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Patenschaft für bunte Blüten

Tu Gutes und sprich darüber: Schilder am Feldrand weisen auf die Patenschaften für die bienenfreundlichen Blühflächen hin.

Auf den Punkt

  • Tobias Krutemeier und Marco Schlomann haben das Start-up Feldwerk gegründet.
  • Dort bringen sie Landwirte, Verbraucher und Unternehmen für Blühpatenschaften zusammen.
  • Das Start-up nimmt Landwirten Aufwand ab. Sie müssen sich nur um die Aussaat kümmern.

Die bunten Blüten von Mohn, Kornblumen, Sonnenblumen und Malven auf dem Acker ziehen alle Blicke auf sich. Sie erfreuen Spaziergänger und Bienen gleichermaßen, doch bis es so weit kommt, muss ein Landwirt einiges an Arbeit in solch ein Projekt stecken. Es sollen schließlich nicht nur die Augen der Betrachter zum Strahlen gebracht werden. Ziel ist es, den finanziellen Aufwand etwa durch Blühpatenschaften wieder hereinzuholen.

Tobias Krutemeier bewirtschaftet gemeinsam mit seinem Vater Ulrich Krutemeier einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Mastschweinen und Ackerbau im ostwestfälischen Löhne. Die Idee, Blühpatenschaften für den elterlichen Betrieb zu vergeben, um mehr Nachhaltigkeit auf dem Betrieb umzusetzen, reifte schon während des Agrarstudiums in Göttingen. Ende 2019 entschloss er sich, das Projekt anzugehen.

Paten buchen Blühfläche

„Wir waren damals nicht die einzigen, die in die Richtung gedacht haben“, sagt der Junglandwirt. Auch viele andere Betriebe und Verbände organisierten solche Patenschaften damals vor Ort. Krutemeier erkannte während der Planungen aber, wie aufwendig solch ein Projekt für den einzelnen Landwirt werden kann. Mit dem Aussäen der Flächen allein war es schließlich nicht getan. Es galt auch, aktiv Öffentlichkeitsarbeit für den Betrieb zu machen und genug Paten für die Flächen zu finden.

„Ohne den ganzen organisatorischen Aufwand drumherum würden vielleicht noch mehr Landwirte Blühflächen anlegen. Dadurch könnten sie der Öffentlichkeit zeigen, dass sie nachhaltig wirtschaften“, erklärt Krutemeier seine Idee. Er entschloss sich, das Projekt größer aufzuziehen und eine Plattform aufzubauen, die Paten und Landwirte zusammenbringt.

Dazu holte er seinen Cousin Marco Schlomann, einen selbstständigen ITler, ins Boot. Gemeinsam mit Tobias Krutemeiers Vater, Ulrich Krutemeier, gründeten sie Anfang 2020 die Feldwerk GbR. Im Februar ging die Webseite des Unternehmens an den Start und im April folgte die erste Aussaat. Im ersten Jahr begann das Start-up auf den Flächen von zwei Landwirten, bei denen sich Blühflächen buchen ließen. Einer davon war der Betrieb Krutemeier selbst. „Am Anfang war vieles neu für uns“, erzählt Krutemeier. „Da kamen auf einmal ganz neue Aufgaben in vielen Bereichen auf uns zu. Mir macht das Koordinieren aber Spaß.“

Marco Schlomann, Ulrich und Tobias Krutemeier sind die Gründer von Feldwerk.

Unter dem Motto „Sei ein Held, bestell ein Feld“ vermittelt das Start-up Menschen, die etwas für die Natur tun wollen, an Landwirte, die auf ihren Flächen Blühflächen anlegen wollen. Potenzielle Paten können sich auf der Webseite anmelden und dort angeben, wieviel Blühfläche sie buchen wollen und welcher Betrieb die Blühfläche einsäen soll. Für Privatpersonen sind Flächen zwischen 10 und 1.000 m² buchbar, Unternehmen können sogar bis zu 1 ha Blühfläche fördern. Die Paten zahlen pro Quadratmeter Blühmischung 1 Euro für zwei Jahre. Feldwerk sammelt die Buchungen der Patenschaften und vermittelt sie zu den Landwirten. Außerdem organisiert das Projekt das passende Saatgut für die Landwirte. Die Betriebe müssen sich nur um die Ausaat der Blumensamen im Frühjahr kümmern.

Im ersten Jahr gab’s auch noch eine Herbst- aussaat, an der vier Landwirte teilnahmen. Der Aufwand für Vermittlung und Saatgutbestellungen bei zwei Aussaaten im Jahr entpuppte sich als zu groß. Die Fläche mit den bunten Mischungen bleibt dann für zwei Jahre stehen. Die Landwirte erhalten 25 Cent/m² als Entschädigung für ihr Engagement und die bereitgestellte Fläche. Für einen Hektar Blühfläche macht das insgesamt 1.250 Euro im Jahr. Neben der Vermittlung kümmert sich Feldwerk auch um die Öffentlichkeitsarbeit und bewirbt die Aktion in den sozialen Netzwerken und auf ihrer Webseite. Dort stellt sich jeder Landwirt vor. Nutzer können die eingesäte Blühfläche auch markiert auf Google Maps finden und vor Ort besuchen. Direkt am Feld machen Schilder und Bauzaunbanner Werbung für die Umweltleistungen der Landwirte.

