Hännis leben und arbeiten mit immer wieder extremem Wetter – schließlich liegt der Hof auf 640 m über dem Meeresspiegel. Bernhard Hänni öffnet die Tür und betritt die Anlage. Hier drinnen herrscht wohlige Wärme. Die genießen die Salate, der Fenchel und vor allem die Tomaten, die wichtigste Kultur in der Vermarktung. Über zehn Sorten hat Bernhard Hänni jedes Jahr im Angebot.

Alle Arbeitsgeräte von Bernhard Hänni sind individuell angepasst auf seine Standard-Arbeitsbrite von 125 cm plus 25 cm begrünte Fahrspuren.

Verarbeitet und verpackt werden die Tomaten ebenso wie die anderen Gemüse direkt am Hof. Die Lagerräume sind kühl und sauber. Kisten stapeln sich an den Wänden. Darüber hängen Tafeln mit Schichtplänen und Pausenzeiten, aber auch Ideen der Mitarbeiter zur Optimierung der Abläufe. „Hier engagieren sich wirklich alle extrem“, erklärt Hänni. „Wir sind sehr froh, so motivierte Mitarbeiter zu haben.“

Die sorgsam gezogenen Gemüsespezialitäten kann man im Bio-Stadthofladen der Familie in Thun oder als Abotasche kaufen. Der Absatz steigt jedes Jahr. Die Kunden freuen sich, wenn sie eines der begehrten Abos ergattern. Doch Bernhard Hänni ruht sich nicht auf seinem Erfolg aus, sondern optimiert und tüftelt weiter an seinem System. „Es ist ein ständiges Suchen und Probieren“, sagt er und lacht, „und es klappt auch nicht immer. Wenn du stolperst, heißt es: aufstehen und weitermachen, egal was die Nachbarn sagen.“ [jls]

Zur Person

Bernhard Hänni bewirtschaftet den Hof Chrömeli zusammen mit seiner Frau Iris. Auch Tochter Lorena (16) bringt sich tatkräftig ein. Der Biopionier hat Landwirtschaft gelernt und durfte an der allerersten Bioklasse in der Schweiz mit fünf Schülern teilnehmen. Zusätzlich hat er sich zum Gemüsegärtnermeister weitergebildet. Viel Freizeit hat Hänni nicht, aber der Freitagnachmittag ist immer für die Familie reserviert. 2015 gewann Bernhard Hänni den Grand Prix BioSuisse. 2021 war er eines der Gesichter für die Initiative Trinkwasserschutz, die Landwirte und Verbraucher in der Schweiz stark polarisierte.

  

Jurystimmen

„Von 5 ha eine Familie und 20 Mitarbeiter ernähren? Wie das geht, zeigt Bernhard Hänni – und zwar dank seiner Kreativität und Lust am Neuen. Dabei findet er Wege für eine Landwirtschaft der Zukunft, wie sie nachhaltiger kaum sein kann.“

Julia Schürer, agrarheute

„Bernhard Hänni ist wie auch schon sein Vater ein polarisierender Biopionier. Als ein für die Sache brennender Vordenker entwickelt er neue Ansätze und Systeme für den Biolandbau. Er gibt seine Gedanken und sein dabei erworbenes Wissen an Berufskollegen und Konsumenten weiter und nimmt dabei auch kein Blatt vor dem Mund.“

Sepp Eisl, Landwirt

CeresAward ‒ die Wahl zum Landwirt des Jahres

Jedes Jahr bestimmt die Fachjury in Kooperation mit agrarheute die Landwirtinnen und Landwirte des Jahres. Die Auszeichnung wird in zehn Kategorien vergeben, die das gesamte Spektrum der Landwirtschaft abbilden. Alle Informationen zum CeresAward finden Sie unter

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