Über Ostwestfalen hinaus

In diesem Jahr nehmen 17 Landwirte an der Initiative teil. Die meisten von ihnen stammen aus der Umgebung von Löhne, aus Nordrhein-Westfalen und den angrenzenden Teilen Niedersachsens. Einzelne Landwirte kommen mittlerweile auch aus weiter entfernten Regionen wie Brandenburg, Baden-Württemberg oder der Pfalz.

Die Betriebe können angeben, wie viel Blühfläche für sie maximal machbar wäre. „Das ist aber noch bei keinem der Betriebe ausgereizt“, sagt der Gründer. In diesem Jahr bestellen die Landwirte insgesamt rund 9 ha Blühfläche. Gebucht wurden die bunten Flächen von rund 120 Paten. Darunter sind Privatpersonen, aber auch einige Unternehmen buchen Blühfläche. Die meisten kommen wie die Anbauer aus dem Umkreis.

Die Landwirte säen auf ihren Blühflächen eine vielfältige Blühmischung aus.

In der näheren Umgebung, rund um Löhne, legt Feldwerk auch selbst Blühflächen an. Das Angebot nutzen etwa Unternehmen, die noch ein unbebautes Grundstück haben oder sich eine schön blühende Fläche vor der Firmenzentrale wünschen. Zusätzlich zu den Patenschaften vertreibt das Start-up passende Produkte im Onlineshop. Darunter sind etwa Blumensaatgut und Seedbombs für das Anlegen von kleineren Blühflächen im privaten Garten. Insektenhotels und Nisthilfen erweitern das Sortiment. Außerdem vergibt Feldwerk Bienenpatenschaften und kooperiert dazu mit einem Imker. Er gewinnt von den farbenfrohen Ackerflächen den sogenannten Feldwerk-honig.

Die Gründer legen Wert auf vielfältige Blühmischungen auf den Flächen. Bei der Zusammensetzung der Mischungen berät ein Biologe das Projekt. Zusätzlich informieren sie sich bei verschiedenen Züchtern. Feldwerk hat Regiosaatgut und Mischungen verschiedener Hersteller im Angebot. Um die Webseite und die Koordination der sozialen Netzwerke im Start-up kümmert sich Marco Schlomann. Das Thema Landwirtschaft findet er spannend, seit er als Kind mit seinem Cousin und seinem Onkel auf dem Acker unterwegs war.

Er merkt bei der Arbeit im Projekt oft, dass viele der Landwirte zwar sattelfest beim Anlegen der Blühflächen sind, aber manchmal Mühe haben, sich nebenher um die digitalen Kanäle zu kümmern. „Es fällt nicht allen leicht, mal eben mit ein paar Sätzen ihren Hof vorzustellen oder ihre Flächen in Google Maps zu markieren.“ Schlomann steht ihnen daher mit Rat und Tat zur Seite.

Start-up in der Freizeit

Die Paten und Landwirte sind nach Aussagen der Gründer sehr zufrieden mit dem Projekt. „Am meisten Freude daran haben die Landwirte und Paten hier direkt in der Gegend“, sagt Krutemeier. „Bislang hat uns aber noch kein Betrieb verlassen. Wir sind auch immer noch offen für neue Landwirte, die bei uns mitmachen wollen.“

Durch Berichte in lokalen Medien konnte das Start-up seine Bekanntheit steigern. Im vergangenen Jahr schafften sie es sogar in das Finale des Ceres-Awards, in der Kategorie Geschäftsidee. Bislang läuft das Projekt aber nur nebenher in der Freizeit der drei Gründer. Krutemeiers führen den landwirtschaftlichen Betrieb, Schlomann arbeitet selbstständig in der IT-Branche. „Glücklicherweise sind wir alle selbstständig“, sagt Schlomann. „Dadurch sind wir flexibler und können uns auch mal zwischendurch treffen. Wir wohnen nur rund 10 km auseinander.“

Um die Arbeit besser organisieren zu können, soll für das Start-up ein eigenes Büro eingerichtet werden. Die Gründer merken mittlerweile, dass sie für den gewünschten Erfolg einiges an Freizeit aufwenden müssen. „Der Aussaatzeitpunkt der Blühflächen fällt immer in die Zeit, wo ohnehin viel auf dem Acker zu tun ist. Man investiert dann schon ein paar Stunden pro Tag für das in das Unternehmen“, sagt Krutemeier. Pläne, von ihrem Start-up zu leben, haben die Feldwerker bislang nicht. „Wir haben uns keine fixen Ziele für das Projekt gesetzt“, sagt Schlomann. „Wie gut unser Modell funktioniert, hängt auch von vielen äußeren Einflüssen ab.“ Momentan bekommt Feldwerk etwa die Folgen der Pandemie und des Ukraine-Kriegs zu spüren. Mögliche Engpässe beim Saatgut konnten die Gründer aber glücklicherweise durch frühzeitige Bestellungen umgehen.

Dafür merken sie, dass die Unternehmen in diesem Jahr etwas zurückhaltender beim Buchen von Blühpatenschaften sind als im letzten Jahr. Das liegt einerseits daran, dass einige Firmen sich momentan lieber für die Ukraine-Hilfe als für ökologische Projekte engagieren. Andererseits macht den Unter- nehmen die wirtschaftliche Situation zu schaffen. Die Budgets für soziale Projekte sind knapper. Trotzdem sind die Gründer noch nicht am Ende mit ihrem Start-up. Im April haben die Landwirte bereits Blühpflanzen für die nächsten zwei Jahre ausgesät. Wenn das Wetter mitspielt, werden sich auch in diesem Sommer viele Spaziergänger und Bienen an den bunten Blüten erfreuen. ●

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